VwGH 94/13/0025

VwGH94/13/002511.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Marktgemeinde A, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IV, vom 25. November 1993, Zl. 6/2-2106/88-05, betreffend Umsatzsteuer 1983 bis 1986, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1090;
ABGB §981;
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
UStG 1972 §10 Abs1 Z5;
UStG 1972 §12;
UStG 1972 §2 Abs3;
ABGB §1090;
ABGB §981;
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
UStG 1972 §10 Abs1 Z5;
UStG 1972 §12;
UStG 1972 §2 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer über die Streitjahre 1983 bis 1986 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß die beschwerdeführende Gemeinde 1982 und 1983 im Zuge der Sanierung des Hauptschulgebäudes einen Turnsaal errichtet hatte. Nach den Ausführungen im Prüfungsbericht sei der Turnsaal pro Jahr ca. 390 Stunden von der Volksschule genutzt worden. Ca. 1000 Stunden jährlich sei der Turnsaal von der Hauptschulgemeinde A benützt worden. Ein schriftlicher Mietvertrag mit der Hauptschulgemeinde liege nicht vor. Es bestehe eine Vereinbarung, wonach zwei Drittel der Lohn- und Betriebskosten durch die Hauptschulgemeinde ersetzt würden. Weiters werde der Turnsaal ca. 880 Stunden Vereinen zur Verfügung gestellt. Sämtliche Vereine erhielten von der Beschwerdeführerin Subventionen. Diese Turnsaalsubventionen würden von der Beschwerdeführerin gleichzeitig als Miete der Vereine und als Subvention der Gemeinde an die Vereine im Verrechnungsweg (Kassaeingang, Kassaausgang) verbucht. Außer bei dem Verein Frauenturnen komme es zu keinem Geldfluß. Schriftliche Verträge mit den Vereinen seien nicht vorgelegt worden. In den Streitjahren wurden folgende Beträge verrechnet:

" Rechnungsjahr 1983

Entgelt Subvention

--------------------------------------------------------------

Frauenturnen 580,00 580,00

Tischtennisverein 37.152,00 36.652,00

Kath. Jugend 8.964,00 8.964,00

Union A 33.696,00 33.696,00

ATSV ÖMV A 12.636,00 12.636,00

Musikverein 6.912,00 6.912,00

Rechnungsjahr 1984

Entgelt Subvention

--------------------------------------------------------------

Frauenturnen 1.100,00 600,00

Tischtennisverein 37.840,00 37.840,00

Kath. Jugend 9.130,00 9.130,00

Union A 34.320,00 34.320,00

ATSV ÖMV A 12.870,00 12.870,00

Musikverein 7.040,00 7.040,00

Rechnungsjahr 1985

Entgelt Subvention

--------------------------------------------------------------

Frauenturnen 1.100,00 600,00

Tischtennisverein 37.840,00 37.840,00

Kath. Jugend 9.130,00 9.130,00

Union A 34.320,00 34.320,00

ATSV ÖMV A 12.870,00 12.870,00

Musikverein 7.040,00 7.040,00

Rechnungsjahr 1986

Entgelt Subvention

--------------------------------------------------------------

Frauenturnen 1.100,00 600,00

Tischtennisverein 37.840,00 37.840,00

Kath. Jugend 9.130,00 9.130,00

Union A 34.320,00 34.320,00

ATSV ÖMV A 12.870,00 12.870,00

Musikverein 7.040,00 7.040,00"

Der Prüfer vertrat auf Grund der angeführten Umstände die Auffassung, daß es sich bei der Überlassung des Turnsaales an die Hauptschulgemeinde und die angeführten Vereine nicht um eine unternehmerische Tätigkeit gehandelt habe. Die Umsätze der Beschwerdeführerin und die von ihr geltend gemachten Vorsteuerbeträge wurden entsprechend gekürzt.

Gegen die nach der abgabenbehördlichen Prüfung erlassenen Umsatzsteuerbescheide 1983 bis 1986 wurde Berufung erhoben. Darin wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe sowohl mit den verschiedenen Vereinen als auch mit der Hauptschulgemeinde Nutzungsvereinbarungen getroffen, welche als Mietverträge zu qualifizieren seien. Die von der Hauptschulgemeinde und den Vereinen geleisteten Zahlungen seien der Preis für die Nutzung des Turnsaales gewesen. Für das Jahr 1986 seien folgende Subventionen geleistet worden:

"Frauenturnen S 600,--

Tischtennisverein " 37.340,--

Kath. Jugend " 8.130,--

Union A " 33.320,--

ATSV ÖMV A " 10.870,--

Musikverein " 4.040,--

insgesamt S 94.300,--

============"

Es seien daher Mehreinnahmen von S 8.000,-- erzielt worden. Die Gemeinde habe beschlossen, den Vereinen eine Unterstützung zukommen zu lassen. Die tatsächliche Benützung des Turnsaales werde unabhängig von der gewährten Subvention abgerechnet.

Auf einen entsprechenden Vorhalt der belangten Behörde wurde in einer Eingabe vom 19. März 1992 ausgeführt, der Gemeinderat habe in seiner Sitzung vom 1. Juni 1983 beschlossen, daß mit der Hauptschulgemeinde und mit den sportlich und kulturell tätigen Vereinen ein Benützungsvertrag errichtet werde. Dies sei in der Folge insoferne geschehen, als mit den Benützern Vereinbarungen über die Nutzungszeiten und den Kostenbeitrag pro Stunde abgeschlossen worden seien. Eine "schriftliche Dokumentation" dieser Vereinbarungen sei nicht erfolgt und sei zur Wirksamkeit des Vertragsabschlusses auch nicht erforderlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat in der Begründung dieses Bescheides die Meinung, die Benützung des Turnsaales durch die Hauptschulgemeinde und die in Rede stehenden Vereine sei nicht auf Grund eines Bestandvertrages erfolgt. Es sei versucht worden, im Rahmen einer allgemeinen Kostenaufteilungsvereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Hauptschulgemeinde ein Bestandverhältnis für Zwecke des Vorsteuerabzuges vorzutäuschen. Dafür spreche der Umstand, daß die von der Hauptschulgemeinde ersetzten Anteile der Personal- und Betriebskosten zunächst als Einnahmen auf dem Konto Volksschule gebucht worden seien; erst danach sei ein Teil davon auf das Konto Turnsaaleinnahmen umgebucht worden. Die tatsächlich von den Vereinen gezahlten Kostenersätze seien als nicht ins Gewicht fallender Anerkennungszins anzusehen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 3 UStG sind Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betrieb gewerblicher Art i.S. dieses Bundesgesetzes gilt jedoch - unter anderem - stets die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.

Ob eine Vermietung oder Verpachtung eines Grundstückes im bezeichneten Sinne vorliegt, ist dabei nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. August 1993, Zl. 93/14/0107 m.w.N.). Während etwa Nutzungsverträge an Wohnungen etc. im § 10 Abs. 1 Z. 5 UStG 1972 der Vermietung und Verpachtung ausdrücklich gleichgestellt werden, erstreckt sich die Bestimmung des § 2 Abs. 3 UStG letzte Alternative allein auf Bestandverträge im Sinne des bürgerlichen Rechts. Ein solcher Bestandvertrag ist nach § 1090 ABGB ein Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält. Wesentlicher Bestandteil eines Bestandvertrages ist somit die Vereinbarung eines bestimmten Preises, also eines Entgelts für die Gebrauchsüberlassung. Kein derartiges Entgelt sind die - auch vom Entlehner nach § 981 ABGB zu bestreitenden - "mit dem ordentlichen Gebrauch verbundenen Kosten" (vgl. Würth in Rummel2, § 1090 ABGB, Rz 3).

Von der Beschwerdeführerin wurde auf einen entsprechenden Vorhalt der belangten Behörde zum Inhalt der (nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin mündlich abgeschlossenen) Vereinbarungen ausgeführt, es seien Vereinbarungen über Nutzungszeiten und den Kostenbeitrag für die Benützung des Turnsaales getroffen worden. Nach den Feststellungen des Prüfers handelte es sich bei diesen von der Hauptschulgemeinde anteilsmäßig getragenen Kosten um Personal-, Strom-, Heiz- und Instandhaltungskosten sowie um Versicherungen. Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren trotz eines ausdrücklichen Vorhaltes den Inhalt der behaupteten mündlichen Verträge nicht näher bezeichnet hat, stellt sich die Überlassung eines Grundstücks (Grundstücksteils) gegen einen bloßen Kostenbeitrag nicht als eine Vermietung im Sinne des bürgerlichen Rechtes dar.

Die Vertragsverhältnisse mit den in Rede stehenden Turn- und Sportvereinen wurden von der belangten Behörde zutreffend als Scheingeschäfte im Sinne des § 23 BAO beurteilt. Ebenso wie im Falle des Erkenntnisses vom 5. August 1993, 93/14/0107, war auch im nunmehr zu entscheidenden Beschwerdefall keine entgeltliche Überlassung des Gebrauchs des Turnsaales beabsichtigt, sondern eine unentgeltliche, die dadurch erreicht wurde, daß gleichzeitig mit der Vorschreibung des Kostenbeitrages jeweils eine Subvention in gleicher Höhe geleistet wurde, ohne daß es überhaupt zu einem Geldfluß gekommen ist. Es wurde damit nur der Anschein von Mietverträgen erweckt, um in den Genuß der Vorsteuerabzüge zu gelangen. Daß dabei in einzelnen Jahren von einzelnen Vereinen tatsächlich geringfügige Beträge für die Benützung des Turnsaales geleistet wurden, kann an einer solchen Beurteilung nichts ändern. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß die Leistung eines gegenüber dem Wert der Nutzung nicht ins Gewicht fallenden Entgelts einer Unentgeltlichkeit gleichzusetzen ist (vgl. neuerlich Würth a.a.O.).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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