Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 23. Dezember 1992 war ein Ansuchen des Beschwerdeführers um Widmungsbewilligung für die Grundstücke Nr. 636, Bfl. 245 und Bfl. 81, alle EZ 23, KG W, zu einem Bauplatz mit dem Verwendungszweck der vorgesehenen Bauten "Wohnungen bzw. Postamt" abgewiesen worden. Dies deshalb, weil für den in Aussicht genommenen Bauplatz eine einwandfreie, ausreichende Abwasserbeseitigung betreffend die Niederschlagswässer nicht gesichert und die Ableitung der Dachwässer über den bestehenden Kanal auf dem Nachbargrundstück vorgesehen war, wofür jedoch die Zustimmung des grundbücherlichen Eigentümers dieser Liegenschaft nicht beigebracht wurde und auch kein anderes Projekt eingereicht wurde, obwohl ein diesbezüglicher Verbesserungsauftrag ergangen war. Dieser Bescheid ist in der Folge in Rechtskraft erwachsen.
Am 28. Oktober 1993 langte beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz ein weiteres Ansuchen um Widmungsbewilligung für die Grundstücke Nr. 636, Bfl. 81 und Bfl. 245 in EZ 23 und 498, KG W, ein. Als Verwendungszweck der vorgesehenen Bauten war "Wohn-, Büro- und Geschäftszwecke und Gastronomie" angegeben. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid vom 30. November 1993 gemäß § 68 Abs. 1 AVG mit der Begründung zurückgewiesen, daß sich das im Spruch bezeichnete Ansuchen von dem mit Bescheid vom 23. Dezember 1992 rechtskräftig abgewiesenen nur in dem für die rechtliche Beurteilung in der Hauptsache unwesentlichen Nebenumstand des Verwendungszweckes darin unterscheide, daß nunmehr anstatt "Wohnungen bzw. Postamt" als Verwendungszweck der vorgesehenen Bauten "Wohn-, Büro- und Geschäftszwecke und Gastronomie" angeführt sei; der Verwendungszweck sei aber in keiner Weise kausal für die Abweisung gewesen. Entschiedene Sache liege aber vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, das neue Widmungsansuchen enthalte keinerlei Angaben über die geplante oder beabsichtigte Dachwasserentsorgung oder irgendeinen Hinweis, daß diese über ein Nachbargrundstück oder dgl. zu erfolgen habe. Im gesamten Akt gebe es keine Feststellung hinsichtlich des Abwassers und somit der Prüfung, ob überhaupt Identität der Sachlage gegeben sei, es werde daher ausdrücklich vorgebracht, daß beabsichtigt sei, sämtliche Abwässer einschließlich der Dachwässer über das eigene Grundstück direkt in den öffentlichen Kanal über die M-Straße mittels Pumpe zu entsorgen, somit nicht nur keine entschiedene Sache vorliege, sondern darüber hinaus eine Widmung zu erteilen sei. Während des Berufungsverfahrens legte der Beschwerdeführer Pläne betreffend die Abwasserbeseitigung vor.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, im zweiten Widmungsansuchen sei keine Möglichkeit der Abwasserbeseitigung dargelegt worden, es sei auch nicht die schon im ersten Verfahren fehlende Zustimmungserklärung des Eigentümers der Nachbarliegenschaft beigelegt worden, sodaß die Behörde erster Instanz zu Recht davon ausgegangen sei, daß keine Änderung der Sachlage eingetreten sei. Da der Bewilligungswerber das gleiche Widmungsansuchen nochmals eingereicht habe, ohne als Begründung seines nunmehrigen Antrages eine Änderung des Sachverhaltes zu behaupten, oder die fehlende Zustimmungserklärung vorzulegen, sei das Ansuchen zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Der Behörde zweiter Instanz sei es verwehrt, den erstinstanzlichen Bescheid in eine Sachentscheidung abzuändern und die im Berufungsverfahren vorgelegten Pläne inhaltlich zu überprüfen. Sache und Gegenstand des Berufungsverfahrens sei nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Sollte tatsächlich eine Abwasserentsorgung ohne Inanspruchnahme fremden Grundes möglich sein oder die Zustimmung des Eigentümers erwirkt werden, so müßte neuerlich um Widmung angesucht werden, bereits im erstinstanzlichen Verfahren müßten diese Unterlagen vorgelegt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik zur Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Entschiedene Sache, die im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG zur Zurückweisung des Anbringens führt, liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben. Die Rechtskraft eines Bescheides erfaßt einen Sachverhalt nicht, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert hat (vgl. z.B. die bei Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4.Auflage, zu Nr. 4 sowie 19 ff zu § 68 zitierten Erkenntnisse).
Nun war das am 28. Okober 1993 beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz eingelangten Ansuchen um Widmungsbewilligung mit keinen Plänen belegt, zur Frage der Abwasserentsorgung enthielt das Widmungsansuchen keinerlei Ausführungen. Der Verwendungszweck war gegenüber dem Ansuchen, das mit Bescheid vom 23. Dezember 1992 abgewiesen wurde, geändert. Bei dieser Sachlage durfte aber die Behörde noch nicht Identität der Sache annehmen, weil das am 28. Oktober 1993 eingebrachte Ansuchen eine abschließende Beurteilung des Vorhabens nicht zuließ. Die Behörde hätte vielmehr einen auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Verbesserungsauftrag unter Setzung einer angemessenen Frist erlassen müssen. Sie wäre auch erst bei Vorliegen von Plänen in der Lage gewesen, zu beurteilen, ob tatsächlich Identität der Sache vorliegt. (Das Ansuchen, das dem Bescheid vom 23. Dezember 1992 zugrundelag, war mit einem Widmungsplan des Arch. D.I. N. K. vom 7. Jänner 1992 belegt, in dem der Kanal eingezeichnet war.) Erst ein Vergleich der beiden Pläne hätte eine Beurteilung zugelassen, ob tatsächlich Identität der Anträge vorliegt.
Da die belangte Behörde verkannt hat, daß die Behörde erster Instanz zu Unrecht Identität der Anträge angenommen hat, obwohl die Aktenlage eine abschließende Beurteilung dieser Frage nicht zuließ, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren für die Vergebührung einer nicht erforderlichen Ausfertigung der Beschwerde war abzuweisen.
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