VwGH 94/04/0241

VwGH94/04/024127.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, in der Beschwerdesache des F in M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in M, gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Außenhandelsgesetz, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §10 Abs2;
ZustG §9 Abs1;
AVG §10 Abs2;
ZustG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 6.490,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über die vorliegende Säumnisbeschwerde leitete der Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 21. Dezember 1994 das Vorverfahren ein (§ 35 Abs. 3 VwGG) und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, den versäumten Bescheid binnen drei Monaten zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 2. Jänner 1995 zugestellt. Die zur Nachholung des versäumten Bescheides gesetzte Frist endete somit am 3. April 1995 (Montag).

Mit einer beim Verwaltungsgerichtshof am 3. April 1995 eingelangten Note legte die belangte Behörde eine Ausfertigung des mit 30. März 1995 datierten Bescheides, Zl. 23.540/3-II/A/2/95, dem zufolge die Sachbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen wurden, vor. Über die näheren Umstände der Erlassung dieses Bescheides enthielt die Note der belangten Behörde jedoch keine Angaben.

Über entsprechenden Vorhalt erklärten der Beschwerdeführervertreter (Dr. P) und der zuständige Sachbearbeiter der belangten Behörde (Referent S) übereinstimmend, daß der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegte Bescheid an den im Beschwerdeverfahren ausgewiesenen Vertreter, Rechtsanwalt Dr. P, am 3. April 1995 zugestellt worden ist. Der vom Beschwerdeführervertreter erfragte und nachfolgend der belangten Behörde vorgehaltene Umstand, daß der Beschwerdeführer im der vorliegenden Säumnisbeschwerde zugrundeliegenden Administrativverfahren anwaltlich unvertreten gewesen sei, blieb unwiderlegt. Auch dem (zufolge einer diesbezüglichen Mutmaßung der belangten Behörde) eingesehenen Beschwerdeakt des Verwaltungsgerichtshofes,

Zlen. 93/04/0248, 0249, ist ein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer in dem in Rede stehenden Administrativverfahren anwaltlich vertreten gewesen ist, nicht zu entnehmen.

Vom Verwaltungsgerichtshof zur Äußerung aufgefordert, erklärte der Beschwerdeführer mit Äußerung vom 6. Juni 1995, er sei durch den Bescheid vom 30. März 1995 - den der Beschwerdeführervertreter mit einem Berichtschreiben vom 4. April 1995 an ihn übermittelt habe - klaglos gestellt worden.

Gemäß § 36 Abs. 2, letzter Satz VwGG ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen, wenn der Bescheid fristgerecht erlassen wird. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Beschluß vom 24. September 1975, Zl. 1874/74, unter Hinweis auf Vorjudikatur (ebenso im Beschluß vom 21. November 1985, Zl. 85/16/0067) ausgeführt hat, ergibt sich aus den Bestimmungen des § 36 Abs. 2 VwGG, daß das Verfahren über eine Säumnisbeschwerde nur dann nach der genannten Gesetzesstelle einzustellen ist, wenn die Erlassung des versäumten Bescheides und dessen Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof fristgerecht erfolgten.

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde wohl die fristgerechte Bescheidvorlage vorgenommen, die Erlassung des vorgelegten Bescheides erfolgte jedoch nicht fristgerecht:

In ständiger Rechtsprechung vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß ein Bescheid (im Sinne des § 36 Abs. 2 leg. cit.) nicht schon mit dem Zeitpunkt der Willensbildung der Behörde, sondern erst mit Zustellung (allenfalls durch mündliche Verkündung) an die Partei als "erlassen" zu gelten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1978, Slg. NF Nr. 9558/A, und den hg. Beschluß vom 11. Dezember 1969, Slg. NF Nr. 7694/A). Demnach hätte der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegte Bescheid spätestens am 3. April 1995 an den im Administrativverfahren unvertretenen Beschwerdeführer zugestellt werden müssen, um damit eine fristwahrende Bescheiderlassung zu bewirken. Die an den Beschwerdeführerverteter am letzten Tag der in Rede stehenden Frist erfolgte Zustellung des vorgelegten Bescheides war jedoch mit einem Zustellmangel belastet, weil die in einem Beschwerdeverfahren dem Verwaltungsgerichtshof gegenüber nachgewiesene Bevollmächtigung des Vertreters des Beschwerdeführers nicht zur Folge hat, daß damit auch für die belangte Behörde die Bevollmächtigung im Verwaltungsverfahren nachgewiesen ist (vgl. den hg. Beschluß vom 22. Mai 1986, Zl. 86/02/0046 mit weiterem Judikaturnachweis).

Unterlaufen bei einer Zustellung Mängel, so gilt diese gemäß § 7 Zustellgesetz als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger) tatsächlich zugekommen ist. Dieses, die Heilung der Zustellung bewirkende tatsächliche Zukommen des Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte jedoch unbestrittenermaßen außerhalb der im Beschwerdefall gesetzten Frist des § 36 Abs. 2 VwGG, zumal die belangte Behörde von der ihr offengestandenen Möglichkeit, eine Fristverlängerung zu begehren, vorliegend keinen Gebrauch gemacht hat. Der Beschwerdeführer wurde aber - wie er auch selbst einräumt - hinsichtlich seiner Säumnisbeschwerde klaglos gestellt. Die Säumnisbeschwerde war daher wegen Nachholung des versäumten Bescheides gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG (insbesondere auf den §§ 56, erster Satz und 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG) in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Beschwerdeführer hat einen allgemeinen Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz (§ 59 Abs. 3, letzter Satz VwGG) gestellt, dem zufolge nur tatsächlich entrichtete Stempelgebühren zuzusprechen waren.

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