VwGH 94/18/0339

VwGH94/18/033921.7.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 8. März 1994, Zl. St 21-1/94, betreffend Ausweisung und Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin, eine vietnamesische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 iVm den §§ 15 Abs. 3 Z. 2 und 19 FrG ausgewiesen (Spruchteil I); ferner wurde gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß die Beschwerdeführerin in ihrem Heimatstaat Vietnam gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei. Ihre Abschiebung in ihren Heimatstaat sei somit zulässig (Spruchteil II).

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin am 9. April 1991 gemeinsam mit ihrem Gatten aus der damaligen Tschechoslowakei kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt sei. Ihren Reisepaß habe sie vor der Einreise nach Österreich weggeworfen. Ihr am 10. April 1991 gestellter Asylantrag sei mit dem im Instanzenzug ergangenen, am 27. September 1993 rechtswirksam gewordenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. August 1993 abgewiesen worden. Während des Asylverfahrens seien der Beschwerdeführerin Aufenthaltsberechtigungen und in weiterer Folge Sichtvermerke in Bescheidform erteilt worden, wobei die Gültigkeitsdauer des zuletzt erteilten am 17. August 1993 abgelaufen sei. Der derzeitige Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sei daher nicht rechtmäßig.

Da sich die Beschwerdeführerin zusammen mit ihrem Gatten im Bundesgebiet aufhalte, werde durch die Ausweisung in ihr Privat- und Familienleben eingegriffen. Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) erscheine es allerdings dringend geboten, Fremden, die unter Umgehung der für eine Einreise in das Bundesgebiet geltenden Bestimmungen in dieses gelangt seien, den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht zu gestatten, zumal der Erteilung einer allfälligen Aufenthaltsbewilligung der zwingende Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG entgegenstehe und der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Ausland aus zu stellen sein werde (§ 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz).

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei nicht zu entnehmen, daß sie in Vietnam der Todesstrafe oder sonst einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sei. Die Beschwerdeführerin habe auch keine konkreten (ihr drohenden) Verfolgungshandlungen anführen können. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie hätte im Falle der Rückkehr nach Vietnam "gravierende Nachteile" zu gewertigen, reiche zur Dartuung stichhaltiger Gründe im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG nicht aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Was die mit Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides verfügte Ausweisung anlangt, so zieht die Beschwerdeführerin die - nach den unbestritten gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen unbedenkliche - Auffassung der belangten Behörde, sie halte sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, nicht in Zweifel. Sie macht vielmehr geltend, daß gegen sie "in Anwendung des § 19 FrG" kein Ausweisungsbescheid hätte erlassen werden dürfen, weil sie bei einer Rückkehr nach Vietnam mit "gravierenden unzumutbaren Nachteilen" zu rechnen hätte. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ob der Fremde künftig in einem (bestimmten) anderen Land Benachteiligungen in seinem Privat- oder Familienleben ausgesetzt sein könnte, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/18/0614 (erliegt zu 94/18/0316)) im Anwendungsbereich des § 19 FrG ohne rechtserhebliche Bedeutung. Im übrigen hat die belangte Behörde ohnedies einen durch die Ausweisung bewirkten, im Sinne des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin angenommen; die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, mit denen begründet wird, warum dieser Eingriff zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten sei, werden von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft und begegnen auch seitens des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken.

Gegen die in Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides getroffene Entscheidung bringt die Beschwerdeführerin vor, daß ihre Flucht in ein nichtkommunistisches Land (Österreich) in Vietnam unter Strafe stehe. Es drohe ihr daher im Falle ihrer Rückkehr in ihr Heimatland die Verfolgung durch staatliche vietnamesische Organe. Sie würde sofort verhaftet und unter unmenschlichen Bedingungen in der Haft angehalten werden. Für den Fall der Entlassung aus der Haft sei die finanzielle Existenzmöglichkeit in ihrem Heimatland nicht gegeben, da die staatlichen Behörden aufgrund ihrer Flucht ins nichtkommunistische Ausland jedwede Möglichkeit der Aufnahme einer geregelten Arbeit verwehren würden. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zum einen geht daraus nicht hervor, daß das Leben oder die Freiheit der Beschwerdeführerin AUS GRÜNDEN IHRER RASSE, IHRER RELIGION,

IHRER NATIONALITÄT, IHRER ZUGEHÖRIGKEIT ZU EINER BESTIMMTEN

SOZIALEN GRUPPE ODER IHREN POLITISCHEN ANSICHTEN BEDROHT WÄRE

(§ 37 Abs. 2 FrG - vgl. im übrigen zur Frage der Qualifikation von Bestrafungen wegen Übertretungen von den Aufenthalt von Staatsbürgern im Ausland regelnden Vorschriften als Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention Steiner, Österreichisches Asylrecht, 32); zum anderen entbehrt die behauptete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung (§ 37 Abs. 1 FrG) jeglicher näher konkretisierter Untermauerung. Eine bloß lapidare Behauptung in dieser Richtung reicht zur Glaubhaftmachung des Vorliegens stichhaltiger Gründe nicht hin. Mangels eines entsprechend konkretisierten Tatsachenvorbringens der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren handelte die belangte Behörde auch nicht rechtswidrig, wenn sie von der Vornahme weiterer Ermittlungen Abstand nahm.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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