VwGH 94/14/0003

VwGH94/14/000312.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des W in K, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 15. November 1993, Zl. 267-3/92, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1983 bis 1989, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184;
BAO §184;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund der Ergebnisse einer von November 1991 bis April 1992 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurden Umsätze und Einkünfte des Beschwerdeführers aus dessen Großtischlerei für den strittigen Zeitraum gemäß § 184 BAO geschätzt, weil die Buchführung so schwerwiegende formelle und materielle Mängel aufwies, daß sie der Steuerfestsetzung nicht zugrunde gelegt werden konnte. Der Beschwerdeführer hatte zu Beginn der Prüfung Selbstanzeige erstattet. Vom Prüfer war festgestellt worden, daß sämtliche Grundaufzeichnungen vernichtet waren. Die vom Beschwerdeführer verbuchten unverzinslichen Darlehen naher Angehöriger ohne feste Fälligkeitstermine, die angeblich großteils zur Erfüllung eines 1978 abgeschlossenen Zwangsausgleiches benötigt worden seien, hielt der Prüfer ungeachtet der nachträglich (28. Februar 1992) ausgestellten Bestätigungen der Angehörigen nicht für glaubhaft. Der Schätzung (1987 bis 1989) wurde eine Kalkulation (Mittel aus Leistungsumsatz nach Auslastung und Leistungsumsatz pro Beschäftigten) zugrunde gelegt. Zum Ausgleich der Gefahr, daß außer den Erlösverkürzungen, die einbekannt oder festgestellt wurden, noch weitere steuerliche Tatbestände im Rechenwerk der Buchhaltung unberücksichtigt geblieben sein könnten, wurde ein Sicherheitszuschlag vorgenommen (1983 bis 1986: jeweils 4 %, 1987: 9 %, 1988: 7,5 %, 1989: 6,7 %).

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers, nahm die Verfahren wieder auf und setzte die Abgaben entsprechend dem Prüfungsbericht neu fest.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen die Sachbescheide. Er bekämpfte darin die Befugnis zur Schätzung nicht, sondern nur deren Höhe - soweit dies im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof noch von Bedeutung ist - insofern, als die Darlehenszugänge nicht anerkannt worden seien (Sicherheitszuschlag 1983 bis 1986 entsprechend den Darlehenszugängen) und die Kalkulationsdifferenzen (1987 bis 1989) in Wahrheit nicht vorlägen, weil der Stundensatz im Hinblick auf die geringere Wirtschaftskraft im Bezirk zu hoch angenommen worden und deshalb auch der Sicherheitszuschlag etwa nur die Hälfte betragen dürfte.

Die belangte Behörde wies mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Ein überzeugender Nachweis für die behaupteten Darlehen naher Angehöriger sei nicht erbracht worden. Den Sicherheitszuschlag für 1983 bis 1986 von 4 % der Umsätze erachtete die Berufungsbehörde angesichts des großen Umfangs der Buchhaltungsmängel bei griffweiser Schätzung für angemessen. Für 1987 bis 1989 sei den Besonderheiten des Bezirks schon dadurch Rechnung getragen worden, daß nicht der Regiestundensatz für Tischlergesellen laut Mitteilung der Landesinnung (ohne Umsatzsteuer) von S 294,-- (1989), sondern von S 250,-- verrechnet worden sei, also der niedrigste Stundensatz in Kärnten und damit auch im betreffenden Bezirk. Einen Beweis dafür, daß der Beschwerdeführer niedrigere Stundensätze in Rechnung gestellt hätte, habe dieser nicht erbracht und zwar auch nicht durch die von ihm vorgelegten Aufstellungen (Nachkalkulationsunterlagen). Diese hätten großteils Fälle aus dem Jahr 1992 zum Gegenstand, das nicht mit den Streitjahren ohne weiteres vergleichbar sei, und zwei Fälle, die wegen Fehlens des Auftragsjahres zeitlich nicht zuzuordnen seien und außerdem noch höhere Stundensätze aufwiesen (S 258,38 und S 270,40), als sie in der Schätzung angesetzt worden seien. Die in Höhe der Kalkulationsdifferenzen vorgenommene Schätzung sei Teilschätzung und keine Schätzung infolge eines Sicherheitszuschlages.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid dadurch in seinen Rechten verletzt, daß die belangte Behörde die Sicherheitszuschläge des Finanzamtes aufrecht erhielt, also für 1983 bis 1986 nicht ausschied und für 1987 bis 1989 jeweils nicht auf die Hälfte reduzierte. Der Beschwerdeführer beantragt deshalb entsprechende Abänderung der Berufungsentscheidung, richtig wohl (vgl. § 42 Abs 2 VwGG) deren Aufhebung unter Überbindung einer dem Beschwerdevorbringen entsprechenden Rechtsansicht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Schätzungsbefugnis wird auch in der Beschwerde - zu Recht - nicht bestritten.

Die Mängel der Buchhaltung waren - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht "in wesentlichen Bereichen darauf zurückzuführen, daß die Betriebsprüfung auch Zeiträume umfaßte, für die die Aufbewahrungspflicht der Geschäftsunterlagen nicht mehr gegeben war". Die Aufbewahrungspflicht war nämlich lediglich für 1983 abgelaufen, die Vernichtung aller Grundaufzeichnungen und die unbrauchbare Führung des Kassabuches sowie die inhaltlichen Fehler, die sich sogar der Selbstanzeige entnehmen ließen, betrafen hingegen alle übrigen Jahre des Streitzeitraumes. Für 1983 wurde in der Selbstanzeige einbekannt, daß für Kundenzahlungen von brutto S 1,897.167,-- keine Ausgangsrechnungen geschrieben und verbucht worden seien.

Hinsichtlich der Darlehen von nahen Angehörigen war der Beschwerdeführer von der belangten Behörde mit Schreiben vom 11. Juni 1993 nachweislich aufgefordert worden (OZ 31 der Verwaltungsakten), die von ihm angebotenen Erklärungen der angeblichen Darlehensgeber über den Zeitpunkt der Gewährung der Darlehen vorzulegen, weiters zumindest glaubhaft zu machen, woher die Geldmittel für die Darlehen stammten und den Geldfluß durch geeignete Unterlagen darzulegen. Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. In seinem Antwortschreiben vom 14. Juli 1993 hat er zur betreffenden Aufforderung nicht einmal Stellung genommen. Auf Grund eines weiteren Vorhaltes der belangten Behörde (14. September 1993, OZ 33 der Verwaltungsakten), in dem dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden war, daß mangels Nachweises der Herkunft der Mittel zur Erfüllung des Zwangsausgleiches (1978 und 1979) nur die Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit übrigblieben, teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit Schreiben vom 8. Oktober 1993 (OZ 34 der Verwaltungsakten) mit, daß er nicht in der Lage sei, hinsichtlich der der Erfüllung des Zwangsausgleiches dienenden Darlehen exakte Unterlagen beizubringen, weshalb seine Replik auf die Stellungnahme der Betriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes vom 23. September 1992 zur Berufung "ausdrücklich zurückgezogen" werde. Auf Grund dieses Verhaltens des Beschwerdeführers im Verfahren ist in der Beweiswürdigung der belangten Behörde, das Vorbringen betreffend die Darlehen der nahen Angehörigen sei nicht glaubhaft, keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Die belangte Behörde hat in ihrer Beweiswürdigung auch völlig zutreffend berücksichtigt, daß die angeblichen Darlehen einem Fremdvergleich in mehrfacher Hinsicht (Unverzinsbarkeit, Fehlen von Rückzahlungsterminen) nicht standhielten.

Die belangte Behörde hat entgegen dem Beschwerdevorbringen die Höhe des Sicherheitszuschlages von 4 % für 1983 bis 1986 nicht mehr wie das Finanzamt mit der Höhe der angeblichen Darlehenszugänge begründet, sondern mit "griffweiser" Festsetzung angesichts des großen Umfanges der Mängel. Ein Zusammenhang mit einem Beweisnotstand "auf Grund des Ablaufes der Aufbewahrungsfrist" fehlt daher entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde. Gegen die Höhe der griffweisen Schätzung des Sicherheitszuschlages angesichts des erwähnten Umfangs der Mängel, gegen die in der Beschwerde nichts vorgetragen wird, bestehen keine Bedenken.

Die Angemessenheit des abgestuften Sicherheitszuschlages für 1987 bis 1989 bestreitet der Beschwerdeführer wegen des seiner Ansicht nach überhöhten Regiestundensatzes mit der Begründung, daß sich dieser Stundensatz der Landesinnung nur auf Regiestunden beziehe, also auf Einzelleistungen eines durchschnittlichen Tischlereibetriebes, die nach geleisteten Stunden abgerechnet werden könnten. Bei Pauschalaufträgen würden diese Sätze aber niemals erreicht. Sie seien nur für Reparaturen, Montagen und Kleinaufträge kalkulierbar, während alle anderen Aufträge nach einer Mischkalkulation berechnet würden. Der Beschwerdeführer habe nachgewiesen, daß zwischen "Vor- und Nachkalkulation" Differenzen bis zu 40 % lägen. Bei Halbierung der Sicherheitszuschläge 1987 bis 1989 werde ziemlich genau die Höhe des für die Vorjahre errechneten Sicherheitszuschlages erreicht.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, daß die auf Grund von festgestellten Kalkulationsdifferenzen vorgenommene Teilschätzung in den Jahren 1987 bis 1989 besser geeignet ist, dem tatsächlichen Betriebsergebnis so weit als möglich nahezukommen, als es mit (griffweisen) Sicherheitszuschlägen erreicht werden könnte. Die belangte Behörde war daher an die griffweise Schätzung für den früheren Zeitraum im späteren nicht gebunden. Der Sicherheitszuschlag für 1983 bis 1986 hat daher für den folgenden Zeitraum keine Aussagekraft gegen die Angemessenheit des für diesen Zeitraum angenommenen Sicherheitszuschlages. In der Beschwerde wird die Feststellung, es sei eine Teilschätzung erfolgt, nicht angegriffen.

Der von der belangten Behörde in Übereinstimmung mit dem Finanzamt bei der Kalkulation angewendete Stundensatz liegt weit unter dem von der Landesinnung mitgeteilten Regiestundensatz. Einen Nachweis für niedrigere seinen Leistungen durchschnittlich zugrundegelegte Stundensätze im Zeitraum 1987 bis 1989 als von der belangten Behörde angenommen, hat der Beschwerdeführer auch durch die von ihm der belangten Behörde vorgelegten Aufstellungen nicht erbracht. Diesbezüglich genügt es, auf die zutreffende Begründung der belangten Behörde hinzuweisen, der der Beschwerdeführer nichts entgegensetzt. Daß die in der Schätzung angewendeten Stundensätze den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entsprächen, hat der Beschwerdeführer vor den Abgabenbehörden nicht glaubhaft gemacht. Die Anwendung der vom Prüfer angenommenen Sätze durch die belange Behörde war deshalb nicht rechtswidrig.

Die Unterscheidung zwischen Pauschalaufträgen einerseits, Reparaturen, Montagen und Kleinaufträgen andererseits, hat der Beschwerdeführer vor den Abgabenbehörden nicht vorgetragen. Die belangte Behörde war deshalb nicht gehalten, sich mit einem derartigen Gesichtspunkt auseinanderzusetzen. Das betreffende Vorbringen in der Beschwerde ist daher eine gemäß § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung. Im übrigen hat der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 14. Juli 1993 der belangten Behörde vorgetragen, daß in seinen Ausgangsrechnungen und in seinen Anboten keine detaillierten Stundenangaben oder Stundensätze aufschienen, weshalb diesbezüglich Unterlagen nicht erbracht werden könnten. Zu Bedenken, der Prüfer habe überhöhte Stundensätze in Ansatz gebracht, hatte die belangte Behörde daher keinen Anlaß.

Der Vorwurf, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich für die Stundenkalkulation von Fertigungsarbeiten "die entsprechenden Unterlagen" zu besorgen, läßt keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit erkennen, weil diesem Vorbringen nicht entnehmbar ist, um welche Art von "Unterlagen" es sich dabei handeln sollte und von wem derartige Unterlagen zu beschaffen gewesen wären. Auch im gesamten Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer derartige Unterlagen nicht bezeichnet und ihr Fehlen daher auch nicht gerügt. Selbst ein konkreteres Vorbringen in der Beschwerde wäre also im Hinblick auf § 41 VwGG als verspätet unbeachtlich gewesen.

Dem angefochtenen Bescheid haftet somit keine, den Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten verletztende Rechtswidrigkeit an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden mußte.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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