VwGH 94/19/0159

VwGH94/19/015921.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Mai 1993, Zl. 4.340.688/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 17. August 1992 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. In diesem Antrag führte er im wesentlichen aus, sein Vater sei Pfarrer in der "Heiligen Kirche Christi "Bajet"" gewesen, die Mutter Mitglied des Kirchenchores. Ihre Kirche habe in der Provinz Kaduna einen neuen Stützpunkt eröffnet, weshalb er dorthin versetzt worden sei, um bei der Errichtung neuer christlicher Klöster mitwirken zu können. Dies sei deshalb äußerst schwierig gewesen, da Kaduna eine islamische Provinz und das Verhältnis zwischen Christen und Moslems von Feindschaft geprägt sei. Die Moslems würden von allen Bewohnern die Einhaltung ihrer Bräuche und religiösen Gebote fordern. Die Mohammedaner hätten auch die Oberhand in der politischen und religiösen Organisation des Landes, sodaß die Bekehrung der Angehörigen dieses Glaubens problematisch sei. Es sei dennoch der Glaubensgemeinschaft des Beschwerdeführers gelungen, viele Menschen zu bekehren, weshalb seine Kirche zu einer der beliebtesten in der Provinz Kaduna geworden sei. Als Finanzsekretär habe der Beschwerdeführer die Aufgabe gehabt, für das finanzielle und wirtschaftliche Wohlergehen der Kirche zu sorgen. Fanatische Moslems hätten heftige Kritik an der christlichen Vorgangsweise geübt und schließlich zum Sturm auf die christliche Kirche aufgerufen. Am 1. Mai 1992 habe eine Versammlung stattgefunden, bei der von einem Pastor viele Menschen vom Islam zum Christentum bekehrt worden seien. Danach sei von Moslems ein "Komplott" gegen die Kirche des Beschwerdeführers vorbereitet worden. Am 15. Mai 1992 sei dann die Kirche im Verlaufe eines Angriffs durch Moslems niedergebrannt worden. Die Mitglieder der Kirche, darunter auch der Beschwerdeführer, hätten die Gewalt mit Gewalt erwidert, sodaß "der Tumult eskaliert" sei. Es habe dabei Tote und in die Millionen gehende Sachschäden gegeben. Der Beschwerdeführer sei aus der Kirche geflüchtet und habe in der Umgebung Zuflucht gesucht. Seine Frau und die beiden Kinder seien von den "Rebellen" im Hause getötet worden. Der Beschwerdeführer selbst sei Hauptziel der moslemischen Angriffe gewesen, da er "die Moslems zu einer direkten Konfrontation wegen ihrer extremen Unterdrückungspolitik aufgefordert" habe. Die Polizei habe in der Folge zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Am nächsten Morgen habe ihn ein Freund aufgesucht, von dem er erfahren habe, daß die Moslems ein Verbrechersyndikat gegründet hätten, das gegen Bezahlung Menschen im ganzen Land jagen und töten wolle. Der Beschwerdeführer sei dann über Niger nach Ägypten gereist, wo er erfahren habe, daß er in seinem Heimatland gesucht würde und im Falle der Rückkehr mit der Todesstrafe zu rechnen habe. Der Beschwerdeführer sei dann über Jordanien nach Österreich gekommen.

Mit Bescheid vom 17. August 1992 wies das Bundesasylamt den Antrag auf Gewährung von Asyl ab. In seiner Berufung verwies der Beschwerdeführer darauf, daß zum Nachweis der Staatsbürgerschaft deren Glaubhaftmachung durch den Asylwerber genügen müsse.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Den Angaben des Beschwerdeführers sei nicht zu entnehmen, daß er in seinem Heimatstaat aus einem der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe, insbesondere wegen seines religiösen Bekenntnisses, in irgend einer Form konkretes Ziel von Verfolgungshandlungen durch staatliche Behörden gewesen wäre oder aus diesen Gründen bei seiner Rückkehr mit einer Verfolgung rechnen müsse. Auch habe der Beschwerdeführer nicht angegeben, bei den Behörden seines Heimatlandes keinen Schutz vor Verfolgung gefunden zu haben.

Der Beschwerdeführer bekämpfte diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Nach dem maßgeblichen erstinstanzlichen Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich nicht, daß dieser einer staatlichen Verfolgung aus einem der genannten Gründe ausgesetzt gewesen wäre; der Beschwerdeführer selbst hat nämlich angegeben, als eine der Personen gesucht zu werden, die an den Unruhen in Kaduna maßgeblich beteiligt gewesen seien. Auch wenn diese Unruhen nach den Angaben des Beschwerdeführers religiös motiviert gewesen waren, kann daraus jedoch nicht auf eine staatliche Verfolgung aus religiösen Gründen geschlossen werden. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob der Vorwurf der Behörden hinsichtlich der Rolle des Beschwerdeführers bei den Unruhen zutrifft oder nicht, räumt doch dieser selbst ein, daß es sogar Tote gegeben habe, er selbst "Gewalt mit Gewalt" beantwortet habe und vorher gegen die Moslems aufgetreten sei.

Den Angaben des Beschwerdeführers läßt sich - entgegen den Behauptungen in der Beschwerde - auch nicht entnehmen, daß die Behörden seines Heimatlandes nicht in der Lage oder nicht Willens gewesen seien, den Beschwerdeführer vor einer Verfolgung durch "die Moslems"zu schützen: Der Beschwerdeführer hat zwar ausgeführt, daß die Mohammedaner die Oberhand in der politischen und religiösen Organisation des Landes hätten, jedoch im Zusammenhang nur auf die Schwierigkeiten verwiesen, "in die Strukturen ihres Volkes einzudringen oder deren Angehörige zu bekehren". Auch hat der Beschwerdeführer in seinem Asylantrag keinesfalls davon gesprochen, keinen Schutz durch die Behörden erwartet zu haben, hat er doch ausgeführt, daß eine Anzeige des "Komplotts" der "Moslems" bei der Polizei vor dem 15. Mai 1992 nur deshalb unterblieben sei, da keine Beweise vorgelegen seien. Auch habe die Polizei nach den Unruhen etliche Verhaftungen vorgenommen.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Befürchtung seiner Abschiebung in das Heimatland und der ihm dort drohenden Bestrafung kann von ihm im Falle eines Verfahrens über die Rückschiebung geltend gemacht werden, vermag aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu bewirken.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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