Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 22. März 1994 hat das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz das Finanzstrafverfahren gegen die Beschwerdeführerin eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, sie habe im Zeitraum September 1989 bis Mai 1990 im Bereich des Zollamtes Wien vorsätzlich Sachen, die zugleich Gegenstände des Tabakmonopols sind, nämlich mindestens 12.000 Stück Zigaretten der Marke "Marlboro light", "Stuyvesant", "HB", "Marlboro" und "Ernte 23" hinsichtlich derer zuvor von bislang unbekannt gebliebenen Personen die Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach den §§ 35 Abs. 1 und 44 Abs. 1 lit. c FinStrG und von Eva D die Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgaben- und Monopolhehlerei nach den §§ 37 Abs. 1 lit. a und 46 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen wurden, in Kenntnis dieser Herkunft gekauft bzw. sonst an sich gebracht und hiemit ein Finanzvergehen nach den §§ 37 Abs. 1 lit. a und 46 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen.
In der dagegen erhobenen Administrativbeschwerde bestritt die Beschwerdeführerin nicht, Zigaretten der Marke "Marlboro light" und "Stuyvesant", wohl aber Zigaretten der weiteren genannten Marken angekauft zu haben. Sie habe aber nicht gewußt, woher die Person, von der sie die Zigaretten angekauft hatte, diese tatsächlich bezogen habe. Abschließend brachte die Beschwerdeführerin noch vor:
"Darüberhinaus bitte ich um Herstellung einer Aktenabschrift und Übersendung an meinen rechtsfreundlichen Vertreter zwecks allfälliger Abgabe einer abschließenden Stellungnahme und Inanspruchnahme von Frau ... ."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde als unbegründet ab und führte aus, die Beschwerdeführerin habe im Zeitraum 1. Februar 1989 bis Mai 1990 ingesamt 3 Lieferungen von Zigaretten erhalten und diese an Bekannte weiterverkauft. Im September 1989 habe sie nach ihren eigenen Angaben 10 bis 12 Stangen Zigaretten der Marken "Marlboro light" und "Stuyvesant" erhalten, weiters zu Weihnachten 1989 10 bis 12 Stangen derselben Marken und schließlich habe sie am 17. oder 18. Mai 1990 über Herrn B 15 Stangen "Marlboro light" erhalten. Hinsichtlich der Menge der Tatgegenstände sei jedoch auch auf die Angaben von Frau D anläßlich der fortgesetzten Verdächtigenvernehmungen vor dem Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom 29. August 1990 Bedacht zu nehmen gewesen, wonach die Beschwerdeführerin von ihr zumindest 60 Stangen (= 12.000 Stück) Zigaretten der im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Marken übernommen habe. Sohin bestehe der Tatverdacht in diesem Umfang zu Recht, zumal nach dem bisherigen Akteninhalt nichts dafür spreche, daß sich Frau D durch überhöhte Mengenangaben der Wahrheit widersprechend selbst unnötig belastet habe. Demgegenüber sei festzustellen, daß die Finanzstrafbehörde erster Instanz bislang das Eingeständnis der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer Verdächtigenvernehmung vom 24. Juli 1990, sie habe auch von Herrn B 15 Stangen Zigaretten der Marke "Marlboro light" erhalten, unberücksichtigt gelassen habe. Zur subjektiven Tatseite sei auszuführen, daß die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer Vernehmung vorgebracht habe, sich bei der Übernahme der Tabakwaren "nichts weiteres gedacht" zu haben, wobei sie aber gewußt habe, daß die Zigaretten "in der Trafik teurer" seien, und daß es sich bei den gegenständlichen Waren um ausländische Zigaretten gehandelt habe. Im Lichte dieser Ausführungen bestehe also auch der hinreichende Verdacht, die Genannte habe es zumindest erstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß die Tabakwaren aus einem Schmuggel und einem vorsätzlichen Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols stammten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 82 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 leg. cit. zugekommenen Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt sich, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung des Strafverfahrens hat sie unter anderem dann abzusehen, wenn die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann oder der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat.
Es ist daher zu prüfen, ob die belangte Behörde die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG sich stellende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens dem Gesetz entsprechend beantwortet hat.
Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Verdächtigten genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung. Er ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1992, Zl. 92/15/0061).
Von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird, daß sie einen Teil der ihr angelasteten Menge an Zigaretten tatsächlich gekauft hat. Der genaue Umfang der tatsächlich von ihr erworbenen Waren wird im Ermittlungsverfahren noch festzustellen sein. Wenn die belangte Behörde auf Grund der Aussagen der Beschwerdeführerin in subjektiver Hinsicht geschlossen hat, es bestehe der begründete Verdacht, sie habe es zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß die Tabakwaren aus einem Schmuggel und einem vorsätzlichen Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols stammten, erweist sich dies nicht als rechtswidrig. Im übrigen vermochte die Beschwerdeführerin diesen Feststellungen im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde nichts entgegenzuhalten.
Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf der Beschwerdeführerin, sie sei in ihrem Recht, sich vom Akteninhalt Kenntnis zu verschaffen und eine darauf aufbauende abschließende Stellungnahme zu erstatten, verletzt worden, ist nicht berechtigt.
Nach § 79 Abs. 1 des im Finanzstrafverfahren anzuwendenden FinStrG - und nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, des VStG und AVG (die diesbezüglichen Beschwerdebehauptungen gehen daher ins Leere) - hat die Finanzstrafbehörde dem Beschuldigten und dem Nebenbeteiligten in jeder Lage des Verfahrens und nach dessen Abschluß die Einsicht- und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer finanzstrafrechtlichen oder abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung solcher Pflichten erforderlich ist; sie kann ihnen stattdessen auch Abschriften (Ablichtungen) ausfolgen.
Die Beschwerdeführerin hat die persönliche oder durch ihren Vertreter vorzunehmende Akteneinsicht oder die Abschriftnahme von Akten oder Aktenteilen im Administrativverfahren gar nicht begehrt. Zur von der Beschwerdeführerin begehrten Herstellung und Übersendung von Kopien oder einer Aktenabschrift ist die Behörde jedoch nicht verpflichtet (vgl. Erkenntnis vom 1. Oktober 1991, Zl. 91/14/0096). Die Behauptung, die Beschwerdeführerin sei in ihrem Recht, sich vom Akteninhalt Kenntnis zu verschaffen, verletzt worden, erweist sich somit als haltlos.
Da die dem angefochtenen Bescheid angelasteten Rechtswidrigkeiten nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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