VwGH 94/10/0147

VwGH94/10/014726.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 21. Juni 1994, Zl. 8.1 K 62-1993, betreffend Erteilung einer Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: F K und D K, beide in X), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §52;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §19;
AVG §37;
AVG §52;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §19;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Eingabe vom 7. Februar 1994 beantragten die mitbeteiligten Parteien die Bewilligung der Rodung einer 174 m2 großen Teilfläche des Grundstückes Nr. 974 KG L. zu dem Zweck der Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes.

Dieser Rodungsantrag wurde - wie sich aus der Kundmachung der mündlichen Verhandlung und der Verhandlungsschrift ergibt - der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung zugrunde gelegt.

Die belangte Behörde holte ein agrartechnisches und ein forsttechnisches Amtssachverständigengutachten sowie eine Stellungnahme der Fachabteilung für örtliche Raumplanung der Steiermärkischen Landesregierung ein.

Gegenstand des forsttechnischen Amtssachverständigengutachtens und der Stellungnahme der Fachabteilung für örtliche Raumplanung der Steiermärkischen Landesregierung war das Grundstück Nr. 465/2 KG L (nach Ausweis des Rodungsantrages das der zur Rodung beantragten Fläche benachbarte Grundstück).

Mit Bescheid vom 21. Juni 1994 wurde den mitbeteiligten Parteien unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen die Rodungsbewilligung für das Grundstück Nr. 465/2 KG L. im Ausmaß von 0,0174 ha entsprechend dem mit einem Sichtvermerk versehenen Lageplan zum Zweck der Verwendung als Baugrund erteilt. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Entscheidung gründe sich auf die überprüften Ausführungen der Antragsteller und auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der durchgeführten örtlichen Erhebung. Bei der in diesem Zusammenhang erfolgten Interessenabwägung erschien der Behörde ein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Rodung aus folgenden Gründen gegeben: Durch die Maßnahme könne die Zufahrt zu einem Wohnhaus verbreitert und verkehrstechnisch sicherer gestaltet werden; ein Teil der kleinen Rodungsfläche werde für den Zubau eines Wirtschaftsgebäudes verwendet. Die Rodung entspreche den raumordnungspolitischen Zielsetzungen der Gemeinde O., wobei diese Zielsetzungen ohne Rodung der kleinen Waldfläche nicht erreicht werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 170 Abs. 8 ForstG gestützte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde rügt unter anderem, das im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichnete Grundstück stimme nicht mit dem im verfahrensgegenständlichen Rodungsantrag angeführten überein.

Damit ist die Beschwerde im Recht.

Gemäß § 17 Abs. 2 und § 19 ForstG 1975 ist eine Rodungsbewilligung nur auf Antrag zu erteilen und hat sich daher auch nur im Rahmen eines solchen Antrages zu bewegen; die Behörde kann zwar einem Antrag nur teilweise entsprechen, sie kann aber rechtens nicht über ihn hinausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1987, Zl. 87/10/0091).

Gegenstand des - nach seinem Wortlaut eindeutigen - Rodungsantrages ist das Grundstück Nr. 974 KG L. Dieses Grundstück wird auch in der Kundmachung der mündlichen Verhandlung sowie in der Verhandlungsschrift ausdrücklich als Verfahrensgegenstand ausgewiesen. Eine Änderung des Rodungsantrages betreffend das zur Rodung beantragte Grundstück durch die Rodungswerber kann weder den Verwaltungsakten noch der Begründung des angefochtenen Bescheides in einer der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes zugänglichen Weise entnommen werden. Aus welchen Gründen das Grundstück Nr. 465/2 KG L. zum Gegenstand des forstfachlichen Amtssachverständigengutachtens und der Stellungnahme der Fachabteilung für örtliche Raumplanung der Steiermärkischen Landesregierung sowie des Spruches des angefochtenen Bescheides gemacht wurde, ist mangels irgendwelcher Anhaltspunkte in den Verwaltungsakten und in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar. Entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Auffassung ist es nicht Sache des Amtssachverständigen, den Verfahrensgegenstand - mit der Wirkung einer Änderung desselben - zu "konkretisieren". Im Falle eines Widerspruches zwischen Grundstücksbezeichnung und Projekt wäre es die Aufgabe der belangten Behörde gewesen, auf eine Aufklärung dieses Widerspruches hinzuwirken, wobei es ihr freistand, bei den Antragsstellern eine Änderung ihres Antrages anzuregen.

Die belangte Behörde hat daher eine Rodungsbewilligung für eine Fläche erteilt, für die ein entsprechender Antrag nicht vorlag.

Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines entsprechenden Antrages belastet den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1987, Zl. 86/02/0158 und das Erkenntnis vom 23. Juli 1987, Zl. 87/10/0091).

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren ist aus verfahrensökonomischen Gründen auf folgendes hinzuweisen:

Selbst unter der Annahme, das im Rodungsantrag angeführte Grundstück entspräche dem im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichneten Grundstück, wäre der Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben gewesen.

Gemäß §§ 17 Abs. 2 ForstG hat die Forstbehörde eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche und dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald vorzunehmen. Dies erfordert Feststellungen, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der Rodungsfläche besteht und aus welchen Gründen dieses Interesse jenes an der Walderhaltung überwiegt. Weiters hat die Behörde zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Inanspruchnahme von Waldboden für das beantragte Vorhaben erforderlich ist.

Nach dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten des agrartechnischen Sachverständigen liegt ein öffentliches Interesse an der Agrarstrukturverbesserung für das gegenständliche Vorhaben nicht vor. Auch ein öffentliches Interesse des Siedlungswesens ist nach der Stellungnahme der Fachabteilung für örtliche Raumplanung der Steiermärkischen Landesregierung nicht vorhanden.

Die belangte Behörde hätte sich in der Begründung ihres Bescheides mit diesen Ermittlungsergebnissen auseinandersetzen und in einer der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes zugänglichen Weise darlegen müssen, anhand welcher - fachlich fundierten - Feststellungen und Abwägungen sie ein das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegendes öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche angenommen hat. Entsprechende Feststellungen - insbesondere hinsichtlich der in der Bescheidbegründung erwähnten und in einer Stellungnahme der Gemeinde Oberhaag hervorgehobenen verkehrstechnischen Gesichtspunkte - und eine darauf aufbauende Interessenabwägung fehlen dem angefochtenen Bescheid.

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