VwGH 94/13/0143

VwGH94/13/014328.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Vereines X in W, vertreten durch Dr. A, Rechsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. Mai 1994, Zl 6/5-7027/94, betreffend Ausstellung eines Bescheides gemäß § 4 Abs 4 Z 5 lit e EStG 1988 in der Fassung Steuerreformgesetz 1993, BGBl Nr 818, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §34 Abs1;
BAO §35 Abs2;
EStG §4 Abs4 Z5 lita;
EStG 1988 §4 Abs4 Z5 lite idF 1993/818;
BAO §34 Abs1;
BAO §35 Abs2;
EStG §4 Abs4 Z5 lita;
EStG 1988 §4 Abs4 Z5 lite idF 1993/818;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Verein beantragte mit Eingabe vom 25. Jänner 1994 die Ausstellung eines Bescheides gemäß § 4 Abs 4 Z 5 lit e EStG 1988 idF BGBl Nr 818/1993.

§ 2 der dem Antrag beigeschlossenen Statuten des Beschwerdeführers regelt den Zweck und § 3 die Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes wie folgt:

"§ 2 Zweck

Erwerb und Adaptierung des ehemaligen Wohnhauses von Bruno Kreisky in 1190 Wien, Armbrustergasse 15, zur Planung und Durchführung von Diskussionen, Fortbildungsveranstaltungen, Tagungen und Workshops zu Fragen der Internationalen Politik und Wirtschaft, sowie zum ständigen Kontakt mit österreichischen und internationalen Forschungsinstituten und Think Tanks zu derartigen Themen. Koordinierung aller bestehenden Institutionen mit direkten Bezügen zu der Tätigkeit Bruno Kreiskys (Bruno Kreisky Stiftung für Verdienste um die Menschenrechte, Stiftung Bruno Kreisky Archiv, Verein der Freunde der Stiftung Bruno Kreisky Archiv, Unabhängige Bruno Kreisky Kommission für Beschäftigungsfragen in Europa).

§ 3 Mittel zur Erreichung von Vereinszwecken

  1. 1. Der Vereinszweck soll durch die in den Abs 2 und 3 angeführten ideellen und materiellen Mittel erreicht werden:
  2. 2. Als ideelle Mittel dienen:
    1. a) Vorträge, Seminare, Bildungs- und Informationsveranstaltungen;
    2. b) Die Herausgabe eines Mitteilungsblattes, sowie von Publikationen in Buch- und Broschürenform;
    3. c) Die Einrichtung einer Bibliothek und verschiedener Archive zur öffentlichen Benützung;
  1. 3. Die erforderlichen materiellen Mittel sollen aufgebracht werden durch:
    1. a) Beitrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge;
    2. b) Erträgnisse aus Veranstaltungen, vereinseigenen Unternehmungen;
    3. c) Spenden, Sammlungen, Vermächtnisse und sonstige Zuwendungen;

      ..."

      Mit Vorhalt vom 3. Februar 1994 wies die belangte Behörde ua darauf hin, daß unter die Begünstigung lediglich Vereine fallen, deren ausschließlicher Zweck es sei, Wissenschaft zu betreiben. Nach den vorgelegten Statuten (§ 2) sei der Beschwerdeführer nicht ausschließlich wissenschaftlich tätig. Der Beschwerdeführer wurde eingeladen, geänderte Statuten vorzulegen oder den Antrag zurückzuziehen, widrigenfalls mit einem abweisenden Bescheid gerechnet werden müsse.

      In einer Vorhaltsbeantwortung vom 25. März 1994 wurde unter Bezugnahme auf den Vereinszweck ausgeführt, daß nach Ansicht des Beschwerdeführers daraus klar erkennbar sei, daß der Beschwerdeführer die wissenschaftliche, genauer gesagt die politikwissenschaftliche Tätigkeit umfasse. Tatsächlich würden durch den Verein diverse wirtschaftswissenschaftliche Projekte in Form von wissenschaftlichen Diskussionen, Publikationsreihen, etc durchgeführt. Zur Darstellung der laufenden und abgeschlossenen Projekte wurde eine "Aktivitätsliste" beigeschlossen. Diese trägt die Überschrift "Aktivitäten der Stiftung Bruno Kreisky Archiv und des Vereins der Freunde der Stiftung Bruno Kreisky Archiv 1993/94". Auf Grund der "Projektbeschreibung" sei die wissenschaftliche Tätigkeit des Vereines "auch tatsächlich unbestritten".

      Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung des genannten Bescheides ab.

      Der Beschwerdeführer habe nicht substantiiert vorgebracht, daß es sich bei den in den Statuten angeführten Vorträgen etc um ausschließlich wissenschaftliche Tätigkeiten handle. Auch verfolge der Beschwerdeführer mit dem in den Statuten aufgezählten Erwerb und der Adaptierung eines Hauses und den angeführten Koordinationstätigkeiten unmittelbar keine ausschließlich wissenschaftlichen Zwecke.

      Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ausstellung eines Bescheides nach § 4 Abs 4 Z 5 EStG 1988 in der Fassung Steuerreformgesetz 1993 verletzt.

      Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

      Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

      Gemäß § 4 Abs 4 Z 5 EStG 1988, in der Fassung BGBl Nr 818/1993, sind Betriebsausgaben jedenfalls Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen zur Durchführung von

    • Forschungsaufgaben oder
    • der Erwachsenenbildung dienenden Lehraufgaben, welche die

      wissenschaftliche oder künstlerische Lehre betreffen und dem Allgemeinen Hochschulstudiengesetz oder dem Kunsthochschul-Studiengesetz entsprechen,

      sowie damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen und Dokumentationen an folgende Einrichtungen:

      1. a) Universitäten, Kunsthochschulen und die Akademie der bildenden Künste, deren Fakultäten, Institute und besondere Einrichtungen.
      2. b) Durch Bundes- oder Landesgesetz errichtete Fonds, die mit Aufgaben der Forschungsförderung betraut sind.
      3. c) Die Österreichische Akademie der Wissenschaften.
      4. d) Juristisch unselbständige Einrichtungen von Gebietskörperschaften, die im wesentlichen mit Forschungs- oder Lehraufgaben der genannten Art für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft und damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen oder Dokumentationen befaßt sind.
      5. e) Juristische Personen, die im wesentlichen mit Forschungs- oder Lehraufgaben der genannten Art für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft und damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen oder Dokumentationen befaßt sind. Weitere Voraussetzung ist, daß an diesen juristischen Personen entweder eine Gebietskörperschaft zumindest mehrheitlich beteiligt ist oder die juristische Person als Körperschaft im Sinne der §§ 34 ff der Bundesabgabenordnung ausschließlich wissenschaftliche Zwecke verfolgt.

        Die Voraussetzungen der lit d und e sind von der jeweiligen Einrichtung durch einen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilten Bescheid der Finanzlandesdirektion nachzuweisen.

        Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, daß das Erfordernis der ausschließlichen Verfolgung wissenschaftlicher Zwecke hinsichtlich der Vorträge, Seminare, etc, zweifellos erfüllt sei. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang, daß im Beschwerdefall - anders als bei der Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit - nicht die wissenschaftliche Tätigkeit, sondern der wissenschaftliche Zweck zur Debatte stehe.

        Dem ist schon entgegenzuhalten, daß sich ein allenfalls wissenschaftlicher Zweck hinsichtlich seiner Erfüllung von einer wissenschaftlichen Tätigkeit nicht trennen läßt. Darüber hinaus ist den Statuten des Beschwerdeführers aber in keiner Weise zu entnehmen, daß der angestrebte Zweck ausschließlich oder auch nur im wesentlichen ein wissenschaftlicher wäre. Dies selbst unter der Annahme, daß eigentlicher Vereinszweck DIE Planung und Durchführung von Diskussionen, Fortbildungsveranstaltungen, Tagungen und Workshops zu Fragen der internationen Politik und Wirtschaft und nicht

    • entsprechend der Satzung - der Erwerb und die Adaptierung des Hauses ZUR (nach Adaptierung von wem auch immer erfolgender) Durchführung von Veranstaltungen ist. Darf doch nicht übersehen werden, daß nicht jede Diskussion, Fortbildungsveranstaltung oder Tagung und nicht jedes Workshop zu Fragen der internationalen Politik und Wirtschaft ausschließlich einem wissenschaftlichen Zweck dient. Auch hinsichtlich der unter den ideellen Mitteln zur Erreichung des Vereinszweckes angeführten Veranstaltungen ist - nach den Statuten - ein bestimmtes (wissenschaftliches) Niveau der Veranstaltungen nicht vorgesehen.

Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß die der Erwachsenenbildung dienenden Lehraufgaben "ex definitione" jedenfalls den wissenschaftlichen Zweck erfülle, ist verfehlt. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich auch hier, daß nicht jede der Erwachsenenbildung dienende Lehraufgabe einen wissenschaftlichen Zweck verfolgt. Dementsprechend enthält § 4 Abs 4 Z 5 EStG 1988 im Zusammenhang mit den der Erwachsenenbildung dienenden Lehraufgaben den besonderen Hinweis "welche die wissenschaftliche oder künstlerische Lehre betreffen".

Mit dem Beschwerdehinweis auf eine im Verfahren vorgelegte Aktivitätenliste nimmt der Beschwerdeführer Bezug auf die tatsächliche Geschäftsführung. Gemäß § 34 Abs 1 BAO sind die Begünstigungen, die bei Betätigungen für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, an die Voraussetzungen geknüpft, daß die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, NACH Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder IHRER sonstigen RECHTSGRUNDLAGE UND nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke zumindest überwiegend im Bundesgebiet dient. Da § 4 Abs 4 Z 5 lit e EStG 1988 auf § 34 BAO ausdrücklich verweist, die Statuten des Beschwerdeführers jedoch die Förderung eines wissenschaftlichen Zweckes nicht enthalten, reicht ein allenfalls "hoher wissenschaftlicher Wert" von der tatsächlichen Geschäftsführung zuzurechnenden Aktivitäten nicht aus, um die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Dies ganz abgesehen davon, daß die der Vorhaltsbeantwortung vom 25. März 1994 angeschlossene - in den vorgelegten Verwaltungsakten ausschließlich enthaltene - Liste die Aktivitäten zweier anderer Vereine, nicht aber die des Beschwerdeführers betrifft.

Bei dieser Beurteilung bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, welcher Stellenwert den im Zweck der Statuten angeführten Koordinationsaufgaben und dem behaupteterweise nicht mehr aktuellen Zweck des Erwerbes und der Adaptierung des betreffenden Gebäudes zukommt.

Verfehlt ist die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte bei gegebenen Bedenken zur Wissenschaftlichkeit des Beschwerdeführers sowohl im Amtshilfeweg bei dem nach den Gesetzesmaterialien zur Neuregelung des § 4 Abs 4 Z 5 EStG 1988 offenkundig als kompetent angesehenen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung als auch in einem weiteren Vorhalt allfällige Zweifel klären müssen. Zweifel dahingehend, ob den Bestimmungen der Statuten möglicherweise doch ein wissenschaftlicher Zweck entnommen werden kann, hat die belangte Behörde in ihrem Vorhalt vom 3. Februar 1994 nicht geäußert. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer in diesem Vorhalt - ungeachtet der nunmehrigen Formulierung im angefochtenen Bescheid - auch nicht aufgefordert, Bedenken hinsichtlich des Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen für eine ausschließlich wissenschaftliche Tätigkeit des Beschwerdeführers zu zerstreuen. Sie vertrat vielmehr - im Ergebnis zu Recht - die Ansicht, daß nach § 2 der vorgelegten Statuten der Beschwerdeführer nicht ausschließlich wissenschaftlich tätig sei, und lud den Beschwerdeführer dementsprechend ein, geänderte Statuten vorzulegen oder den Antrag zurückzuziehen, widrigenfalls mit einer abweisenden Erledigung zu rechnen wäre. Der Beschwerdeführer versuchte jedoch, die belangte Behörde von seinem Rechtsstandpunkt zu überzeugen, daß er auf Grund der Statuten ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken diene. Unter diesen Umständen hat die belangte Behörde aber keine Verfahrensvorschriften verletzt, wenn sie zu einer von ihr zu lösenden Rechtsfrage wegen "nicht ausreichender Vorhaltsbeantwortung" keinen weiteren Vorhalt erließ. Verfahrensvorschriften wurden aber auch dadurch, daß die belangte Behörde kein Amtshilfeersuchen an das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung stellte, schon deshalb nicht verletzt, weil die vom Beschwerdeführer zitierten Gesetzesmaterialien keine entsprechende Verfahrensvorschrift zu normieren vermögen. Überdies mag eine derartige Anfrage zur Aufklärung der Frage, ob eine bestimmte, individuelle Tätigkeit als wissenschaftlich beurteilt werden kann, hilfreich sein, im vorliegenden Fall war aber (zunächst) die Frage zu beurteilen, ob den Statuten des Beschwerdeführers ein ausschließlich wissenschaftlicher Vereinszweck zu entnehmen ist. War bereits diese Frage - wie oben ausgeführt zu Recht - zu verneinen, so bedurfte es nicht mehr der Prüfung der Frage, ob der Beschwerdeführer auch hinsichtlich der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich wissenschaftliche Zwecke verfolgt.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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