VwGH 94/16/0236

VwGH94/16/023631.5.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der H-KG in S, vertreten durch die A in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 5.9.1994, Zl. 3-Gem-987/2/93, betreffend Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Feldkirchen in Kärnten), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §311;
FAGNov 1991 Art2 Abs3;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §12;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §9 Abs1;
LAO Krnt 1991 §151 Abs1;
LAO Krnt 1991 §236;
BAO §311;
FAGNov 1991 Art2 Abs3;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §12;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §9 Abs1;
LAO Krnt 1991 §151 Abs1;
LAO Krnt 1991 §236;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die zunächst Getränkeabgabenerklärungen eingereicht hatte, gab am 28.8.1990 der mitbeteiligten Stadtgemeinde bekannt, daß eine Kundenbefragung einen Anteil von 55 % an auswärtigem Verbrauch ergeben hätte. Sie kündigte in diesem Zusammenhang eine entsprechende Kürzung der Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer an, ersuchte um Fristverlängerung für die Abgabe berichtigter Steuererklärungen und begehrte Rückzahlung der zuviel bezahlten Steuern. Am 30.1.1991 reichte sie um den geltend gemachten auswärtigen Verbrauch korrigierte, berichtigte Getränkeabgabe-Jahreserklärungen für die Jahre 1988 bis 1990 ein und beantragte die Rückzahlung des daraus sich ergebenden Guthabens.

Daraufhin erließ die mitbeteiligte Stadtgemeinde am 5.8.1991 einen Bescheid, womit sie für die Jahre 1990 und 1991 einen auswärtigen Verbrauch von 38 % anerkannte. Nicht anerkannt wurden die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten höheren Prozentsätze sowie der Außerortverbrauch für die Jahre 1988 und 1989.

Dieser Bescheid wurde auf Grund einer von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 4.12.1991 wieder aufgehoben. Die Berufungsvorentscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Mit Erledigung vom 5.2.1992 informierte der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei die Beschwerdeführerin von der durch die FAG-Novelle, BGBl. Nr. 693/1991, geänderten Rechtslage.

Am 23.11.1992 beantragte die Beschwerdeführerin den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über ihren offenen Antrag auf den Stadtrat der mitbeteiligten Partei. Dieser gab daraufhin mit Bescheid vom 4.5.1993 dem Devolutionsantrag statt, wies aber den Sachantrag unter Hinweis auf Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 693, als unbegründet ab.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde. Diese wies die Vorstellung als unbegründet ab und vertrat ebenfalls die Meinung, die seit 28.12.1991 in Kraft und im Verfassungsrang stehende Bestimmung der FAG-Novelle 1991 stünde der beantragten Berücksichtigung des auswärtigen Verbrauches entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Aufhebung des mit Vorstellung angefochtenen Bescheides des Stadtrates der mitbeteiligten Partei und damit in ihrem Recht auf Berücksichtigung auswärtigen Verbrauches für die beantragten Jahre verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen jeweils die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt und Kostenersatz angesprochen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß den insoweit gleichlautenden Bestimmungen des § 9 Abs. 1 des Kärntner GetränkeabgabeG 1978, LGBl. Nr. 94, bzw. des § 12 des gleichnamigen, seit 1.1.1992 in Kraft stehenden Gesetzes LGBl. Nr. 94/1992 besteht die Verpflichtung des Abgabenschuldners, fristgerecht eine Erklärung über die sich im Erklärungszeitraum ergebenden abgabenpflichtigen Entgelte und den sich daraus ergebenden Getränkeabgabenbetrag einzureichen und die Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 151 Abs. 1 der Kärntner LAO, LGBl. Nr. 128/1991, ist, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabenpflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabenpflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterläßt, oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefaßt erfolgen.

Der im Verfassungsrang stehende und seit 28.12.1991 in Kraft befindliche Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 693 bestimmt:

"Eine Neufestsetzung der Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken gemäß § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, oder § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG 1989 auf Grund der Unrichtigkeit der Selbstbemessung gemäß den Vorschriften der Landesabgabenordnungen unterbleibt, soweit diese Unrichtigkeit damit begründet wird, daß die Abgabenerklärung auch jenes Speiseeis und jene Getränke erfaßt, die nicht in der Gemeinde verbraucht wurden, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden."

Der Finanzausschuß begründete die Einführung der vorstehenden Bestimmung wie folgt (vgl. 356 der Beil z d sten. Prot NR XVIII. GP):

"Ein außerordentliches, die Gemeinden geradezu überforderndes Problem stellen die unzähligen, in den letzten Monaten und Wochen einlangenden Anträge von Supermärkten dar, in denen die Rückzahlung der gesamten oder zumindest eines Großteils der in den letzten Jahren von den Konsumenten eingehobenen und an die Gemeinden abgeführten Getränkesteuer beantragt wird, wobei es den Gemeinden auf Grund ihrer beschränkten Verwaltungskapazität schwer fällt, zu beweisen, wie viele der verkauften Getränke nun im Gemeindegebiet verbraucht worden sind. Mit der in Art. II § 2 Abs. 3 enthaltenden Bestimmung wird daher normiert, daß eine Festsetzung der Abgaben ab dem Inkrafttreten dieser Bestimmung, also dem Tag nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, nicht zu erfolgen hat, wenn sich die behauptete Unrichtigkeit aus dem Verbrauch außerhalb des Gemeindegebiets ergibt. Diese Bestimmung bedeutet allerdings nicht, daß rückwirkend oder auch ab deren Inkrafttreten für die nicht im Gemeindegebiet verbrauchten Getränke Getränkesteuer zu bezahlen wäre, sondern erfaßt nur die bereits an die Gemeinden abgeführten Steuererträge."

Zunächst ist die Beschwerdeführerin mit ihrem wiederholt ins Treffen geführten und die Position der Beschwerde durchaus bestimmenden Argument, ihr sei im Wege des Bescheides vom 5.8.1991 für die Jahre 1990 und 1991 ein Außerortverbrauch von immerhin 38 % zugestanden worden, darauf zu verweisen, daß der genannte Bescheid - wie die Beschwerdeführerin selbst an anderem Ort mehrfach betont - nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, weil er auf Grund eines von der Beschwerdeführerin erhobenen Rechtsmittels aufgehoben wurde. Dieser Bescheid vermochte somit weder den Stadtrat der mitbeteiligten Partei bei seiner Entscheidung vom 4.5.1993 noch die belangte Behörde bei ihrer Vorstellungsentscheidung in irgendeiner Weise zu binden, noch läßt dieser Bescheid (wie unten noch näher dargelegt werden wird) den von der belangten Behörde überprüften Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Partei als Rechtsmittelbescheid erkennen.

In der Hauptsache sucht die Beschwerde eine Anwendung des Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Novelle 1991 auf ihren Fall mit dem Hinweis zu vermeiden, sie habe bereits vor dem Inkrafttreten der in Rede stehenden Bestimmung die Unrichtigkeit der Selbstbemessung zufolge Außerortverbrauchs dargetan; dazu seien dann (ebenfalls noch vor dem 28.12.1991) der erstinstanzliche Bescheid vom 5.8.1991 und die Berufungsvorentscheidung vom 4.12.1991 ergangen. Von einer "Neufestsetzung" iS der zitierten Bestimmung der FAG-Novelle 1991 könne daher keine Rede sein, weil darunter nur eine nach dem Inkrafttreten der Novelle ergehende erstinstanzliche Entscheidung zu verstehen sei, nicht aber ein Berufungsbescheid.

Diesen (und den im Rahmen verschiedener Interpretationsversuche angestellten weitwendigen) Beschwerdeausführungen ist entgegenzuhalten, daß der aus den oben wiedergegebenen Materialien der FAG-Novelle 1991 eindeutig ersichtliche Wille des Verfassungsgesetzgebers dahin ging, angesichts unzähliger, vor Inkrafttreten der Novelle gestellter Anträge die betroffenen Gemeinden von einem sie evident überfordernden Problem zu befreien. Daraus folgt aber, daß die Bestimmung des Art. II § 2 Abs. 3 der Novelle insbesondere auch auf Fälle wie den vorliegenden anzuwenden war und ist, in denen (gestützt auf die Behauptungen des Außerortverbrauches) die Unrichtigkeit der Selbstbemessung schon vor dem Inkrafttreten der Novelle behauptet worden war. Dazu kommt, daß im vorliegenden Fall der von der belangten Behörde bestätigte Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Partei gar kein Berufungsbescheid, sondern ein im Devolutionsweg erwirkter und somit eine einem erstinstanzlichen Bescheid gleichzuhaltende Entscheidung war (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5 Rz. 647 letzter Absatz mwN; Ritz, BAO-Kommentar Rz. 35 zu § 311 BAO; Stoll, BAO Kommentar III 3012 letzter Absatz).

Der Stadtrat der mitbeteiligten Partei hat sohin im Wege der am 4.5.1993 nach Stattgebung der Devolution erstinstanzlich getroffenen Sachentscheidung - unter Zugrundelegung der zunächst im Wege der Einreichung der Abgabenerklärung als festgesetzt anzusehenden Abgaben (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 5.4.1991, Zl. 87/17/0136 und vom 23.4.1993, Zl. 91/17/0168) - die von der Beschwerdeführerin am 28.8.1990 begehrte "Neufestsetzung" der Abgabe wegen Unrichtigkeit der Selbstbemessung zufolge geltend gemachten Außerortverbrauch zu Recht abgelehnt, weil dem Begehren der Beschwerdeführerin Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Novelle 1991 entgegenstand. Aus demselben Grund haftet auch dem angefochtenen Vorstellungsbescheid der belangten Behörde die behauptete Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nicht an.

Da schließlich auch die von der Beschwerdeführerin zu Unrecht als Bescheid qualifizierte Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 5.2.1992 - wie sich aus dem hg. Erkenntnis vom 27.4.1995, Zl. 92/17/0288 ergibt - keine res-iudicata-Wirkung entfalten konnte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994, wobei allerdings der belangten Behörde Kosten nur im Rahmen des von ihr ziffernmäßig konkretisierten Begehrens zuzuerkennen waren (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 703 vorletzter Absatz referierte hg. Judikatur).

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