Normen
AVG §69 Abs1 litb;
VStG §24;
AVG §69 Abs1 litb;
VStG §24;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. August 1987 und vom 1. Oktober 1987 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe auf der Gp. 701/1 der KG Ramsberg auf den Schonungsflächen im Bereich der Kotahornalpe entgegen den Bestimmungen des § 37 Abs. 3 des Forstgesetzes 1975 die Waldweide ausgeübt und dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 15 leg. cit. begangen.
Mit Eingabe vom 21. März 1989 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, den er damit begründete, daß er am 14. März 1989 das Gutachten eines forsttechnischen Sachverständigen erhalten habe, in dem festgestellt werde, daß es sich bei der Gp. 701/1 der KG Ramsberg um keine Schonungsfläche im Sinne des Forstgesetzes handle. Es liege somit ein neues Beweismittel vor, welches im Verwaltungsstrafverfahren ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht habe geltend gemacht werden können, da er nicht gewußt habe, daß es einen gerichtlich beeideten Sachverständigen für Forst- und Holzwirtschaft gebe. Dies habe er erst nach Abschluß des Verfahrens in Erfahrung bringen können.
Mit Bescheid vom 11. Juli 1989 wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG als unbegründet ab.
In der Begründung wird ausgeführt, neu hervorgekommen im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b AVG seien nur jene Tatsachen und Beweismittel, die bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden, aber erst später bekannt geworden seien. Es ergebe sich aber bereits aus den Eingaben des Beschwerdeführers eindeutig, daß das Gutachten erst nach Abschluß jener Verfahren, hinsichtlich deren die Wiederaufnahme beantragt werde, eingeholt worden sei. Somit habe dieses Beweismittel zur Zeit dieser Verfahren noch keinen Bestand gehabt, sondern sei erst nach Abschluß der Verfahren neu entstanden. Neu entstandene Beweismittel seien aber keinesfalls imstande, einen tauglichen Wiederaufnahmegrund zu bilden. Daran vermöge auch die Behauptung des Beschwerdeführers, ihm sei zum damaligen Zeitpunkt gar nicht bekannt gewesen, daß es gerichtlich beeidete Sachverständige für Forst- und Holzwirtschaft gebe, nichts zu ändern. Dem Verwaltungsstrafverfahren sei jeweils das Gutachten eines forsttechnischen Sachverständigen zugrunde gelegt worden, welches - auf gleicher fachlicher Ebene - zu widerlegen Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, der diesbezüglich eben Erkundigungen hätte einholen müssen. Außerdem sei es dem Beschwerdeführer zu einem späteren Zeitpunkt sehr wohl möglich gewesen, die Existenz eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für Forst- und Holzwesen in Erfahrung zu bringen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 11. Juni 1990, B 974/89-11, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete der Beschwerdeführer eine Ergänzung der Beschwerde.
Der Beschwerdeführer bringt vor, wenn das Privatgutachten bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz vorgelegen wäre, hätte es zwangsläufig zur Aufhebung der Straferkenntnisse geführt. Dem Beschwerdeführer als kleinem Bauern könne nicht erstlich der Vorwurf gemacht werden, daß er in der Lage gewesen wäre, durch ein Gegengutachten die Argumentation der Behörde zu entkräften. Er habe nicht gewußt, daß es einen Sachverständigen auf diesem Gebiet gebe; er habe auch nicht gewußt, daß er durch ein Gutachten seinen Standpunkt in einem Strafverfahren hätte durchsetzen können.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 69 Abs. 1 lit. b AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Unzutreffend ist die Auffassung der belangten Behörde, das vom Beschwerdeführer beigebrachten Gutachten könne schon deswegen keinen Wiederaufnahmegrund bilden, weil es erst nach Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens eingeholt worden sei und es sich daher nicht um ein neu hervorgekommenes, sondern um ein neu entstandenes Beweismittel handle. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können neue Befundergebnisse - die sich auf seinerzeit bestandene Tatsachen beziehen müssen - durchaus einen Wiederaufnahmegrund darstellen. Anders steht es mit den vom Sachverständigen gezogenen Schlußfolgerungen. Weder ein Irrtum des Sachverständigen noch neue Schlußfolgerungen stellen einen Wiederaufnahmegrund dar (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 609, wiedergegebene Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall kann jedoch dahingestellt bleiben, ob das vom Beschwerdeführer nach Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens beigebrachte Privatgutachten neue Befundergebnisse geliefert hat, welche einen Wiederaufnahmegrund darzustellen vermöchten, weil nicht davon ausgegangen werden kann, der Beschwerdeführer habe ohne sein Verschulden dies im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend machen können. Wenn der Beschwerdeführer der Meinung war, ihm werde zu Unrecht die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorgeworfen und das Gutachten des Amtssachverständigen, auf das sich die Behörde dabei stützte, sei falsch, er aber nicht wußte, wie er die Ausführungen des Amtssachverständigen wiederlegen sollte, dann lag es an ihm, entsprechende Rechtsauskünfte einzuholen oder einen Rechtsbeistand beizuziehen. Da der Beschwerdeführer es unterlassen hat, diesen Weg, der ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit als naheliegend erscheinen mußte und der ihm auch zumutbar war, zu beschreiten, kann er sich nicht auf eine unverschuldete Unkenntnis der Möglichkeiten, dem Gutachten des Amtssachverständigen bereits im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens auf geeignetem Wege entgegenzutreten, berufen. Das erst nach Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens eingeholte Privatgutachten stellt daher kein Beweismittel dar, das im Verfahren ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht geltend gemacht werden konnte. Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht dem Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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