Normen
UStG 1972 §4 Abs5;
UStG 1972 §4 Abs5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Verein nach dem Vereinsgesetz, betrieb im Streitzeitraum in angemieteten Räumen eine Automatenspielhalle mit Geldspielautomaten und Unterhaltungsspielen. Die Tätigkeit wurde nach gewerbe- und vereinsbehördlicher Anmeldung mit Jänner 1989 aufgenommen.
In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1989 brachte der Beschwerdeführer zur Berechnung der Bemessungsgrundlage einen Vervielfacher von 1,2 auf den Kasseninhalt der Geldspielautomaten zur Anwendung.
Davon abweichend setzte das Finanzamt einen Vervielfacher von 1,8 auf den Kasseninhalt an und erließ in der Folge Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für das Jahr 1989 sowie Vorauszahlungsbescheide für das Jahr 1991.
In der dagegen erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer die Veranlagung mit dem erklärungsgemäßen Vervielfacher bzw. in eventu die Feststellung des Vorliegens eines Liebhabereibetriebs und die Aufhebung der genannten Bescheide. Der Vervielfacher von 1,2 sei anzusetzen, weil mit den verwendeten Mietgeräten der Firma N. auf Grund ihrer Ausstattung keine höhere Gewinnchance als die diesem Vervielfacher entsprechende erzielt werden könne. Ein Indiz für diesen Vervielfacher ergebe sich auch aus einem Erlaß der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (besprochen von Heidinger in SWK 1990, AII, 30). Weiters führe die Anwendung eines Vervielfachers von 1,8 auf Dauer gesehen nur zu Verlusten, sodaß die Betätigung des Beschwerdeführers als Liebhaberei einzustufen sei.
Mit Vorhalt forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer in der Folge auf, zur Höhe des gewählten Vervielfachers geeignete Berechnungen, durch welche die mit Münzeinwurf getätigten Spiele und die Freispiele erfaßt würden, oder andere Beweismittel vorzulegen. Daraufhin erklärte der Beschwerdeführer, solche Berechnungen könnten nicht vorgelegt werden. Da fast ausschließlich "Stammspieler" an den Automaten spielten, sei auch der Unterhaltungswert zu berücksichtigen.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung ab. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und wandte sich im wesentlichen gegen den vom Finanzamt vorgenommenen äußeren Betriebsvergleich, der im Beschwerdefall mangels vergleichbarer Betriebe in Graz schwer durchführbar sei. Auf Vorhalt der belangten Behörde teilte der Beschwerdeführer unter anderem mit, er könne die bei den Gewinnspielautomaten eingestellte Gewinnchance mangels bisheriger Auskunftserteilung durch das Unternehmen N. nicht angeben. Weiters seien bei den Gewinnspielautomaten zwar elektronische Zählwerke zur Erfassung des Geldeinwurfs vorhanden, diese würden aber bei jeder Abrechnung auf Null gestellt werden. Aufzeichnungen von Gamble-Spielen könnten mangels Möglichkeit ihrer Aufzeichnung nicht vorgelegt werden.
Nach weiteren Ermittlungen, Vorhalt von deren Ergebnis an den Beschwerdeführer und Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies die belangte Behörde die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid ab.
Zur Ermittlung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage führte sie im wesentlichen aus, eine ordnungsmäßige Buchführung liege im Beschwerdefall nicht vor, da der Beschwerdeführer im Verfahren den Stand der Zählwerke nicht bekanntgegeben habe, weshalb die Nachvollziehbarkeit der Kassenaufzeichnungen auch nicht annähernd gegeben und daher unbestreitbar die Schätzungsberechtigung gegeben sei. Von den für den Fall der Nichtaufzeichnung der Bemessungsgrundlage anerkannten heranzuziehenden Schätzmethoden (vgl. zu diesen Stoll, BAO-Kommentar, 1931 ff, und Huber, SWK 1992, AII, 51) komme nur die - auch vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren angewendete - der Vervielfacherermittlung anhand des äußeren Betriebsvergleichs in Frage, da von den in Betracht kommenden Schätzungsparametern grundsätzlich nur die Kassenaufzeichnungen - und diese unüberprüfbar - vorhanden seien. Die Annahme des Vervielfachers mit 1,8 (diesem entspreche einer Gewinnchance von ca. 44 %) wird im angefochtenen Bescheid unter Hinweis zum einen auf die hg. Rechtsprechung begründet und zum anderen auf einen äußeren Betriebsvergleich gestützt. Im übrigen sei der Beschwerdeführer jeglichen Nachweis für seine in der Berufung aufgestellte Behauptung, die von ihm angemieteten Geldspielautomaten des Verleihunternehmens N. erlaubten keine höhere als eine dem Vervielfacher von 1,2 entsprechende Gewinnchance, schuldig geblieben. Diese Behauptung erscheine auch im Hinblick auf das behauptete Spielerpotential "Stammspieler" unglaubwürdig, da bei diesen nicht der Unterhaltungswert, sondern der "Risikogedanke" im Vordergrund stehe.
Zur nicht vorgenommenen Qualifizierung der Betätigung des Beschwerdeführers als Liebhaberei führte die belangte Behörde begründend aus, die Verschaffung von Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung dienten, hätte auf Seiten des Betreibers grundsätzlich das Erscheinungsbild eines Gewerbebetriebes. Umfangreiche Erhebungen und statistische Auswertungen im Bereich der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland hätten überdies ergeben, daß erst bei Übersteigen der Umsatzsteuerbelastungen im Ausmaß von 30 % des Kasseninhalts durch Dauerverluste das Voluptuarproblem aktuell werde, wie auch Heidinger, SWK 1990, AII, 30, ausführe. Dieser Prozentsatz sei im Beschwerdefall nicht überschritten worden. Auch sei im Rahmen einer Grobprognose das Jahr 1989 der Anlaufphase zuzuordnen und seien bereits im ersten Jahr Gewinne erzielt worden. Bei Zugrundelegung der vom Verwaltungsgerichtshof im Umsatzsteuerrecht als maßgeblich erachteten Sofortbeurteilung könne nach Widerlegung der Alleinrelevanz des Vervielfachers von 1,8 für diese Beurteilung nicht davon ausgegangen werden, bei Heranziehung objektiver Kriterien wären Gewinne überhaupt nicht erwirtschaftbar.
Die belangte Behörde gelangte weiters zum Ansatz "verdeckter Gewinnausschüttungen" an die Vereinsmitglieder St., F. und O., da an sie Entgelte für Tätigkeiten, deren Wahrnehmung der Konsulentin H-GmbH übertragen worden seien und die die Vereinsmitglieder zur Verwirklichung des Vereinszweckes ohne besonderen Entgeltsanspruch zu erbringen gehabt hätten, ausgeschüttet worden seien. Auch sei der Untermietzins für das Vereinslokal überhöht und nur aus der beherrschenden Stellung der Konsulentin und Untervermieterin H-GmbH erklärbar. Der H-GmbH seien durch Konsulentenvertrag sämtliche Rechte und Pflichten des beschwerdeführenden Vereins übertragen worden, somit sei dieser eine allumfassende Einflußnahme auf die Willensbildung und betriebliche Gestaltung des beschwerdeführenden Vereins ermöglicht und dadurch die formale Mitgliedschaft substituiert worden. Es sei auch nicht erkennbar bzw. geltend gemacht worden, über welche Spezialkenntnisse für den Betrieb einer Automatenspielhalle die Konsulentin verfüge.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Einspielergebnisse aus Geldspielautomaten im zeitlichen Geltungsbereich des § 4 Abs. 5 UStG 1972 idF BGBl. Nr. 645/1977 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß jedes Entgelt für jedes einzelne Spiel zur Bemessungsgrundlage zählt. Gewinnt ein Spieler und kann er mit dem Geld am Automaten ein neues Spiel ("Freispiel") tätigen, so wird auf Grund der neuerlichen Inbetriebnahme des Geldspielautomaten ein neuer Umsatz ausgeführt; der geldwerte, auch in anderer Weise (zur Konsumation) verwendbare Gewinnanspruch des Spielers bildet das Entgelt für diesen Umsatz. Daraus folgt, daß zur Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer sowohl sämtliche in den Automaten eingeworfenen Bargeldbeträge ("Bargeldeinwurf") ungeachtet einer allfälligen Auszahlung von Gewinnen als auch die Freispiel- und "Gamble"-Einsätze zählen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 24. April 1996, Zl. 93/15/0076, m.w.N.).
Die Beschwerde zweifelt dies auch nicht an. Sie wendet sich nur dagegen, daß bei der Ermittlung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen ein Vervielfacher von 1,8 auf Grund eines äußeren Betriebsvergleichs angewendet wurde. Zum einen hätte die belangte Behörde vom Verleihunternehmer N. Auskunft über die eingestellte Gewinnchance einholen müssen; zum anderen hätte der äußere Betriebsvergleich mit Betrieben vorgenommen werden müssen, welche dieselbe Betriebsstruktur wie der Betrieb des Beschwerdeführers aufweisen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf. Die Beschwerde verkennt, daß die belangte Behörde eine die vermißte Auskunft nicht voraussetzende Schätzungsmethode gewählt hat und daß der Beweis gegen die Richtigkeit des Schätzungsergebnisses schon am Nichtvorhandensein von Zählwerksaufzeichnungen scheitert. Weiters ist es gerichtsbekannt, daß die marktüblichen Gewinnchancen bei Geldspielautomaten ÜBER der Gewinnchance bei einem Vervielfacherfaktor von 1,8 auf den Kasseninhalt liegen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1996, Zl. 93/15/0076). Der Beschwerdeführer hat auch seine Behauptung, bei den in seiner Spielhalle aufgestellt gewesenen Glückspielautomaten sei der Unterhaltungswert im Vordergrund gestanden, nie näher begründet, geschweige denn unter Beweis gestellt. Gleiches gilt für die Beschwerdebehauptung, in Wien würde auf vergleichbare Betriebe zum Teil ein Vervielfacher von nur 1,2 - dies entspricht einer Gewinnchance von 17 % - angewendet, wobei hinzuzufügen ist, daß in Wien als Mindestgewinnchance ein Wert von 30 % gesetzlich vorgeschrieben ist. Dem angefochtenen Bescheid haftet daher hinsichtlich der geschätzten Bemessungsgrundlagen die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an.
Die Beschwerde meint weiters, bei Anwendung eines Vervielfachers von 1,8 könnten auf Dauer nur Verluste entstehen.
Hiezu hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid schlüssig dargelegt, warum bei Annahme eines Vervielfachers von 1,8 nicht von einem "programmierten Verlustgeschäft" gesprochen werden kann. Die Beschwerde bringt nichts zur Widerlegung dieser Annahme vor. Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Vorliegen eines Voluptuarbetriebes verneint.
Die Beschwerde behauptet schließlich noch die unrichtige Qualifizierung von Aufwandsposten als "verdeckte Gewinnausschüttungen". Gegen die Annahme einer solchen im Fall der Aushilfslöhne für die Vereinsmitglieder St., F. und O. wird - trotz diesbezüglichen Vorhalts im Abgabenverfahren - erstmals in der Beschwerde eingewendet, diese Mitglieder seien außerordentliche und daher laut Vereinsstatuten nicht zur Verfügungstellung ihrer Arbeitskraft verpflichtet gewesen; die auf die ordentliche Mitgliedschaft abstellende diesbezügliche Argumentation der belangten Behörde sei daher unrichtig. Gegen die Annahme überhöhter Untermietzinszahlungen durch den Beschwerdeführer, wird - trotz diesbezüglichen Vorhalts im Abgabenverfahren - erstmals in der Beschwerde vorgebracht, die untervermietende H-GmbH hätte Adaptierungsarbeiten in den vermieteten Räumen vorgenommen, die Einrichtung mitvermietet und als Kaution S 50.000,-- unverzinslich hinterlegen müssen.
Abgesehen davon, daß letzteres aktenwidrig ist, weil im Hauptmietvertrag eine Verzinsung von 4 % vereinbart worden war, ist dieses gesamte Vorbringen wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neurungsverbotes unbeachtlich. Dem Umstand, daß die belangte Behörde als Betriebsausgaben des beschwerdeführenden Vereins erklärte Aufwendungen mit der Begründung nicht als solche anerkannt hat, es handle sich dabei um "verdeckte Gewinnausschüttungen", kommt keine Relevanz zu, wenngleich dieser Begriff bei Vereinen, denen eine Gewinnausschüttung fremd ist, nicht zum Tragen kommen kann.
Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte im Hinblick auf beide Tatbestände des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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