VwGH 95/18/0331

VwGH95/18/033128.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 1994, Zl. 103.120/3-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
MRK Art8;
AufG 1992 §5 Abs1;
MRK Art8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 12. Dezember 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (nach Ausweis der Akten handelte es sich um einen Verlängerungsantrag) gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG abgewiesen.

Unter Bezugnahme auf das Berufungsvorbringen, demzufolge der Beschwerdeführer "laut Gesellschaftsvertrag mit 90 % als Geschäftsführer eingetragen" sei und solcherart als selbständig Erwerbstätiger keine Beschäftigungsbewilligung benötige, wies die belangte Behörde darauf hin, daß die von der Erstbehörde durchgeführte Erhebung ergeben habe, daß der vom Beschwerdeführer genannte Gastwirtschaftsbetrieb an der von ihm angegebenen Anschrift nicht "etabliert" sei und der Beschwerdeführer an dieser Adresse auch nicht anzutreffen gewesen sei. Damit - so die Schlußfolgerung der belangten Behörde - könne die ins Treffen geführte Tätigkeit als Geschäftsführer nicht zutreffen und damit auch kein ausreichendes Einkommen erzielt werden.

Gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Sei der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert, so dürfe gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung nicht erteilt werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, bei ihrer Entscheidung nicht darauf Bedacht genommen zu haben, daß der Beschwerdeführer im Verfahren eine Lohn- bzw. Gehaltsbestätigung vorgelegt habe, aus der sich ergebe, daß er als Geschäftsführer der K-Ges.m.b.H. ein monatliches Entgelt von S 12.000,-- beziehe.

1.2. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer mit seinem Verlängerungsantrag vom 26. April 1994 eine mit 25. April 1994 datierte, von R, Vermögensverwalter, im Auftrag seiner Klientin "K-GmbH" ausgestellte "Arbeits- und Entgeltbestätigung" vorgelegt, in der bestätigt wird, daß sich der Beschwerdeführer als Geschäftsführer dieser Gesellschaft derzeit in ungekündigter Stellung befinde "und sein Entgelt derzeit laufend bezieht, das letzte Bruttoentgelt von 01.04.94 bis 30.04.94 ÖS 12.000,--" (vierzehnmal im Jahr).

Ungeachtet dessen, daß diese Bestätigung nicht von vornherein als untauglicher Beleg dafür angesehen werden konnte, für den Beschwerdeführer den gesicherten Lebensunterhalt i.S. des § 5 Abs. 1 AufG darzutun, hat es die belangte Behörde verabsäumt, sich mit diesem Beweismittel auseinanderzusetzen bzw. zu begründen, weshalb sie davon absehen durfte. Dieser Verfahrensmangel ist relevant, da nicht auszuschließen ist, daß bei Unterbleiben desselben die belangte Behörde zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigen) Ergebnis hätte kommen können.

2.1. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung (u.a.) vorgebracht - ein Vorbringen, das in der Beschwerde im Zusammenhang mit der Rüge mangelnden Parteiengehörs im wesentlichen wiederholt wird -, daß er bereits seit 1990 in Österreich seßhaft sei und seine drei Kinder seit diesem Zeitpunkt hiesige Pflichtschulen besuchten. Bereits in seinem Antrag vom 26. April 1994 hatte der Beschwerdeführer angegeben, daß er mit seinen drei mj. Kindern zusammenlebe und als Aufenthaltszweck (u.a.) "Familiengemeinschaft" angegeben.

2.2. Die belangte Behörde hat sich auch mit diesem Vorbringen nicht befaßt. Dies zu Unrecht. Denn wie der Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 16. März 1995, B 2259/94, und vom 12. Juni 1995, B 1599/94 u. a., dargetan hat - der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsauffassung an -, ist die Behörde (auch) bei Anwendung der in § 5 Abs. 1 AufG besonders hervorgehobenen Versagungstatbestände der für die Dauer der Bewilligung nicht gesicherten ortsüblichen Unterkunft oder des nicht gesicherten Lebensunterhaltes in Fällen, in denen durch die Versagung der Bewilligung in das durch Art. 8 MRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingegriffen würde, verhalten, die Notwendigkeit der Versagung der Bewilligung aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen öffentlichen Interessen zu prüfen und dabei auch auf die privaten und familiären Interessen des Bewilligungswerbers Bedacht zu nehmen.

Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Zutreffen der vom Beschwerdeführer mitgeteilten Umstände privater und familiärer Natur zu einem für ihn positiven Ergebnis hätte gelangen können, ist das fehlende Eingehen auf diese Gesichtspunkte in der Begründung des bekämpften Bescheides als wesentlich zu werten. Wie aus der Bescheidbegründung erkennbar, ist der aufgezeigte Mangel auf ein Verkennen der Rechtslage zurückzuführen, sohin als inhaltliche Rechtswidrigkeit zu qualifizieren.

3. Im Hinblick darauf, daß die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, auf S. 592 zitierten hg. Entscheidungen), war der angefochtene Bescheid aus dem erstgenannten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von S 270,-- (Eingabengebühr S 240,--, Beilagengebühr S 30,--) zu entrichten waren.

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