VwGH 94/10/0063

VwGH94/10/006323.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde 1.) des B S und 2.) der M S in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Y, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 19. Jänner 1994, Zl. 18.341/32-IA8/93, betreffend Waldfeststellung, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §4 Abs1;
ForstG 1975 §5 Abs1 lita;
ForstG 1975 §5 Abs2;
ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §4 Abs1;
ForstG 1975 §5 Abs1 lita;
ForstG 1975 §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. Februar 1993 stellte die Bezirkshauptmannschaft Schärding fest, daß die Grundstücke Nr. 263/3 und 264/4, KG O, zur Gänze sowie die Grundstücke Nr. 255/4 und 255/1, KG O, teilweise Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 (FG) sind.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Der Landeshauptmann von Oberösterreich gab der Berufung mit Bescheid vom 29. Oktober 1993 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß im Hinblick auf die erfolgte Teilung des Grundstückes 255/4 in die Grundstücke 255/4 und 255/10, je KG O, das Grundstück 255/10 zusätzlich in die Waldfeststellung einbezogen wurde.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Mit Bescheid vom 19. Jänner 1994 wies die belangte Behörde

die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung wird ausgeführt, das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte forstfachliche Amtssachverständigengutachten habe ergeben, daß als Wald im Sinne des Forstgesetzes das Grundstück Nr. 255/4, KG O, mit Ausnahme einer Fläche von 350 m2 anzusehen sei, sowie die gesamten Grundstücke 263/3 und 264/4 derselben KG sowie der Ostteil des Grundstückes 255/1, wobei diese zusammenhängenden Grundflächen laut Gutachten insgesamt das Ausmaß von 1.000 m2 bei weitem überschritten. Aus den vorgelegten Luftbildern ergebe sich, daß auf Grund der Lage dieser Grundflächen auch die geforderte durchschnittliche Breite von 10 m überschritten werde. Die Feststellungen dieses Gutachtens seien im zweitinstanzlichen Verfahren insofern zu modifizieren gewesen, als auf Grund der Teilung des Grundstückes Nr. 255/4 in Nr. 255/4 und 255/10 somit diese beiden Grundflächen mit Ausnahme einer Fläche von 350 m2 zu den als Wald im Sinne des FG beschriebenen Flächen zu zählen seien. Ein von den Beschwerdeführern vorgelegtes Gegengutachten habe diese Feststellungen nicht zu widerlegen vermocht; auch sei in zweiter Instanz ein weiteres Amtssachverständigengutachten eingeholt worden, welches auf Grund von Luftbildern, Aktenunterlagen sowie eines Lokalaugenscheines erstellt worden sei und dem erstinstanzlichen Gutachten hinsichtlich des Ausmaßes der Grundflächen jedenfalls nicht widerspreche. Zur Frage, ob die Grundflächen innerhalb der letzten 15 Jahre zu irgendeinem Zeitpunkt mit Bewuchs bestockt gewesen seien, der zu mehr als 3/10 das Hiebsunreifealter überstiegen oder eine Überschirmung von 5/10 aufgewiesen habe, hätten sich beide Gutachten auf vorgelegte Luftbildaufnahmen aus den Jahren 1990 und 1991 stützen müssen, da die streitgegenständlichen Grundflächen zur Zeit auf Grund von Baumentnahmen nicht mehr dem damaligen Zustand entsprächen. Auf Grund dieser Luftbildaufnahmen sei im erstinstanzlichen Gutachten festgestellt worden, daß eine Überschirmung von mehr als 3/10 der Fläche mit hiebsreifem Bewuchs vorhanden gewesen sei, weil es sich um raschwüchsige Baumarten handle, die in 20 oder weniger Jahren das Hiebsreifealter erreichten. Das Gutachten stütze sich dabei auf die Hiebsreifeverordnung, in welcher festgelegt sei, daß die auf den Grundflächen überwiegend vorkommenden Baumarten Birke, Esche, Weide, Pappel und Robinie eine geringere Hiebsreife als 60 Jahre aufwiesen. Es sei festgestellt worden, daß der gesamte Bewuchs aus Naturverjüngung hervorgegangen sei. Aus all dem sei im erstinstanzlichen Gutachten auch die Schlußfolgerung gezogen worden, daß die Flächen niemals als Park gestaltet worden seien, weil der Baumbestand selbst - abgesehen von einem Kastanienbaum - lediglich durch Naturverjüngung ohne Gestaltungsmaßnahmen entstanden sei. Ein von Menschenhand angelegter kleiner Fußsteig sowie diverse Bankerln seien im Sachverständigengutachten dem Begriff der "Erholungswirkung des Waldes" zugeordnet worden und nicht dem Begriff eines Parks. Auch das im zweitinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten sei zu dem Schluß bekommen, daß aus forstfachlicher Sicht der vorliegende Bewuchs als eine den Standortbedingungen entsprechende, natürlich hervorgegangene überwiegende Pionierbestockung anzusprechen sei, die vom Aufbau der Bestockung keine Unterscheidungsmerkmale zu forstrechtlichen Neubewaldungen auf ähnlichen Standorten aufweise, weshalb von parkähnlichem Bewuchs nicht die Rede sein könne. Im zweitinstanzlichen Amtssachverständigengutachten sei betreffend die Überschirmung festgehalten worden, daß auf den Luftbildern der Jahre 1990/91 die Überschirmung der gesamten Fläche mit Ausnahme einer Enklave von 350 m2 mit forstlichem Bewuchs rund 8 bis 9/10 erreicht habe, weshalb selbst die Frage der Hiebsreife nicht mehr von Bedeutung sei (§ 4 Abs. 1 FG); weiters sei auch hier festgestellt worden, daß von einem parkmäßigen Aufbau nicht die Rede sein könne, sowie daß sich das abgelagerte Granitmaterial in seiner Eigenschaft nicht von einer Steinbruchabraumdeponie unterscheide, die durch natürlichen Anflug selbsttätig in den Naturhaushalt integriert worden sei und wo die Bestockung sich im Wege der natürlichen Sukzession ohne menschliche Steuerungseingriffe habe entwickeln können.

Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde seien die Punkte strittig geblieben, ob es sich um einen parkmäßigen Aufbau handle und ob auf einem ehemaligen Granitsteinlager überhaupt Wald entstehen könne.

Hinsichtlich des parkmäßigen Aufbaues sei festzustellen, daß die Tatsache, daß die Granitsteine von Hand geformt sein mögen, eine völlig andere Bedeutung habe, als das FG für den parkmäßigen Aufbau fordere, wonach unter Zuhilfenahme verschiedener Gestaltungsmittel ein Landschaftsgarten angelegt werden müsse, was jedoch - wie die beiden forstfachlichen Amtssachverständigen einhellig festgestellt hätten - im vorliegenden Fall nicht geschehen sei, da der Bewuchs durch Naturverjüngung zustandegekommen sei.

Dem Hauptargument der Beschwerdeführer, daß auf abgelagerten Granitsteinen, die von Menschenhand geformt seien und daher ein Warenlager darstellten, niemals Wald entstehen könne, weil es sich nicht um Grundflächen im Sinne des FG handle, sei entgegenzuhalten, daß das FG bei seiner Definition von Grundflächen in erster Linie davon ausgehe, daß diese Grundflächen überhaupt dazu geeignet sein müßten, das Aufkommen von forstlichem Bewuchs zuzulassen. Daß dies der Fall sei, werde auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 12. März 1994, B 393/94, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren haben die Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung erstattet, in welcher sie dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorwerfen.

Die Beschwerdeführer bringen vor, es hätte gar kein Feststellungsverfahren nach § 5 FG eingeleitet werden dürfen, da keine bestockte Grundfläche vorliege, sondern eine Lagerfläche für Produkte der Granit-Industrie. Der Bewuchs befinde sich nicht auf einer Grundfläche, sondern auf vorübergehend gelagerten, von Menschenhand erzeugten Produkten der Granitindustrie. Wegen der Nutzung der Fläche, die ursprünglich Wiesenboden gewesen sei, als Granitprodukte-Lager habe noch nie ein Baum auf der Grundfläche stocken können.

Aber selbst wenn ein Feststellungsverfahren durchgeführt worden sei, hätte dieses nur mit der Feststellung enden dürfen, daß die in Rede stehenden Flächen nicht Wald im Sinne des FG seien. Die zivilrechtliche Einordnung des Bruchsteinlagers sei unterblieben. Die Behörde habe forstfachliche Sachverständige mit Befund, Gutachten und Stellungnahme befaßt, nicht aber selbst einen Lokalaugenschein durchgeführt. Es sei auch unterlassen worden, einen Sachverständigen aus dem Bauwesen, Steinmetzwesen oder Baustoff- bzw. Steinhandel zur Begutachtung der Granitprodukteigenschaft dieses Granit-Bruchstein-Lagers zu bestellen. Eine solche Begutachtung hätte auch ergeben, daß es sich um bewegliche Umsatzware und keinesfalls um eine wertlos Ablagerung handle. Aber auch der forstfachliche Amtssachverständige des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung habe das Granit-Bruchstein-Lager als eines mit erheblichem Wert bezeichnet. Aus der Bejahung der Produkteigenschaft sei der zwingende Schluß auf eine darunterliegende Lagerfläche, die nicht bestockte Grundfläche für einen Wald sein könne, zu ziehen. Ein Baumbewuchs allein begründe noch keinen forstrechtlichen Waldboden als Voraussetzung für eine bestockte Grundfläche im Sinne des § 1 ForstG.

Auch zur Frage der Überschirmung oder zur Beurteilung eines etwaigen durch die lange Lagerung entstandenen parkmäßigen Bewuchsaufbaues seien weder Vermessung noch Ortsaugenschein von der Behörde durchgeführt worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bestehen Zweifel, ob eine Grundfläche Wald ist, so hat nach § 5 Abs. 1 lit. a FG die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.

Stellt die Behörde fest, daß die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen 15 Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie nach § 5 Abs. 2 FG mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.

Nach § 1 Abs. 1 FG sind Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

Nach § 1 Abs. 4 lit. d FG gelten nicht als Wald im Sinne des Abs. 1 bestockte Flächen geringeren Ausmaßes, die infolge des parkmäßigen Aufbaues ihres Bewuchses überwiegend anderen als Zwecken der Waldwirtschaft dienen.

Nach § 4 Abs. 1 FG unterliegen Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, im Falle der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von 10 Jahren ab deren Durchführung, im Falle der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von 5/10 ihrer Fläche, den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

Zwar kann die Lagerung von Steinen auf Waldboden diesen der Waldkultur entziehen. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da sich erst nach der Ablagerung der Granitsteine auf der betreffenden Fläche Wald gebildet hat. Die Tatsache, daß Granitsteine auf den in Rede stehenden Flächen lagerten, hinderte nicht, daß diese Flächen in der Folge durch Aufkommen von forstlichem Bewuchs Wald wurden.

Der Umstand, daß auf den in Rede stehenden Grundstücken Produkte der Granitsteinindustrie lagern und daß der forstliche Bewuchs sich auf diesen Produkten gebildet hat, hindert weder die Durchführung eines Waldfeststellungsverfahrens noch die Feststellung, daß es sich bei diesen Grundstücken um Wald im Sinne des FG handelt, da sich dem FG kein Rechtssatz des Inhalts entnehmen läßt, daß solchen Flächen die Eigenschaft als "Grundfläche" im Sinne der §§ 1, 4 und 5 FG fehlt. Aus dem gleichen Grund ist auch die zivilrechtliche Einordnung des Bruchsteinlagers sowie dessen Wert forstrechtlich unerheblich.

Die belangte Behörde hat, gestützt auf die von den Unterinstanzen eingeholten Amtssachverständigengutachten, schlüssig dargelegt, daß die in Rede stehenden Grundstücke die Kriterien der Waldeigenschaft im Sinne der §§ 1 und 4 FG erfüllen.

Die Beschwerdeführer bringen nichts vor, was geeignet wäre, die Unrichtigkeit dieser Feststellungen darzutun; sie unterlassen es insbesondere, aufzuzeigen, warum es einen Verfahrensmangel darstellen soll, daß keine Vermessung durchgeführt wurde und daß die Behörde nicht selbst einen Ortsaugenschein durchgeführt hat.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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