VwGH 94/15/0035

VwGH94/15/003525.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des Ing. W in Y, vertreten durch die Dr. A Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIII) vom 23. Dezember 1993, Zl. 6/4-4339/91-03, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuermeßbeträge für die Jahre 1985 bis 1988, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §20;
B-VG Art130 Abs2;
EStG 1972 §4 Abs2;
BAO §20;
B-VG Art130 Abs2;
EStG 1972 §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht in Streit, "ob bei einer trotz Gewinnes nicht geltend gemachten Investitionsrücklage" einer Bilanzänderung auf der Rechtsgrundlage des § 4 Abs. 2 EStG 1972 abgabenbehördlich zugestimmt werden muß, wenn der Gewinn nach einer Betriebsprüfung wesentlich erhöht wird.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Zustimmung zur Bilanzänderung im wesentlichen mit der Begründung versagt, das Begehren des Beschwerdeführers verfolge ausschließlich bzw. überwiegend das Ziel, Steuernachforderungen auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung auszugleichen. Ein durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gedeckter wirtschaftlicher Grund für die Zustimmung zur Bilanzänderung sei trotz des durchgeführten Vorhalteverfahrens nicht erkennbar. Auch im Hinblick darauf, daß andernfalls auf grobe Buchführungsmängel zurückzuführende Gewinnverschiebungen kompensiert würden, erscheine die abgabenbehördliche Zustimmung zur Bilanzänderung nicht zweckmäßig. Ferner stelle der Umstand, daß die Bildung einer Investitionsrücklage wegen bestehender Verlustvorträge unterlassen worden sei, keinen wirtschaftlichen Grund für die Zustimmung zu einer Bilanzänderung dar. Insgesamt halte sich daher die Entscheidung unter Berücksichtigung von Billigkeit und Zweckmäßigkeit und aller sonst im Beschwerdefall gegebenen Umstände im Rahmen des der Abgabenbehörde zustehenden Ermessens.

Die Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 EStG 1972 hat der Steuerpflichtige die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt zu berichtigen, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes nicht entspricht. Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur mit Zustimmung des Finanzamtes, im Rechtsmittelverfahren mit Zustimmung der Rechtsmittelbehörde zulässig.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Ermessensentscheidung zugunsten des Steuerpflichtigen vor allem gerechtfertigt, wenn stichhaltige, im Unternehmen, das den Gegenstand der Bilanzierung bildet, gelegene wirtschaftliche Gründe für die Bilanzänderung sprechen. Demgegenüber wird eine Bilanzänderung insbesondere dann zu Recht versagt, wenn dadurch in erster Linie Steuernachforderungen auf der Basis entsprechender Berichtigungen der Besteuerungsgrundlage ausgeglichen werden sollen. Auf Grund des der Abgabenbehörde eingeräumten Ermessens obliegt es dem Verwaltungsgerichtshof in Fällen dieser Art ausschließlich zu prüfen, ob die Abgabenbehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hat, oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmißbrauches - nicht der Fall gewesen ist (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1992, Zl. 90/13/0053, m.w.N.).

Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht im Beschwerdefall trotz der in der Beschwerde enthaltenen Hinweise auf eine "wesentlich großzügigere Haltung des BFH", auf die für spätere Zeiträume durch das EStG 1988 geänderte Gesetzeslage und auf für die Zeit davor ausgewertete Kommentarmeinungen keinerlei Anlaß. Da die Beschwerde auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel aufzeigt, mußte sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung konnte im Hinblick darauf, daß die strittige Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt ist, gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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