VwGH 95/04/0051

VwGH95/04/005127.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der X-Ges.m.b.H. & Co KG in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. November 1994, Zl. 300.002/4-III/A/2a/94, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens um Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Parteien: 1. KS in A, 2. ES in A, 3. GT in A,

4. MT in A, 5. JB in A, 6. SB in A, 7. FW in A, und 8. YW in A), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
GewO 1994 §81;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
GewO 1994 §81;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. November 1994 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten unter gleichzeitiger Behebung der vorinstanzlichen Bescheide das dem Verfahren zugrundeliegende Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 27. März 1992 "gemäß § 353 GewO 1994 iVm § 356 Abs. 1 und 3 und § 81 Abs. 1 leg. cit." zurück. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des maßgeblichen Verfahrensganges und nach Wiedergabe der im Spruch seines Bescheides bezogenen Gesetzesbestimmungen aus, der Abspruch über die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage bzw. einer Änderung einer genehmigten Betriebsanlage setze ein Ansuchen voraus. Im vorliegenden Fall habe die Behörde erster Instanz das dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Ansuchen der Beschwerdeführerin als ein solches um Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage gewertet, obwohl aus dem objektiven Wortlaut dieses Ansuchens, das auf ein "Ersuchen um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für den Rund - und Schnittholzlagerplatz ..." laute, dieses Begehren auch im Wege einer Deutung nicht entnommen werden könne. So lange aber ein eindeutiger Antrag der Partei nicht vorliege, sei die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes rechtswidrig. Zu dem im Ansuchen vom 27. März 1992 festgehaltenen Hinweis, es seien bereits bezüglich des antragsgegenständlichen Lagerplatzes durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10. September 1980 mehrere in Rechtskraft erwachsene Auflagen vorgeschrieben worden, sei festzuhalten, dieser genannte Bescheid sei in der Folge mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. Jänner 1987 gemäß § 66 Abs. 2 GewO 1973 behoben worden. Im weiteren Verfahren gemäß § 79 leg. cit. in der damals geltenden Fassung sei der Holzlagerplatz auf den genannten Grundstücken nicht berücksichtigt worden. Es sei vielmehr auf Grund eines Feststellungsantrages durch die Beschwerdeführerin vom Verwaltungsgerichtshof in letzter Instanz mit Bescheid vom 18. April 1989 bestätigt worden, daß es sich beim betreffenden Projekt um eine gewerbebehördlich genehmigungspflichtige Änderung handle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine als "Stellungnahme" bezeichnete Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Erlassung einer Sachentscheidung über unser Ansuchen vom 27.3.1992" verletzt. In Ausführung dieses so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, die belangte Behörde versuche einer Entscheidung in der Sache selbst durch unvertretbaren Formalismus zu entgehen. Das Genehmigungsverfahren ziehe sich bereits durch mehrere Jahre und unzählige Instanzen hin, in welchen stets der eigentliche Gegenstand des Verfahrens, nämlich die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung des am näher bezeichneten Standort bestehenden Sägewerks durch die Errichtung und den Betrieb eines Schnitt- und Rundholzlagerplatzes auf näher bezeichneten Grundstücken im Mittelpunkt gestanden sei. Sämtlichen Beteiligten sowie sämtlichen Behörden einschließlich der belangten Behörde in einem näher bezeichneten Vorbescheid sei selbstverständlich gewesen, daß es sich um eine Änderungsgenehmigung handle. Die Formulierung des § 81 Abs. 1 GewO finde ihren Sinn darin, den Schutzzweck des § 74 leg. cit. auch auf Änderungen auszudehnen. Keinesfalls könne dem Gesetzgeber unterstellt werden, eine unnötige Formalhürde in der Form geschaffen zu haben, daß es bei derartigen Ansuchen ausschließlich auf das Wort "Änderungen" ankomme und der gesamte Antragsinhalt bzw. - wie im gegebenen Falle - das gesamte bereits abgehaltene Verfahren ohne Bedeutung bliebe. Dies habe auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 1984, Zl. 84/04/0031, ausgesprochen. Der Verwaltungsgerichtshof habe weiters "bereits in seinem Erkenntnis vom 18.4.1989, Zl. 88/04/0343, ... ausgesprochen, daß es sich im gegenständlichen Fall um eine Änderung der Betriebsanlage ... handle und ist in seiner Entscheidung vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/04/0115, zu keiner Zeit der Ansicht erlegen, es müsse das Ansuchen streng nach seinem Wortlaut beurteilt und daher zurückgewiesen werden."

Insoweit die Beschwerde auf die über Beschwerden der auch im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführenden Gesellschaft ergangenen hg. Erkenntnisse vom 18. April 1989, Zl. 88/04/0343, und vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/04/0115, Bezug nimmt, ist festzuhalten, daß sich der Verwaltungsgerichtshof in diesen Erkenntnissen mit der im gegenständlichen Verfahren relevanten Frage der Deutung des Schriftsatzes der Beschwerdeführerin vom

27. MÄRZ 1992 nicht befaßt hat.

Der Beschwerde kommt gleichwohl aus folgendem Grunde Berechtigung zu:

Der belangten Behörde ist zwar in ihrer Rechtsansicht, bei einer Genehmigung nach § 81 GewO 1994 handle es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt, dessen Erlassung einen entsprechenden eindeutigen Antrag voraussetzt, zuzustimmen. Richtig ist auch, daß das in Rede stehende Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 27. März 1992 seinem schriftlichen Wortlaut nach ("Ansuchen um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für den Rund- und Schnittholzlagerplatz auf Grundstücken ...") keinen Hinweis darauf enthält, daß es sich bei dem dort genannten Projekt um einen Teil der Sägewerksanlage der Beschwerdeführerin und somit um eine Änderung der gesamten Betriebsanlage handelt. Es darf in diesem Zusammenhang aber nicht übersehen werden, daß der in Rede stehende Rund- und Schnittholzlagerplatz - wie sowohl die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid als auch die Beschwerdeführerin zutreffend hervorheben - bereits Gegenstand mehrerer Verwaltungsverfahren war, (auf die auch zu dem in Rede stehenden Ansuchen bezug genommen wird), in denen niemals zweifelhaft war, daß es sich bei diesem Projekt um eine Änderung der gesamten Betriebsanlage der Beschwerdeführerin handelt. Unter diesen Umständen war es verfehlt, wenn die belangte Behörde, ohne sich um eine Klarstellung zu bemühen, ihrer Entscheidung den bloßen Wortlaut des Antrages der Beschwerdeführerin zugrunde legte.

Die belangte Behörde verletzte daher dadurch, daß sie bei Deutung des Inhaltes des Antrages der Beschwerdeführerin vom 27. März 1992 allein auf dessen Wortlaut achtete, ohne wegen der aus dem Akt erkennbaren Begleitumstände seiner Einbringung für eine entsprechende Klarstellung zu sorgen, Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie zu einem anderen Bescheid gekommen wäre. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da die Vorlage bloß einer Abschrift des angefochtenen Bescheides erforderlich gewesen wäre.

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