Normen
StbG 1965 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §11;
StbG 1965 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §11;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. März 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 27. September 1994 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "in Anwendung" des § 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde ist auf Grund der durchgeführten Erhebungen davon ausgegangen, daß der - am 6. Juli 1965 geborene, die "jugoslawische" Staatsangehörigkeit besitzende und seit 1974 in Österreich wohnhafte - Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wegen diverser Übertretungen vorgemerkt sei, nämlich eines Fahrverbotes am 17. Juli 1990, mißbräuchlicher Verwendung eines Probekennzeichens am 24. November 1990, Vorrangverletzung am 18. Jänner 1991, Überfahrens einer Kreuzung bei Rotlicht und Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Stadtgebiet am 20. Dezember 1992, Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um 28 km/h am 15. August 1992 und im Ortsgebiet um 20 km/h am 5. Juni 1993 sowie Überlassung eines Kraftfahrzeuges an andere ohne gültige Begutachtungsplakette, ohne Verbandszeug und Warneinrichtung, mit defekter Feststellbremse und Kennzeichenbeleuchtung am 27. Mai 1994. Sie hat zum Ausdruck gebracht, daß die Verwaltungsstrafen, was die Einstellung des Beschwerdeführers "hinsichtlich der Vorschriften über die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit" anlange, zwar bedenklich schienen, aber in Anbetracht der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers (als Berufskraftfahrer) doch so weit verständlich seien, daß eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit "nicht von vornherein konstatiert und die Bedingung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG daher als erfüllt angesehen werden kann". Sie hat demnach ausdrücklich auch die zwingende Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG als gegeben erachtet, weshalb die Auffassung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe den betreffenden Sachverhalt, "ohne dies ausdrücklich zu spezifizieren, offensichtlich als Ausschlußgrund gemäß § 10 Abs. 1 lit. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz gewertet", nicht zutrifft und die sich nur damit befassenden Beschwerdeausführungen ins Leere gehen. Der Beschwerdeführer hat übersehen, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung ausschließlich auf § 11 StbG gestützt hat, wonach sich die Behörde bei der Ausübung des ihr im § 10 leg. cit. eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen hat. Es ist sohin vom Verwaltungsgerichtshof lediglich zu prüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hat oder nicht (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1994, Zl. 93/01/0615, und vom 21. September 1994, Zl. 93/01/1517).
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides seien "weder den Antragsangaben noch dem Ergebnis der Ermittlungen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, aus welchen Gründen die Verleihung der Staatsbürgerschaft dem allgemeinen Wohl dienen oder im öffentlichen Interesse liegen sollte, weshalb keinerlei Argumente ersichtlich" seien, die für die positive Ausübung des freien Ermessens sprechen würden. Dagegen stehe aber das Verhalten des Beschwerdeführers im Straßenverkehr, wenn er die im öffentlichen Interesse liegende Sicherheit durch mehrmaliges Überschreiten der erlaubten oder gebotenen Höchstgeschwindigkeit nicht berücksichtigt habe. Dabei könne davon ausgegangen werden, daß die Folgen auch nur geringfügig erhöhter Geschwindigkeit in Anbetracht des verlängerten Reaktions- und Bremsweges "hinlänglich und allgemein und somit auch dem Verleihungswerber bekannt" seien. Die Nichtbeachtung von Fahrverboten, die mißbräuchliche Verwendung von Probekennzeichen und die Überlassung eines Kraftfahrzeuges ohne hinreichende Ausstattung lasse wiederum mangelndes Verantwortungsbewußtsein in bezug auf die Vorschriften erkennen, die zur Verkehrssicherheit im allgemeinen und dem Vermeiden von Gefahrenquellen für den Einzelnen erlassen worden seien. Besonders schwerwiegend erscheine der belangten Behörde schließlich "die Nichtbeachtung von Verkehrszeichen (Rotlicht)" angesichts des Umstandes, daß andere Verkehrsteilnehmer sich auf deren Einhaltung verlassen müßten und wegen der Rücksichtslosigkeit des Beschwerdeführers in Gefahr geraten hätten können. Zusammenfassend spreche daher "nichts FÜR, aber die festgestellten Handlungen und Unterlassungen des Antragstellers sowohl aus der Sicht des allgemeinen Wohls, der öffentlichen Interessen als auch des Gesamtverhaltens des Antragstellers GEGEN die Verleihung".
Dazu ist vorweg zu bemerken, daß es der belangten Behörde nicht verwehrt war, Umstände, die bereits bei Prüfung der Verleihungsvoraussetzungen gemäß § 10 StbG zu beurteilen waren, im Rahmen der Ausübung des freien Ermessens gemäß § 11 leg. cit. heranzuziehen (vgl. außer dem bereits zitierten Erkenntnis zur Zl. 93/01/1517 noch jenes vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/01/0250). Auch wenn sich die belangte Behörde nicht veranlaßt gesehen hat, aus den Verstößen des Beschwerdeführers gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen, auf das Fehlen der Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG zu schließen, wofür die Art, Schwere und Häufigkeit solcher Verstöße maßgeblich gewesen wäre (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/1339, mit weiteren Judikaturhinweisen), so hatte sie doch insbesondere bei Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers im Rahmen der Ausübung des freien Ermessens auf die von ihm begangenen strafbaren Handlungen Bedacht zu nehmen. Daraus, daß sich der Beschwerdeführer seit dem Jahre 1990 immer wieder - nach den getroffenen Feststellungen zuletzt am 27. Mai 1994 und daher noch nicht in einem entsprechenden zeitlichen Abstand vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - über verschiedene, mit dem Betrieb bzw. Lenken von Kraftfahrzeugen in Zusammenhang stehende gesetzliche Bestimmungen hinweggesetzt hat, konnten zu seinen Ungunsten mit Recht Rückschlüsse auf sein Persönlichkeitsbild gezogen werden. Entgegen seiner Ansicht handelte es sich hiebei nicht "durchwegs um geringfügige Ordnungswidrigkeiten", sondern teilweise um schwere Verstöße im Straßenverkehr, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, daß offenbar keine Personen konkret gefährdet wurden oder gar zu Schaden gekommen sind. Dem Einwand des Beschwerdeführers, er lege als Berufskraftfahrer "jährlich weit mehr als
100.000 Fahrkilometer" zurück, "was ihn ganz besonders dem Risiko von versehentlichen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung aussetzt", ist - abgesehen davon, daß er auch Übertretungen kraftfahrrechtlicher Vorschriften begangen hat, die offenkundig nichts mit seiner beruflichen Tätigkeit (der Aktenlage nach als Omnibuslenker bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben) zu tun hatten - entgegenzuhalten, daß ihn in dieser Eigenschaft ein erhöhtes Maß an Verantwortung getroffen hat (vgl. die von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. März 1987, Slg. Nr. 12.412/A, und vom 21. Oktober 1987, Zl. 87/01/0141).
Der Verwaltungsgerichtshof kann daher unter Mitberücksichtigung des Umstandes, daß - im Sinne der Begründung des angefochtenen Bescheides - Rücksichten auf das allgemeine Wohl und die öffentlichen Interessen jedenfalls nicht FÜR die Einbürgerung des Beschwerdeführers sprechen, trotz dessen 20-jährigen Aufenthaltes in Österreich nicht finden, daß ein Ermessensmißbrauch oder eine Ermessensüberschreitung durch die belangte Behörde und demnach eine vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG wahrzunehmende Rechtswidrigkeit vorliegt.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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