VwGH 94/18/0330

VwGH94/18/03303.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. April 1994, Zl. SD 281/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt.

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;
StGB §31;
StGB §40;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;
StGB §31;
StGB §40;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer, der sich seit seiner Geburt in Österreich aufhalte und hier mit seiner Familie lebe, am 12. März 1991 vom Jugendgerichtshof Wien wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, sowie am 9. März 1993 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren Raubes und wegen Bandenbildung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, fünf Monaten und einer Woche rechtskräftig verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe als Mitglied einer Jugendbande mehrere Raubüberfälle auf offener Straße verübt und durch dieses Verhalten zum Ausdruck gebracht, daß er keinerlei Bedenken habe, sich an fremdem Vermögen zu vergreifen, und auch nicht davor zurückschrecke, dabei Gewalt anzuwenden. Das Aufenthaltsverbot sei daher zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, nämlich zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zur Aufrechterhaltung der Ordnung sowie zum Schutze der Rechte und Freiheiten Dritter, dringend geboten. Da an der Vermeidung von Straftaten, wie sie der Beschwerdeführer gesetzt habe, ein eminentes öffentliches Interesse bestehe, müßte "diesen öffentlichen Interessen das maßgeblichere Gewicht beigemessen werden wie den Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Berufungswerbers und seiner Familie".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und der Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Dem Einwand des Beschwerdeführers, daß es sich bei der zweiten Verurteilung um eine Zusatzstrafe im Sinne der §§ 31 und 40 StG handle, sodaß beide Verurteilungen wie eine Verurteilung zu betrachten seien und er daher lediglich eine Vorstrafe aufweise, ist entgegenzuhalten, daß allein schon die zweite Verurteilung aufgrund des Ausmaßes der verhängten Strafe - mag der Beschwerdeführer auch den Großteil der Delikte in jugendlichem Alter begangen haben - den Tatbestand des ersten Falles des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Ob auch der Tatbestand des vierten Falles der genannten Bestimmung (mehr als einmalige rechtskräftige Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen) verwirklicht wurde, kann dahingestellt bleiben, zumal die der ersten Verurteilung zugrundeliegende Tat jedenfalls bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers mitberücksichtigt werden muß. Daß dieses Gesamtfehlverhalten aber aufgrund der Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten die in § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt, begegnet keinen Bedenken.

Ebensowenig kann der belangten Behörde entgegengetreten werden, wenn sie beim gegebenen Sachverhalt das Aufenthaltsverbot im Sinne des § 19 FrG als zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten erachtet hat.

Im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung hat die belangte Behörde darauf Bedacht genommen, daß sich der Beschwerdeführer seit seiner Geburt in Österreich aufhält und hier mit seiner Familie lebt. Ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - keinerlei Beziehungen zu Jugoslawien habe, ist nicht wesentlich, weil dies die ohnedies stark ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers nicht entscheidend verstärken könnte. Entgegen seiner Ansicht kann allerdings auch im Hinblick auf seine Beschäftigung als Lehrling im dritten Lehrjahr nicht davon gesprochen werden, daß er als "sozial vollkommen integriert" zu betrachten sei, wird doch die für eine Integration wesentliche soziale Komponente durch die von ihm begangenen schweren Straftaten erheblich beeinträchtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23.6.1994, Zl. 94/18/0338). Mit Recht hat die belangte Behörde den öffentlichen Interessen an der Vermeidung derartiger Straftaten großes Gewicht beigemessen. Selbst wenn bei den Raubüberfällen nur geringfügige Beute erzielt wurde, läßt die Art ihrer Durchführung doch auf eine gefährliche kriminelle Einstellung schließen. Durch derlei Straftaten wird die öffentliche Sicherheit in hohem Maß gefährdet. Bei dieser Sachlage ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als schwerer wiegend einschätzte als die gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 1. Juni 1994, Zl. 94/18/0147, und vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0279).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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