VwGH 91/14/0239

VwGH91/14/023925.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. O, Dr. A und Dr. E, Rechtsanwälte in D, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 27. September 1991, Zl 652-2/91, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für das Jahr 1984,

Normen

ABGB §1346;
EStG 1972 §4 Abs4;
ABGB §1346;
EStG 1972 §4 Abs4;

 

Spruch:

1) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde des Drittbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

2) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer betrieb mit dem Zweitbeschwerdeführer im Streitjahr 1984 eine Rechtsanwaltskanzlei in der Rechtsform einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Dieser Gesellschaft ist zwischenzeitig der Drittbeschwerdeführer beigetreten. Im Rahmen der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften machten der Erst- und Zweitbeschwerdeführer ua Betriebsausgaben aus dem Titel Schadenersatzleistung in Höhe von S 1,000.000,-- geltend, welche in der Folge auf S 1,500.000,-- berichtigt wurden. Diesem Betrag lag eine Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft für Klienten zugrunde, welche zur Übernahme und Weiterführung eines von den Klienten erworbenen Unternehmens und zur Sicherung von bereits entstandenen Honorarforderungen sowie "vorgeschossener" Barauslagen eingegangen worden war.

Das Finanzamt anerkannte diese Aufwendungen nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung nicht als betrieblich veranlaßt. Voraussetzung für die Absetzbarkeit einer Bürgschaft sei, daß die Bürgschaftsverpflichtung zum Betriebsvermögen gehöre, dh mit dem Betrieb unmittelbar wirtschaftlich zusammenhänge. Laut Verwaltungsgerichtshof vom 13. Mai 1981, 2535/80, sei die Hingabe eines Darlehens, um den Fortbestand eines Betriebes zu sichern, und damit ausstehende Honorare nicht zu gefährden, kein Anlaß, von der Betriebsbedingtheit der Darlehenshingabe zu sprechen. Auch die Beurteilung der Betriebsbedingtheit einer Bürgschaft müsse unter denselben Gesichtspunkten gesehen werden. Der Verwaltungsgerichtshof führe in seinem Erkenntnis weiter aus, es sei dem Beschwerdeführer zuzustimmen, daß der Rechtsanwalt in die Lage kommen könne, seinen Klienten Geldbeträge vorzustrecken. Es sei aber zu unterscheiden, ob dieses Vorstrecken eines Geldbetrages in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt geschehe, wie zB das Vorstrecken von Gerichts-, Zeugen- und Sachverständigengebühren, oder ob die Berufsausübung nur die Gelegenheit schaffe und damit die Aufwendungen auch nach der Verkehrsauffassung nicht durch den Betrieb veranlaßt seien. Diese Rechtsauffassung gelte in gleicher Weise auch für Bürgschaften, die nicht unmittelbar als durch den Betrieb veranlaßt angesehen werden könnten. Das angegebene Motiv für das Eingehen einer Bürgschaft, um Honorarforderungen zu erhalten, bezeichne der Verwaltungsgerichtshof als unbeachtlich.

Die dagegen eingebrachte Berufung, in welcher neben deutscher Judikatur ua darauf hingewiesen wurde, daß ohne die Bürgschaftsübernahme die Honorareingänge in Höhe von S 324.000,-- nicht möglich gewesen wären, wurden mit dem an die Kanzleigemeinschaft zugestellten angefochtenen Bescheid abgewiesen.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Anerkennung der Inanspruchnahme als Bürgen aus der für ihre Mandantinnen eingegangenen Bürgschaft als Betriebsausgabe verletzt und beantragen Bescheidaufhebung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die Beschwerde ist, soweit sie vom Drittbeschwerdeführer erhoben wurde, unzulässig. Da der Drittbeschwerdeführer im Streitzeitraum (noch) nicht Gesellschafter der Kanzleigemeinschaft war und ihm daher weder Einkünfte zuzuweisen waren noch tatsächlich zugewiesen wurden, kann er durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt worden sein. Die Beschwerde des Drittbeschwerdeführers war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 4 Abs 4 EStG 1972 sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind.

In seinem Erkenntnis vom 13. Mai 1981, 13/2535/80, hat der Verwaltungsgerichtshof über den dort betroffenen Sachverhalt (einer Darlehensgewährung an langjährige Klienten) hinaus grundsätzlich zu Fällen Stellung genommen, in denen ein Rechtsanwalt einem Klienten "Gelder vorstreckt". Danach kommt es entscheidend darauf an, ob dies "in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt" geschieht oder ob die Berufsausübung dazu nur die Gelegenheit schafft. Was der Verwaltungsgerichtshof dabei unter "in Ausübung des Berufes als Rechtsanwalt" versteht, wird aus den im zitierten hg Erkenntnis aufgelisteten Beispielen klar:

Vorstrecken von Gerichts-, Zeugen- und Sachverständigengebühren. Das Vorstrecken eines Geldbetrages hingegen, welches dem Zweck dient, eine drohende Insolvenz des Klienten zu vermeiden und solcherart bereits bestehende Honorarforderungen zu erhalten (dh ihren Verlust für den Rechtsanwalt zu vermeiden), wurde vom Verwaltungsgerichtshof, was die Frage der betrieblichen Veranlassung anlangt, ausdrücklich als unbeachtlich bezeichnet.

An dieser Linie hat der Verwaltungsgerichtshof auch später festgehalten und insbesondere in seinem Erkenntnis vom 4. April 1990, 86/13/0116, betont, es gehöre nicht zu den beruflichen Obliegenheiten eines Rechtsanwaltes, notleidende Klienten durch die Gewährung von Krediten "oder in ähnlicher Weise finanziell zu unterstützen".

Daraus folgerte der Gerichtshof für den mit Erkenntnis vom 22. Februar 1993, 92/15/0051, entschiedenen Fall, daß auch das Eingehen einer Bürgschaftsverpflichtung zur Sicherung von Verbindlichkeiten des Klienten zum Kreise der "ähnlichen finanziellen Unterstützungen" gehört. Damit derartige Zuwendungen als betrieblich veranlaßt angesehen werden könnten, müsse ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Tätigkeit des Rechtsanwaltes gefordert werden. Bereits im zuletzt zitierten Erkenntnis hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, daß auch die deutsche Literatur und Judikatur - darunter auch das von den Beschwerdeführern zitierte Urteil des BFH vom 24. August 1989, BStBl 1990, II, 17 - an sich die Anerkennung von Verlusten aus der Übernahme von Darlehen durch Freiberufler sehr restriktiv beurteile und ablehne, wenn derartige Geldgeschäfte außerhalb der beruflichen Aufgaben liegen.

Da schließlich das in der Beschwerde zitierte hg Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, 87/14/0134, den Beschwerdeführern ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen kann, weil die damals strittigen Aufwendungen - anders als im Beschwerdefall - jedenfalls durch den Betrieb des Rechtsanwaltes veranlaßt waren, erweist sich die Rechtsrüge der Beschwerdeführer als unzutreffend.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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