VwGH 95/18/1277

VwGH95/18/127730.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. August 1995, Zl. SD 1.040/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §86;
EMRK Art7;
VStG §1 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §86;
EMRK Art7;
VStG §1 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. August 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Fremdengesetz ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren.

Der Beschwerdeführer sei im Oktober 1991 aufgrund eines Touristensichtvermerkes nach Österreich eingereist, habe nach Vorlage einer Verpflichtungserklärung einen Sichtvermerk erhalten, schon im Dezember 1991 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, noch am selben Tag einen Befreiungsschein erhalten und anschließend einen Sichtvermerk beantragt und für die Dauer von zwei Jahren erhalten. Nunmehr sei die Ehe für nichtig erklärt worden und der Beschwerdeführer bestreite auch nicht, die Ehe lediglich geschlossen zu haben, um fremdenrechtliche Berechtigungen zu erlangen. Dieses Verhalten wiege gleich schwer wie der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 Fremdengesetz, weshalb der Aufenthalt eines solchen Fremden ein geordnetes Fremdenwesen, somit die öffentliche Ordnung gefährde und den Tatbestand des § 18 Abs. 1 FrG verwirkliche. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes setze nicht das Wissen um die Folgen zum Zeitpunkt der Setzung des maßgebenden Verhaltens voraus. Anhaltspunkte für einen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers lägen nicht vor. Jedenfalls sei der Eingriff zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit also zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, dringend geboten und daher zulässig. Nach dreijährigem Aufenthalt sei die Integration jedenfalls auch nicht soweit fortgeschritten, daß von Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, die die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes überwögen, gesprochen werden könnte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Dem angefochtenen Bescheid hält der Beschwerdeführer lediglich entgegen, daß er im Zeitpunkt der Eheschließung noch nicht wissen habe können, daß die Konsequenz eines derartigen Verhaltens die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sei. 1991 sei noch kein Aufenthaltsverbot wegen Eingehens einer nichtigen Ehe verhängt worden. Für einen Ausländer stelle die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes "selbstverständlich eine Bestrafung" dar. Im Zeitpunkt der "Tat" sei das "Delikt" noch mit keiner Strafsanktion, nämlich dem Aufenthaltsverbot, verbunden gewesen, sodaß die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes "unbillig und rechtlich bedenklich" erscheine.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes keine Strafe, sondern eine administrativ-rechtliche Maßnahme darstellt, weshalb der Grundsatz "nulla poena sine lege" (Art. 7 MRK, § 1 Abs. 1 VStG) nicht greift. Ob - wie der Beschwerdeführer behauptet - zum Zeitpunkt der rechtsmißbräuchlichen Eheschließung im Jahr 1991 noch keine Aufenthaltsverbote aus diesem Grund verhängt wurden, ist irrelevant. Denn ab Inkrafttreten des Fremdengesetzes mit 1. Jänner 1993 bildet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rechtsmißbräuchliche Eingehung einer Ehe (wobei es nicht darauf ankommt, ob die Ehe vor oder nach dem 1. Jänner 1993 geschlossen wurde) allein zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Grund für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 Abs. 1 FrG (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 28. April 1995, Zl. 95/18/0464, und vom 29. Juni 1995, Zl. 95/18/0970).

2. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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