VwGH 94/03/0066

VwGH94/03/00668.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des G in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 26. Jänner 1994, Zl. VI/4-J-246, betreffend Wildtierhaltung, nach Durchführung einer Verhandlung, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG NÖ 1974 §3 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §3a;
JagdG NÖ 1974 §57 Abs2;
JagdGNov NÖ 1991 6500-8 Art2 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §3 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §3a;
JagdG NÖ 1974 §57 Abs2;
JagdGNov NÖ 1991 6500-8 Art2 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 9.765 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte mit Eingabe vom 30. Juni 1991 der Bezirkshauptmannschaft von einer "bestehenden Wildtierhaltung im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes" (betreffend 11 Stück Damwild, 4 Stück Rotwild, 12 Stück Muffelwild) Meldung gemacht. Mit Bescheid vom 5. Dezember 1991 untersagte in der Folge die Bezirkshauptmannschaft die Haltung von Wildtieren (Rotwild, Damwild, Muffelwild) auf den Parzellen 637/1, 637/2, 637/4, 637/6 und 547/1, je KG P, und erteilte den Auftrag, die Wildtierhaltung bis 9. April 1994 aufzugeben sowie die dazugehörige Einfriedung innerhalb eines Jahres nach der Auflassung der Wildtierhaltung zu beseitigen.

Die Berufung gegen diesen Bescheid wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Zur Begründung führt sie aus, gemäß Art. II Abs. 1 der 5. Novelle zum Niederösterreichischen Jagdgesetz, LGBl. 6500-8, seien Betreiber bestehender Wildtierhaltungen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes verpflichtet, diese innerhalb von 3 Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Soweit diese Wildtierhaltungen der Bestimmung des § 3a des Niederösterreichischen Jagdgesetzes widersprechen, habe die Bezirksverwaltungsbehörde dem Betriebsinhaber aufzutragen, diese innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten anzupassen oder zu beseitigen. Das Ausmaß der Gatterfläche betrage im gegenständlichen Fall 4,3136 ha. Es stehe fest, daß das vom Beschwerdeführer geplante bzw. bereits durchgeführte Vorhaben weniger als 85% landwirtschaftlich genutzte Fläche in Anspruch nehme. Dem Berufungsvorbringen betreffend die beabsichtigte Änderung der für das Gehege in Anspruch zu nehmenden Fläche komme mangels entsprechender Projektsunterlagen keine Bedeutung zu. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, mit § 3a des Niederösterreichischen Jagdgesetzes Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Wildtierhaltung geschaffen zu haben, von denen nach Belieben abgewichen werden könne. Es sei daher der gesetzliche geforderte Mindestanteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche an der gesamten Gatterfläche nicht gegeben.

Darüberhinaus könne aber der Behauptung des Beschwerdeführers, die Wildtierhaltung werde im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeübt, nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer habe die Gatterflächen gepachtet. Aufgrund des Betriebskonzepts des Beschwerdeführers handle es sich um landwirtschaftlich genutzte, somit dem Niederösterreichischen Grundverkehrsgesetz unterliegende Flächen. Da die Parteien des Pachtvertrages die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erwirkt hätten, sei der widmungsgemäße Zusammenhang der Gatterfläche mit einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb nicht gegeben. Um von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb sprechen zu können, bedürfe es einer rechtlich abgesicherten Position über die in Anspruch genommene Grundfläche. Mangels grundverkehrsbehördlicher Genehmigung sei aber eine zumindest auf einige Zeit anhaltende, rechtmäßig abgesicherte Bewirtschaftung der Gatterfläche durch das Halten von Wildtieren nicht gewährleistet, sodaß ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb des Beschwerdeführers nicht angenommen werden könne.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung einer Verhandlung erwogen:

Die Absätze 1 und 7 des mit "Wildtierhaltung im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes" überschriebenen § 3a des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (JG) lauten:

"(1) In einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb darf Wild zur Tierzucht und zur Gewinnung von Fleisch gehalten werden, wenn

die gehaltenen Wildarten sich zur Tierzucht und Gewinnung von

Fleisch eignen,

die dafür vorgesehenen Flächen

(7) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die beabsichtigte Wildtierhaltung innerhalb von acht Wochen nach Einlangen der Anzeige zu untersagen, wenn das Vorhaben den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 widerspricht."

Art. II Abs. 1 der Novelle 1991 zum JG, LGBl. 6500-8, kundgemacht im Landesgesetzblatt am 8. April 1991, lautet:

"Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehende Wildtierhaltungen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sind innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Soweit diese Wildtierhaltungen der Bestimmung des § 3a dieses Gesetzes widersprechen, hat die Bezirksverwaltungsbehörde dem Betriebsinhaber aufzutragen, diese innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten an diese anzupassen oder zu beseitigen."

Außer den - hier nicht zur Anwendung kommenden - Bestimmungen des § 7 JG (Wildgehege) regelt das JG die dauerhafte Wildtierhaltung in § 3a. Die letztgenannte Bestimmung erlaubt das Halten von Wild zur Tierzucht und zur Gewinnung von Fleisch allerdings nur "in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb" und unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen.

Aus dem Wortlaut des § 3a JG ergibt sich, daß er die Wildtierhaltung nur dann ermöglicht, wenn sie "im Rahmen" eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, also als Teil eines solchen betrieben wird. Es muß eine land- und forstwirtschaftliche Betätigung bestehen, zu der die Wildtierhaltung hinzutritt. Der Tatbestand des § 3a Abs. 1 JG ist somit jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn außer der Wildtierhaltung keine Betätigung vorliegt, die als Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren ist. Im übrigen wäre nach der Verkehrsauffassung die Wildtierhaltung für sich gar nicht als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb anzusehen (vgl. etwa auch die Definition in § 5 Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287).

Der in der Verhandlung vorgelegte "Erlaß" der Niederösterreichischen Landesregierung, der die Auslegung von Begriffen des § 3a JG zum Gegenstand hat, ist schon mangels Kundmachung im Landesgesetzblatt keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beachtliche Rechtsquelle.

Art. II Abs. 1 der 5. Novelle zum JG regelt die Verpflichtung, im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bestehende "Wildtierhaltungen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes" der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Die Bestimmung normiert für diese Wildtierhaltungen weiters, daß, soweit sie nicht dem § 3a JG entsprechen, dem jeweiligen Betriebsinhaber aufzutragen ist, sie anzupassen oder zu beseitigen. Dem Sinn der genannten Bestimmung, die Gesetzmäßigkeit der Wildtierhaltung in jedem Fall der behördlichen Kontrolle zu unterwerfen, würde es widersprechen, sie nicht auch auf solche Wildtierhaltungen anzuwenden, die keinen Zusammenhang mit einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb aufweisen. Zu Recht ist die belangte Behörde daher von der Anwendbarkeit des Art. II der 5. Novelle zum JG ausgegangen; auch der Beschwerdeführer tritt dem nicht entgegen.

Eine Anpassung der Wildtierhaltung an die Erfordernisse des § 3a JG kommt nur bei einer mit einem land- und forstwirtschaftichen Betrieb zusammenhängenden Tierhaltung in Betracht, zumal auch vor Inkrafttreten der 5. Novelle zum JG der Betrieb eines Fleischgatters nur im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vorgesehen war (vgl. § 1 Abs. 3 JG i.d.F. vor der Novelle LGBl. 6500-8). Der Beschwerdeführer trat den Ausführungen im Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen vom 3. Juli 1992, wonach er neben der Gatterhaltung keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führe, nicht entgegen. Die belangte Behörde konnte daher unbedenklich davon ausgehen, daß ein derartiger Betrieb nicht besteht. Daraus ergibt sich aber bereits, daß der Beschwerdeführer durch den mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Auftrag zur Aufgabe der Wildtierhaltung nicht in subjektiven Rechten verletzt wurde. Dies gilt auch für den Auftrag zur Beseitigung der Einfriedung, weil § 57 Abs. 2 JG vorsieht, daß Einfriedungen spätestens nach Ablauf eines Jahres nach Aufgabe der Tierhaltung zu entfernen sind.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers steht es dem Auftrag zur Entfernung der Einfriedung nicht entgegen, daß die Tierhaltung nicht auf in seinem Eigentum stehendem Grund betrieben wird. § 57 Abs. 2 JG richtet sich nämlich primär an den Betreiber der Wildtierhaltung.

Wenn der Beschwerdeführer einwendet, die Tierhaltung betreffe im gegenständlichen Fall "zahme Tiere", sodaß sie nicht unter das JG falle, ist ihm zu entgegnen, daß die von ihm gehaltenen Tiere zu den jagdbaren Tieren (Wild) iSd § 3 JG gehören, weshalb die Anwendbarkeit des JG gegeben ist. Das genannte Vorbringen des Beschwerdeführers ist daher rechtsunerheblich (vgl. auch hg. Beschluß vom 25. November 1991, Zl. 91/19/0315).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde für den Verhandlungsaufwand war abzuweisen, weil es den in der Verordnung festgelegten Pauschalbetrag überstieg.

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