Normen
AVG §8;
BauO Wr §129 Abs1;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §62;
BauRallg;
B-VG Art94;
JN §1;
AVG §8;
BauO Wr §129 Abs1;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §62;
BauRallg;
B-VG Art94;
JN §1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Bescheid vom 14. Dezember 1994 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, "gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien den Eigentümern des Schwimmbeckens" auf der Liegenschaft W., D-Straße 70, nachstehenden Auftrag:
"Innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides ist das Schwimmbecken bauordnungsgemäß instandzusetzen."
Die dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführer wurden mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 28. April 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, anläßlich der am 9. Dezember 1994 an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung sei festgestellt worden, daß die Wände und der Boden des Schwimmbeckens hinter der Kuranstalt baufällig seien und Risse aufwiesen bzw. die Folien der Isolierung teilweise entfernt seien. Die Begrenzungssteine des Schwimmbeckens seien zur Gänze abgebrochen und würden im Schwimmbecken gelagert. Durch die festgestellten Risse und die zerstörte Isolierung bestehe die Möglichkeit, daß Regenwässer versickerten. Da außerdem das Schwimmbecken zur Ablagerung von Gerümpel verwendet werde, wobei nicht auszuschließen sei, daß auch kontaminiertes Material entsorgt werde, könnte hiedurch das Grundwasser verunreinigt werden. Diese Feststellungen des Sachverständigen seien von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten worden. Eine Grundwasserverunreinigung infolge Verschlechterung der gegenständlichen Baulichkeit sei daher zu befürchten und würden somit öffentliche Interessen berührt. Die Behörde erster Instanz sei daher berechtigt gewesen, den Beschwerdeführern als den Eigentümern der Baulichkeit den Auftrag zur Instandsetzung des Schwimmbeckens zu erteilen. Die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit sei bei Instandsetzungsaufträgen nicht zu prüfen. Den Beschwerdeführern stehe es frei, der Verpflichtung zur Instandsetzung des Schwimmbeckens dadurch zu entgehen, daß sie eine Abtragungsbewilligung erwirken, auf deren Erteilung ihnen ein Rechtsanspruch zustehe, und die Baulichkeit nachher abtragen ließen. Für die tatsächliche Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen reiche die von der Behörde erster Instanz festgesetzte Frist zweifellos aus. Im übrigen sei die Erfüllungsfrist auf die Rechtskraft des Bescheides abgestellt, welche erst mit Zustellung der Berufungserledigung eintrete. In tatsächlicher Hinsicht hätten die Beschwerdeführer daher durch die bloße Einbringung eines Rechtsmittels ohnehin eine Fristverlängerung im Ausmaß der Dauer des Berufungsverfahrens erreicht. Aus § 129 Abs. 2 und Abs. 4 der Bauordung für Wien (BO) folge, daß auch im Fall einer Vermietung oder Verpachtung der Liegenschaft die Instandhaltungspflicht nicht den Bestandnehmer, sondern den Eigentümer des Gebäudes oder der baulichen Anlage - im gegenständlichen Fall die Beschwerdeführer - treffe und diesen nötigenfalls der Auftrag zur Behebung des Baugebrechens zu erteilen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten insofern verletzt, "als die belangte Behörde entgegen § 129 Abs. 2 und 4 der BO für Wien uns aufgetragen hat, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Berufungsbescheides ein Schwimmbecken bauordnungsgemäß instandzusetzen und dadurch, daß ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren nicht durchgeführt wurde".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer tragen vor, auf der gegenständlichen, ihnen gehörigen Liegenschaft befinde sich ein Ambulatorium für Strahlenbehandlung, die sogenannte "Kuranstalt", welches samt Grünanlage und Schwimmbecken seit 1960 in Bestand gegeben worden sei. Die Beschwerdeführer bzw. ihre Rechtsvorgänger seien seit über 30 Jahren von der Benützung auch des Schwimmbeckens ausgeschlossen. Dieses sei von der Bestandnehmerin dem Verfall preisgegeben und als Ablagerungsstätte für bei Umarbeiten in der Kuranstalt angefallenen Bauschutt, Eisenmaterial usw. benützt worden. Von diesen Umständen hätten die Beschwerdeführer bis zum gegenständlichen Verfahren keine Kenntnis gehabt. Die Bestandnehmerin sei von der Benützungsbewilligung abgewichen und habe dafür einzustehen. Der Nutzungsberechtigte sei nach § 129 Abs. 1 und 2 BO verantwortlich. Der Eigentümer könne die Instandhaltungspflicht nach § 129 Abs. 2 leg. cit. nicht einhalten, wenn der ausschließliche Benützer der baulichen Anlage, der für den Vollzug der Benützungsbewilligung zuständig und haftbar sei, diese nicht einhalte bzw. außer Kraft gesetzt habe. Die Adressaten der Erhaltungspflicht und des damit korrespondierenden Instandsetzungsauftrages seien die Nutzungsberechtigten. § 62 BO bestimme, daß vom Grundeigentümer verschiedene Personen das Recht hätten, fremde bauliche Anlagen und Gebäude zu verändern und umzugestalten. Sie hätten diese Baumaßnahmen der Behörde lediglich zur Kenntnis zu bringen. Der Eigentümer müsse nicht zustimmen, er werde auch nicht verständigt. Der Eigentümer, der von den Baumaßnahmen auf seinem Grund und Boden keine Kenntnis habe, könne nicht Adressat von Aufträgen nach § 129 BO sein. Weiche daher der ausschließliche Nutzungsberechtigte der Liegenschaft von der ihm bekannten Benützungsbewilligung ab und verursache durch diese bewilligungsfremde Benützung Gebrechen am Bauwerk, sei er allein auch für die Instandsetzung und Beseitigung des Baugebrechens verantwortlich.
Gemäß § 129 Abs. 1 der Wiener Bauordnung (BO) ist für die bewilligungsgemäße Benützung der Räume der Eigentümer (jeder Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage verantwortlich. Im Falle der Benützung der Räume durch einen anderen geht die Haftung auf diesen über, wenn er vom Eigentümer über die bewilligte Benützungsart in Kenntnis gesetzt worden ist.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen und dergleichen) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.
Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen hat die Behörde nötigenfalls den Eigentümer (Miteigentümer) zur Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist zu verhalten; sie verfügt die aus öffentlichen Rücksichten notwendige Beseitigung von Baugebrechen und ordnet die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen an.
Nach dem klaren Wortlaut des § 129 Abs. 2 und 4 BO ist Adressat eines Bauauftrages nur der Eigentümer (jeder Miteigentümer) des betreffenden Gebäudes oder der baulichen Anlage. Dem Bestandnehmer kommt in einem solchen Verfahren keine Parteistellung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zlen. 90/05/0060, 0093). Die Verantwortlichkeit des Eigentümers des Bauwerkes gegenüber der Behörde besteht unabhängig davon, ob er vom Zustand des Bauwerkes Kenntnis hatte oder nicht. Allfällige Rückgriffsrechte gegenüber Dritten sind bei Gericht geltend zu machen.
§ 129 Abs. 1 BO regelt ausschließlich die Verantwortlichkeit für die bewilligungsgemäße Benützung der Räume und kann - entgegen den Beschwerdeausführungen - auf Grund seines Regelungsinhaltes nicht auf die Fälle des § 129 Abs. 2 und 4 BO analog angewandt werden. Der Hinweis in der Beschwerde auf § 62 BO als Beleg für die dort vertretene gegenteilige Rechtsansicht geht schon deshalb fehl, weil eine nicht vom Zustimmungserfordernis des Grundeigentümers abhängige Bauanzeige im Sinne des § 62 BO nur für dort näher angeführte - im gegenständlichen Fall nicht zu beurteilende - Bauführungen in Betracht kommt. Im übrigen läßt auch § 62 BO das zivilrechtliche Erfordernis einer Zustimmung des Grundeigentümers unberührt. Die Beschwerdeführer räumen im übrigen selbst ein, daß die Bestandnehmer das Schwimmbad "dem Verfall preisgegeben" hätten, sodaß von einer bloßen widmungswidrigen Benützung keine Rede sein kann.
Auf Grund der gegebenen Rechtslage bedurfte es keinerlei weiterer Ermittlungen hinsichtlich des tatsächlichen Nutzungsumfanges der gegenständlichen Liegenschaft durch die Bestandnehmer. Ein Baugebrechen liegt vor, wenn sich der Zustand einer Baulichkeit derart verschlechtert, daß hiedurch öffentliche Interessen berührt werden. Als Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, die ein Einschreiten der Baubehörde rechtfertigt, sind u.a. die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit anzusehen. Ein öffentliches Interesse, das die Behörde zum Einschreiten ermächtigt, ist schon immer dann gegeben, wenn durch den bestehenden Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit einer Person herbeigeführt oder vergrößert werden kann.
Die vom Amtssachverständigen der Berufungsbehörde festgestellten Risse und die Zerstörung der Isolierung des Schwimmbades werden in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Auch die Möglichkeit der Versickerung von Regenwässern und die Ablagerung von Gerümpel im Schwimmbecken bleibt in der Beschwerde unbekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof vermag es auf Grund dieses unstrittig feststehenden Sachverhaltes nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn der Sachverständige - dessen gutächtliche Ausführungen in die Begründung des angefochtenen Bescheides eingeflossen sind - zu dem Schluß gekommen ist, daß eine Verseuchung des Grundwassers nicht auszuschließen ist, und damit ein öffentliches Interesse vorliegt, das die Behörde erster Instanz zum Einschreiten im Sinne des § 129 Abs. 2 und 4 BO berechtigt hat.
Die Beschwerdeführer vermögen auch mit dem Vorwurf, dem Lokalaugenschein vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht beigezogen worden zu sein, schon deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Berufungsbehörde zu überprüfen hat und die Beschwerdeführer der belangten Behörde diesbezüglich keinen Verfahrensmangel angelastet haben. Im übrigen tragen die Beschwerdeführer nicht vor, zu welchem anderen Ergebnis auf Grund welcher Beweisergebnisse der technische Sachverständige gekommen wäre, wenn die Beschwerdeführer dem Lokalaugenschein beigezogen worden wären.
Selbst wenn - wie in der Beschwerde behauptet - eine Zufahrt mit schweren Baugeräten zum Schwimmbad nicht möglich sein sollte, ist nicht einzusehen, warum die von der belangten Behörde festgesetzte Instandsetzungsfrist von drei Monaten nicht ausreichen sollte, den erteilten Auftrag durchzuführen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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