Normen
AuslBG §2 Abs2 lita idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs2 litb idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs4 idF 1993/502;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §29;
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;
GmbHG §15;
VStG §1 Abs2;
AuslBG §2 Abs2 lita idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs2 litb idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs4 idF 1993/502;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §29;
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;
GmbHG §15;
VStG §1 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war zur Tatzeit unbestritten der handelsrechtliche Geschäftsführer der G-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.), die in Wien ein koreanisch-japanisches Restaurant betreibt. Bei einer Kontrolle in diesem Lokal wurden am 3. März 1993 die beiden koreanischen Staatsbürger C und K arbeitend angetroffen. Da diese beiden Ausländer ohne Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein angetroffen worden waren, wurde der Beschwerdeführer vom Magistrat der Stadt Wien (Mag) am 29. Juni 1993 zur Rechtfertigung gegenüber dem Vorwurf, gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verstoßen zu haben, aufgefordert.
In seiner Rechtfertigung machte der Beschwerdeführer geltend, Frau K verfüge über einen einer Stammeinlage von S 125.000,-- entsprechenden Anteil an der Ges.m.b.H. und habe daher ihre Tätigkeit im Betrieb als Unternehmerin ausgeübt. Herr C sei ein Verwandter eines anderen Gesellschafters der Ges.m.b.H. und habe sich wegen Verhinderung eines Angestellten am 3. März 1993 bereit erklärt, während der Mittagsstunden kurzfristig auszuhelfen, wobei es sich um einen reinen Gefälligkeitsdienst gegenüber der Familie K gehandelt habe. Es habe daher kein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Ges.m.b.H. und den beiden Ausländern bestanden.
Der Mag sprach nach Einholung einer Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Wien (LAA) und nach Beischaffung der die Ges.m.b.H. betreffenden gesellschaftsrechtlichen Unterlagen den Beschwerdeführer unter Anwendung des § 9 VStG schuldig, er habe es zu verantworten, daß die Ges.m.b.H. am 3. März 1993 um 13.05 Uhr die beiden oben genannten Ausländer beschäftigt habe, obwohl für diese keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei, und sie auch nicht über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt hätten. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung gemäß BGBl. Nr. 450/1990 verstoßen, wofür über ihn zwei Geldstrafen zu je S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 5 Tage) verhängt wurden.
Der Mag ging begründend davon aus, daß die beiden Ausländer am 3. März 1993 im Lokal der Ges.m.b.H. beim Servieren und Abräumen angetroffen worden seien und über keine nach dem AuslBG erforderlichen Papiere verfügt hätten. Zur Widerlegung der dazu vom Beschwerdeführer erstatteten Rechtfertigung berief sich der Mag auf die Stellungnahme des LAA, wonach Frau K in Verbindung mit ihrem Gesellschaftsanteil von 25 % keine Unternehmereigenschaft zukomme und sie in wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Ges.m.b.H. zumindest eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit entfaltet habe. Da derzeit nicht bekannt sei, daß zwischen einer juristischen und einer natürlichen Person eine Familie bestehen könne, Herr C seine Arbeitsleistung aber der Ges.m.b.H. gegenüber erbracht habe, sei diese Leistung der Ges.m.b.H. und nicht der Familie K zuzurechnen und daher auch nicht ein Gefälligkeitsdienst dieser gegenüber.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung nahm der Beschwerdeführer erneut gegen die Annahme Stellung, zwischen der Ges.m.b.H. und den beiden Ausländern hätte ein nach dem AuslBG relevantes Beschäftigungsverhältnis bestanden. Herr C sei nur aushilfsweise und ohne jedwede Abgeltung tätig geworden, Frau K ohne wirtschaftliche Abhängigkeit von der Ges.m.b.H.
Im Berufungsverfahren holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des LAA zur Berufung ein. In der mündlichen Verhandlung vom 28. März 1994 hielten der Beschwerdeführer und das LAA im wesentlichen an ihren bis dahin vertretenen Standpunkten fest. Der Vertreter des Beschwerdeführers führte ergänzend aus, daß zwischen der Ges.m.b.H. und Herrn C sehr wohl Unentgeltlichkeit vereinbart gewesen sei. Auf ihn sei das AuslBG daher eben so wenig anzuwenden wie auf Frau K, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin ihr zustehende Rechte ausgeübt habe, ohne daß dadurch ein Beschäftigungsverhältnis begründet worden sei. Es werde die Einvernhme der beiden Ausländer beantragt. Der Vertreter des LAA ergänzte dazu, die Ausführungen des Vertreters des Beschwerdeführers würden nicht bestritten, jedoch werde nicht anerkannt, daß die Tätigkeiten der beiden Ausländer nicht dem AuslBG unterliegen würden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. März 1993 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge. Der objektive Tatbestand, nämlich das Erbingen von Leistungen durch die beiden Ausländer namens der Betriebsinhabung, sei nicht bestritten worden. Gegenstand der Berufung sei nur die rechtliche Qualifikation dieser Tätigkeiten. Dabei werde die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsansicht hinsichtlich beider Ausländer nicht geteilt. Auch eine aushilfsweise, angeblich unentgeltlich Arbeitsleistung im Rahmen eines Gewerbebetriebes sei, eben so wie die unter Berufung auf Kontrollrechte erbrachte Arbeitsleistung einer Minderheitsgesellschafterin einer Ges.m.b.H. den Regeln des AuslBG zu unterstellen. Es sei daher vom Vorliegen einer Übertretung des AuslBG auszugehen. Die Einvernahme der beiden Ausländer erscheine nicht erforderlich, weil die dadurch nachzuweisenden Umstände ohnehin dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden seien. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG sei zumindest fahrlässige Begehung der angelasteten Taten anzunehmen. In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides befaßte sich die belangte Behörde mit der Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht gemäß dem AuslBG bestraft zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, soferne die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
Durch Art. III Z. 1 der Beschäftigungssicherungsnovelle 1993, BGBl. Nr. 502/1993 wurde
dem § 2 AuslBG folgender Abs. 4 angefügt:
"(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn
1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder
2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, das Arbeitsamt stellt auf Antrag fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen."
Dieser § 2 Abs. 4 AuslBG ist, da nicht anders ausdrücklich bestimmt wurde, gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG am Tage nach seiner Kundmachung im Bundesgesetzblatt, somit am 30. Juli 1993, in Kraft getreten.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn dieser Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Tatbestand bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.
Im Beschwerdefall ist auf Grund des insoweit unbestritten festgestellten Sachverhaltes davon auszugehen, daß die beiden Ausländer am 3. März 1993 Arbeitsleistungen, wie sie typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, für die Ges.m.b.H. erbracht haben, und daß diese Tätigkeiten ohne Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung, einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines ausgeübt wurden. Strittig ist hinsichtlich beider Ausländer ausschießlich die Frage, ob diese von der Ges.m.b.H. im Sinne des § 2 AuslBG "beschäftigt" worden sind. Dies hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren bestritten, doch hat die belangte Behörde - wie sie selbst im angefochtenen Bescheid ausführt, unter Zugrundelegung des Tatsachenvorbringens des Beschwerdeführers - in beiden Fällen eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG angenommen, wobei die belangte Behörde diese ihre Rechtansicht ausschließlich damit begründete, daß "auch eine aushilfsweise, angeblich unentgeltliche Arbeitsleistung im Rahmen eines
Gewerbebetriebes ... ebenso wie die unter Berufung auf
Kontrollrechte erbrachten Arbeitsleistungen einer Minderheitsgesellschafterin einer Ges.m.b.H., den Regelungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu unterstellen" seien.
Dem hält der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde neuerlich sein bereits im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen entgegen, wonach Herr C sich auf Grund familiärer Beziehungen zum Ehepaar K bereit erklärt habe, lediglich aushilfsweise und unentgeltlich Hilfsarbeiten zu verrichten, während Frau K ihre Tätigkeiten als Gesellschafterin der Ges.m.b.H. ohne persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit von dieser ausgeübt habe. In der Beschwerde wird zu Recht gerügt, daß die belangte Behörde auf Grund der von ihr im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht zu Unrecht von ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen zu diesen Fragen Abstand genommen hat.
Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff nach § 2 Abs. 2 AuslBG ist, daß die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0038, und die dort angeführte Vorjudikatur). Sowohl für eine Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 lit. a als auch gemäß § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG - die Fälle der lit. c bis e scheiden nach der Lage des Beschwerdefalles von vornherein aus - ist die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (so etwa aus § 29 AuslBG oder aus kollektivvertraglichen Regelungen) ergibt. Ist hingegen glaubhaft - sei es ausdrücklich oder auch konkludent - für die Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart, dann fehlt es an der für eine Beschäftigung nach dem AuslBG essentiellen persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1992, Zl. 92/09/0193 - unentgeltlicher "Eignungstest").
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer immer wieder vorgebracht, Herr C sei als Verwandter der Familie K unentgeltlich für einen am 3. März 1993 ausgefallenen Arbeitnehmer eingesprungen. In der Verhandlung vor der belangten Behörde am 28. März 1994 hat er betont, diese Unentgeltlichkeit sei vereinbart worden, was vom Vertreter des LAA ausdrücklich nicht bestritten wurde. Im angefochtenen Bescheid ist zwar bloß von einer "angeblich" unentgeltlichen Arbeitsleistung die Rede, doch führt die belangte Behörde wenig später aus, die vom Beschwerdeführer beantragte Einvernahme der beiden Ausländer könne unterbleiben, weil die dadurch nachzuweisenden Umstände (dazu zählte die behauptete Unentgeltlichkeit) ohnehin dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden seien. War dies der Fall, dann konnte die belangte Behörde aber die Tätigkeit des Ausländers auch nicht wie eine entgeltliche Leistung behandeln.
Bei Frau K ist die Situation im Ergebnis ähnlich, hat doch der Beschwerdeführer bezüglich dieser Ausländerin immer wieder erklärt, sie sei als Gesellschafterin der Ges.m.b.H. und nicht als bei dieser Beschäftigte tätig geworden, was die Behauptung einer unentgeltlichen Tätigkeit inkludiert. Tatsächlich ist im gesamten Verwaltungsverfahren aber nie erhoben oder gar festgestellt worden, daß Frau K ihre am 3. März 1993 festgestellte Tätigkeit gegen Entgelt seitens der Ges.m.b.H. verrichtet hätte.
Hinsichtlich des Schuldspruches des Beschwerdeführers wegen Beschäftigung der zuletzt genannten Ausländerin kommt zu diesen Erwägungen, daß schon nach der im Tatzeitpunkt (am
3. März 1993, also noch vor Inkrafttreten der neuen, für den Beschwerdeführer möglicherweise günstigeren Bestimmungen des § 2 Abs. 4 AuslBG) vorgelegenen Rechtslage Tätigkeiten bestimmter Geschäftsführer und Gesellschafter für eine Gesellschaft m.b.H. nicht als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG anzusehen waren (siehe dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1988, Zl. 87/09/0267 = Slg. 12642/A, und vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0146). In dieser Frage entzieht sich der angefochtene Bescheid allerdings mangels jedweder Sachverhaltsfeststellungen der Kontrolle seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof.
Zusammenfassend ergibt sich, daß die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage entscheidungswesentliche Feststellungen nicht getroffen und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat. Dieser war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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