VwGH 95/18/0210

VwGH95/18/021028.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 18. Oktober 1994, Zl. Fr-141/94, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §18 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
B-VG Art8;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §41;
FremdenG 1993;
EMRK Art5;
EMRK Art6 Abs3 lite;
AsylG 1991 §18 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
B-VG Art8;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §41;
FremdenG 1993;
EMRK Art5;
EMRK Art6 Abs3 lite;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 18. Oktober 1994, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers, eines liberianischen Staatsangehörigen, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den seine Ausweisung verfügenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 14. Februar 1994 keine Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dem Akteninhalt sei zweifelsfrei zu entnehmen, daß dem (damals in Schubhaft befindlichen) Beschwerdeführer der Ausweisungsbescheid im Beisein eines Dolmetschers ausgefolgt worden sei. Obzwar nach der geltenden Rechtslage keine Verpflichtung der Behörde bestehe, einen Bescheid in die Sprache des Adressaten zu übersetzen, habe der Beschwerdeführer somit die Möglichkeit gehabt, sich über den Inhalt dieses Bescheides zu informieren. Keinesfalls gefolgt werde der Auffassung des Beschwerdeführers, daß es seiner Rechtskundigkeit oder eines rechtskundigen Helfers bedurft hätte, normiere doch die Bestimmung des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG - darauf sei die Ausweisung gestützt worden - lediglich zwei Tatbestandselemente.

Zusammenfassend sei festzuhalten, daß die Schubhaft des Beschwerdeführers nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, durch welches er an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen sei (§ 71 Abs. 1 AVG), gewertet werden könne.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde macht geltend, der Umstand, daß der Ausweisungsbescheid dem Beschwerdeführer in einer für ihn nicht verständlichen Sprache übergeben worden sei und er darüber hinaus nicht die Möglichkeit gehabt habe, sich über den Inhalt des Bescheides und die Möglichkeit, dagegen Rechtsmittel zu ergreifen, ausreichend belehren zu lassen, stellten für den Beschwerdeführer ein unabwendbares Ereignis dar, das ihn an der Einhaltung der Berufungsfrist gehindert habe. Dieses Ereignis habe während der ganzen Dauer der Schubhaft angehalten. Erst nach Kontaktaufnahme mit der Flüchtlingsberatungsstelle der Caritas sei die Einbringung eines Rechtsmittels möglich gewesen; mit diesem Zeitpunkt sei das Hindernis weggefallen.

2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die Auffassung der belangten Behörde, daß nach der geltenden Rechtslage kein Anspruch eines Fremden auf Erlassung eines Bescheides in einer ihm verständlichen Sprache bestehe, hat die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/19/0165). Die in der Beschwerde ins Treffen geführte Norm des § 18 Abs. 1 letzter Satz Asylgesetz 1991, wonach Bescheiden, die einem der deutschen Sprache nicht hinreichend kundigen Asylwerber zuzustellen sind, eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in die Muttersprache des Asylwerbers oder eine andere ihm ausreichend verständliche Sprache anzuschließen ist, hat Geltung ausschließlich für Verfahren nach diesem Gesetz und nicht auch für solche nach dem Fremdengesetz.

Wenn der Beschwerdeführer zu seiner (angeblichen) Unkenntnis von der Möglichkeit der Ergreifung eines Rechtsmittels meint, die Schubhaft habe es unmöglich gemacht, daß er sich jener Behelfe habe bedienen können, die einem in seiner Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkten Sprachunkundigen zu Gebote stünden, nämlich das Aufsuchen von Rechtsbeistand und die Heranziehung von Übersetzern, so ist ihm zweierlei entgegenzuhalten: Zum ersten wird in der Beschwerde ausdrücklich eingeräumt, daß der Beschwerdeführer nach Zustellung des Ausweisungsbescheides die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit Amnesty International gehabt habe (insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt wesentlich von dem maßgeblichen, dem hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1994, Zl. 93/01/1117, zugrunde gelegenen Sachverhalt). Zum zweiten hat der Beschwerdeführer laut Begründung des angefochtenen Bescheides - von ihm nicht bestritten - in seiner Berufung gegen die seinen Wiedereinsetzungsantrag abweisende erstinstanzliche Entscheidung vorgebracht, daß ihm die Wirkung des Ausweisungsbescheides auf seinen Aufenthalt in Österreich klar gewesen sei, die Einbringung einer Berufung jedoch seine Rechtskundigkeit vorausgesetzt bzw. eines rechtskundigen Helfers bedurft hätte, da in einer Berufung die Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides darzulegen sei. Von daher gesehen ist nicht erkennbar, daß dem Beschwerdeführer - ungeachtet der Schubhaft - tatsächlich die Möglichkeit gefehlt hätte, innerhalb des Laufes der gegen den Ausweisungsbescheid zur Verfügung stehenden Berufungsfrist einen rechtskundigen Vertreter - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht mußte dies kein Rechtsanwalt sein, da im Verwaltungsverfahren kein Anwaltszwang herrscht - mit der Einbringung eines Rechtsmittels zu betrauen.

Im übrigen behauptet der Beschwerdeführer nicht, daß die Behörde - unter Beiziehung eines Dolmetschers - ihrer Manuduktionspflicht nicht nachgekommen sei (§ 13a iVm § 39a AVG).

3. Da nach dem Gesagten weder die Zustellung des ausschließlich in deutscher Sprache abgefaßten Ausweisungsbescheides noch die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bzw. die dort herrschenden, ihn behauptetermaßen an der Rechtsverfolgung hindernden Bedingungen als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis i.S. des § 71 Abs.1 Z. 1 AVG zu werten sind, somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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