Normen
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger armenischer Abstammung und christlich-gregorianischen Glaubens, reiste am 16. August 1994 in das Bundesgebiet ein und stellte am darauffolgenden Tag den Asylantrag. Bei seiner am 17. August 1994 vor dem Bundesasylamt erfolgten niederschriftlichen Vernehmung gab der Beschwerdeführer im wesentlichen an, er sei seit 1976/1977, während des Studiums an der Universität, Mitglied der "TKPML" und habe in dieser Zeit professionell damit begonnen, politisch für diese Partei gewaltlos zu kämpfen. Er sei an der Universität Studentenführer der TKPML gewesen, seine Hauptaufgabe habe darin gelegen, Propaganda für diese Partei zu betreiben. Obwohl die Polizei seine Stellung innerhalb der Partei nicht erkannt habe, sei er immer wieder verdächtigt worden, dieser verbotenen politischen Partei anzugehören. Im Jahre 1977 sei er einmal für 3 Tage, im Jahre 1980 zweimal, nämlich einmal für 2 Tage und einmal für 15 Tage, von der Polizei inhaftiert worden, während der Haft sei er geohrfeigt, mit Knüppeln geschlagen und mißhandelt worden, indem man brennende Zigaretten auf seinen Händen ausgedrückt habe. Mangels an Beweisen sei er jedoch immer wieder freigelassen worden. Am 12. September 1980 sei in der Türkei die Militärregierung an die Macht gekommen, weshalb die Mitglieder der TKPML zur Flucht und zum Untertauchen gezwungen gewesen seien. Deshalb sei er auch selbst aus Istanbul weggezogen und habe bis 1983 in einem nahegelegenen Dorf verbracht. In weiterer Folge habe er einen viermonatigen Präsenzdienst bei der türkischen Armee absolviert. Während der Zeit der Militärregierung, das heißt von 1980 bis 1986, habe es so gut wie keine politische Tätigkeit der TKPML gegeben, zumal die Mitglieder auseinandergegangen seien und die Parteizentrale zerstreut worden sei. Im Jahre 1987 hätten 3 Mitglieder der militanten armenischen Bewegung namens "Asala" den Flughafen von Ankara überfallen, wobei einer der Angreifer erschossen worden sei, ein zweiter sei aufgrund einer Gerichtsverhandlung hingerichtet worden, ein dritter sei entkommen. Die Medien hätten diesen Vorfall zum Anlaß genommen, die "Asala" als "militärischen Arm der TKPML" dazustellen, was jedoch in keiner Weise der Wahrheit entsprochen habe. Durch diesen Vorfall und die herrschende Meinung in der Türkei sei seitens der Polizeibehörden zunehmend auch auf den Beschwerdeführer selbst Druck ausgeübt worden. Noch im Jahre 1987 sei ihm über seinen Antrag die Ausstellung eines Reisepasses verweigert worden, weil er sich propagandistisch betätigt habe und damit gegen im einzelnen genannte Bestimmungen des Türkischen Strafgesetzbuches verstoßen habe. Die Staatspolizei habe ihm jedoch nahegelegt, andere Türken armenischer Abstammung auszuspionieren. 1992 habe der türkische Staatspräsident Özal die politischen Aktivitäten politisch Andersdenkender amnestiert, auch er sei unter diese Amnestie gefallen. Aus diesem Grunde habe er 1992 auch einen Reisepaß ausgestellt erhalten. Er hätte auch die Türkei verlassen können, habe dies aber zu diesem Zeitpunkt nicht gewollt, weil es innerhalb der Partei Spannungen zwischen dem Ost- und dem Westflügel gegeben habe, wobei er bestrebt gewesen sei, die Spaltungstendenzen zwischen beiden Gruppierungen zu beseitigen, was ihm jedoch nicht gelungen sei. Da die Spaltung der Partei nicht mehr zu verhindern gewesen sei, der Beschwerdeführer für die Partei, für die er einen Großteil seines Lebens hingegeben habe, nichts mehr habe tun können und er andererseits zunehmendem Druck der Polizeibehörden ausgesetzt gewesen sei, habe er sich zum Verlassen seines Heimatlandes entschlossen. Im übrigen habe die türkische Regierung ab dem 10. Juli 1994 eine "strenge Operation" gegen die TKPML begonnen.
Auf die Frage, warum er nicht in den Ländern seiner Durchreise, nämlich Bulgarien, Rumänien, Ungarn und der Ukraine, um Asyl angesucht habe, antwortete der Beschwerdeführer, er habe nicht gewußt, daß man dort um Asyl ansuchen könne und zu dem vernommen, daß türkische Asylwerber unverzüglich wieder in die Türkei rückabgeschoben würden.
Mit Bescheid vom 17. August 1994, dem Beschwerdeführer noch am selben Tag zugestellt, wies das Bundesasylamt seinen Antrag auf Asyl im wesentlichen mit der Begründung ab, ihm fehle die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991, im übrigen sei er auch im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 bereits in anderen Ländern, nämlich in Bulgarien, Rumänien, der Ukraine und Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides) und ausgesprochen, daß ihm der befristete Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1991 bis zum 20. März 1995 bewilligt werde (Spruchpunkt II).
Offenbar ausschließlich gegen den Spruchpunkt I dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde verneinte die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers mit der Begründung, die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Vorgänge der Jahre 1977, 1980 und 1987 stünden in keinem zeitlichen Naheverhältnis mehr zu seiner Ausreise aus dem Heimatland (August 1994), die bloße Behauptung, er sei aufgrund seiner Mitgliedschaft bzw. Tätigkeit für die TKPML zunehmenden Druck seitens der staatlichen Polizeibehörden ausgesetzt gewesen, sei zu unsubstantiiert, um seine Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Asylgesetz 1991 zu indizieren, weil er im gesamten Asylverfahren in diesem Zusammenhang keinerlei individuell, konkret seine Person betreffende Beeinträchtigung habe anführen können. Darüber hinaus nahm die belangte Behörde ebenfalls Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 in Bulgarien, Rumänien und Ungarn an.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bekämpft der Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde, ihm käme die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 nicht zu. Er macht in diesem Zusammenhang geltend, die belangte Behörde sei in keiner Weise auf die von ihm geltend gemachten Fluchtgründe eingegangen. Alleine der Tatsache seiner armenischen Nationalität wäre erhöhte Gewichtung zuzulegen gewesen, insbesondere auf Grund seiner Mitgliedschaft bei einer illegalen Organisation, die - würde sie erwiesen - zu langjährigen Gefängnisstrafen, verbunden mit Folter und Mißhandlungen hätten führen können. Gerade im Zusammenhang mit den bereits erfolgten Verhaftungen habe sich der Beschwerdeführer tatsächlich in großer Gefahr befunden, selbst (wieder) verhaftet und gefoltert zu werden. Eine Hinterfragung der Ideologie und Ansichten des Beschwerdeführers hätte nicht nur seine Glaubwürdigkeit erhöht, sondern hätte auch die Asylgründe in voller Tragweite zutage gebracht. Diesbezüglich sei die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen hat, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit allein die Flüchtlingseigenschaft nicht begründen kann (vgl. Steiner, Österreichisches Asylrecht, Ausgabe 1990, Seite 30 und die dort angegebene Judikatur). Insoweit der Beschwerdeführer diesen Umstand im Zusammenhang mit den in der Vergangenheit liegenden, auf der politischen Gesinnung des Beschwerdeführers beruhenden Haftzeiten und Mißhandlungen als "verstärkendes Element" heranzieht, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Der belangten Behörde ist auch darin beizupflichten, daß die vom Beschwerdeführer konkret genannten, gegen ihn selbst gerichteten Handlungen von Staatsorganen, denen allenfalls Verfolgungsqualität zuzuerkennen gewesen wäre, mangels eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges mit seiner Ausreise aus seinem Heimatland keine Asylrelevanz mehr aufweisen, zumal der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren ja angegeben hat, im Jahre 1992 unter die allgemeine Amnestie gefallen zu sein und seither infolge der nicht aufzuhalten gewesenen Spaltung der Partei nichts mehr für diese habe tun können, was dahin verstanden werden muß, daß er ab diesem Zeitpunkt seine politischen Aktivitäten eingestellt hat. Damit wäre aber auch der von ihm behaupteten "großen Gefahr", selbst verhaftet und gefoltert zu werden, der Boden entzogen. Daß er seit 1992 konkreten Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen wäre, ergibt sich aus seiner Darstellung nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen, es obliegt daher dem Asylwerber, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. zuletzt hg. Erkenntnis vom 24. April 1995, Zl. 94/19/1415 und die dort angegebene Judikatur). Insofern der Beschwerdeführer nunmehr der belangten Behörde eine Verletzung der Ermittlungspflicht vorwirft, ist darauf zu verweisen, daß auch im Rahmen des § 16 AsylG 1991 die belangte Behörde nur dort und in dem Rahmen eine amtswegige Ermittlungspflicht trifft, als in den Angaben des Asylwerbers konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen asylrechtlicher relevanter Umstände enthalten sind. Hinsichtlich des im vorliegenden Fall zu prüfenden Zeitraumes ab dem Jahre 1992 (d.h. ab der Amnestie) enthalten die Angaben des Beschwerdeführers jedoch keinerlei konkrete diebezügliche Hinweise. Im übrigen hat die belangte Behörde den Angaben des Beschwerdeführers Glaubwürdigkeit nicht abgesprochen.
Hat die belangte Behörde jedoch zu Recht bereits das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 verneint, kommt es auf die Beantwortung der Frage der "Verfolgungssicherheit" im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 nicht mehr an.
Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde können daher unbeantwortet bleiben.
Da sich aus den dargelegten Gründen die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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