VwGH 94/16/0020

VwGH94/16/00204.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der R in I, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 23. November 1993, Zl. 60.802-6/93, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
WFG 1984 §2 Z3;
WFG 1984 §2 Z7;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
WFG 1984 §2 Z3;
WFG 1984 §2 Z7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall steht in Streit, ob die Voraussetzungen der Steuerbefreiung im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 (Schaffung von Arbeiterwohnstätten) erfüllt sind. Nach dem in den Akten erliegenden baubehördlich bewilligten Bauplan hat die Beschwerdeführerin auf einer von ihr 1986 erworbenen Liegenschaft ein eingeschoßiges "Eigenheim" errichtet. Nach diesem Bauplan beträgt die Nutzfläche der Wohnräume im Erdgeschoß zusammen 132,45 m2; im Kellergeschoß waren nach dem Bauplan - neben einer Garage, Kellerräumen und einem Schutzraum - ein "Kellerstüberl" (13,95 m2), ein Waschraum (3,59 m2), ein WC (1,53 m2) sowie ein Vorraum (4,01 m2) geplant.

Im Berufungsverfahren wurde von der Beschwerdeführerin die Meinung vertreten, das Wohnhaus bestehe aus zwei selbständigen Einheiten, nämlich einer Wohnung im ersten Stock (richtig: Erdgeschoß) und "einer Wohnung bzw. einem Büro" im Keller. Beide Einheiten seien räumlich in der Weise getrennt, daß sie in verschiedenen Stockwerken untergebracht seien und jeweils einen gesonderten Eingang hätten. Die Kellertüre hebe die Trennung der beiden Einheiten nicht auf; sie sei stets verschlossen und habe aus feuerpolizeilichen Gründen eingebaut werden müssen.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, daß für die Streitfrage allein die im baubehördlich genehmigten Bauplan ausgewiesene Nutzfläche maßgeblich sei. Zwischen dem Kellerstüberl und dem Erdgeschoß bestehe eine bauliche Verbindung; unmaßgelich sei, daß die Verbindungstüre stets verschlossen bleibt. Die belangte Behörde - die die im Bauplan angegebenen Maße als Rohbaumaße ansah und demgemäß vom Erfordernis eines Abschlages im Ausmaß von 2 vH ausging - rechnete somit die oben bezeichneten im Kellergeschoß gelegenen Räumlichkeiten der Wohnnutzfläche der Wohnstätte zu.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Wohnhaus als Arbeiterwohnstätte anzusehen ist, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Orientierung an den Bestimmungen über die Wohnbauförderung zulässig. Nach § 2 Z. 7 Wohnbauförderungsgesetz 1984 gilt als Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes abzüglich der Wandstärken und der im Verlaufe der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen). Nicht zu berücksichtigen sind unter anderem Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, das von ihr geschaffene Wohnhaus bestehe aus zwei getrennten Einheiten. Soweit die Beschwerdeführerin dabei mit ihren Ausführungen über "eine Wohnung bzw. Büro im Keller" allenfalls auf das Vorliegen baulich getrennter Geschäftsräume hinweisen will, ist ihr entgegenzuhalten, daß aus dem baubehördlich genehmigten Bauplan - der aus der Sicht des Beschwerdefalles unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 2 Satz 3 GrEStG 1955 allein maßgeblich ist - keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Geschäftsraumes ersichtlich sind.

Andererseits ist die Auffassung der Beschwerdeführerin schon deswegen verfehlt, weil die Räumlichkeiten im Kellergeschoß für sich nicht als Wohnung angesehen werden können. Eine Wohnstätte muß nämlich nach ihrer Ausstattung so beschaffen sein, daß sie geeignet ist, das Wohnbedürfnis eines Durchschnittsarbeiters zu befriedigen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1971, 1251/69, Slg. Nr. 4234/F, verstärkter Senat). Diese Voraussetzungen treffen auf die im Keller gelegenen Räumlichkeiten schon deswegen nicht zu, weil dort keine Küche oder Kochnische vorgesehen ist (vgl. § 2 Z. 3 WFG 1984). Überdies sind Kleinstwohnungen - die in Rede stehenden Kellerräumlichkeiten weisen zusammen eine Nutzfläche von 23,08 m2 auf - zur dauernden Befriedigung des Wohnbedürfnisses eines Durchschnittsarbeiters oder einer Arbeiterfamilie nicht geeignet (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Oktober 1984, 83/16/0155).

Bei dieser Sach- und Rechtslage kam es auf den Umstand, daß die ihrer Aussstattung nach für Wohnzwecke geeigneten Räumlichkeiten im Kellergeschoß außer einem Zugang von außen auch über eine Verbindung über eine Stiege zum Erdgeschoß verfügen, nicht mehr entscheidend an. Dem Umstand, daß eine Verbindungstüre zu den Kellerräumlichkeiten nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin stets verschlossen sei, kommt somit entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin keinerlei Bedeutung zu, zumal wegen der gebotenen objektiven Betrachtungsweise allein die Ausgestaltung in dem der Baubehörde überreichten und von dieser genehmigten Bauplan maßgeblich ist.

Daraus folgt aber, daß die belangte Behörde die im Kellergeschoß des in Rede stehenden Wohnhauses gelegenen Räumlichkeiten - insbesondere das sogenannte Kellerstüberl - zu Recht bei der Berechnung der Nutzfläche der Arbeitwohnstätte berücksichtigt hat.

Der von der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Parteiengehörs erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe den von ihr zugrunde gelegten Bauplan der Beschwerdeführerin nicht "zur Einsicht übergeben", ist schon deswegen verfehlt, weil die Beschwerdeführerin diesen bei der Baubehörde eingereichten Bauplan eigenhändig unterfertigt hat.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte. Im Hinblick darauf, daß die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt ist, konnte dabei die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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