VwGH 94/09/0092

VwGH94/09/009215.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des W in Wien, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 10. Februar 1994, Zl. Senat-NK-92-088, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Wien erstattete am 17. Juli 1991 gegen die W.K. G Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.) mit dem Sitz in T Anzeige nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), weil am 17. Juli 1991 der algerische Staatsbürger B.B. beim Verteilen von Werbematerial im Auftrag der Ges.m.b.H. angetroffen worden war, ohne über die erforderliche arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zu verfügen. Zur Tatzeit war unbestritten der nunmehrige Beschwerdeführer der handelsrechtliche Geschäftsführer der Ges.m.b.H.

Einer Aufforderung zur Rechtfertigung hielt der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 7. Februar 1992 entgegen, mit den Prospektverteilern würden Werkverträge abgeschlossen, aus denen sich das Fehlen einer persönlichen Arbeitspflicht, das Arbeiten nach eigenem Plan, die Möglichkeit von Gehilfen und Substituten und das Fehlen jeglicher Einordnung in die Unternehmensorganisation der Ges.m.b.H. ergebe. Es handle sich somit um einen reinen Werkvertrag, der nicht den Bestimmungen des AuslBG unterliege. Für B.B. habe kein Werkvertrag aufgefunden werden können; entweder sei dieser Vertrag verreiht oder B.B. habe als Gehilfe für einen anderen Verteiler gearbeitet.

Das Landesarbeitsamt Niederösterreich (LAA) wies zu dieser Rechtfertigung darauf hin, daß B.B. der Polizei gegenüber angegeben habe, für die Ges.m.b.H. zu arbeiten und dabei ca. S 6.000,-- im Monat zu verdienen; er sei bei der Ges.m.b.H. seit etwa zwei Monaten beschäftigt.

In einer weiteren Stellungnahme führte der Vertreter des Beschwerdeführers dazu aus, entscheidend sei, daß mit B.B. ein Werkvertrag abgeschlossen worden sei, dessen Inhalt ihm übersetzt worden und mit dem er auch einverstanden gewesen sei.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (BH) vom 4. Juni 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Ges.m.b.H. mit Sitz in T zu verantworten, daß durch diese der Ausländer B.B. am 17. Juli 1991 als Prospektverteiler beschäftigt worden sei, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG verstoßen. Über den Beschwerdeführer wurde deshalb eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) verhängt, außerdem wurde er zum Ersatz der Kosten von S 500,-- verhalten.

Begründend verwies die BH auf die Anzeige und auf die Rechtfertigung des Beschwerdeführers. Im gesamten Verfahren sei der behauptete Werkvertrag nicht vorgelegt worden, weshalb der diesbezügliche Entlastungsbeweis als mißlungen anzusehen sei. B.B. habe angegeben, für die Ges.m.b.H. als Verteiler mit einem Monatsverdienst von ca. S 6.000,-- seit etwa zwei Monaten tätig zu sein. Im weiteren begründete die BH die Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte darin erneut aus, Verteiler würden für die Ges.m.b.H. nur auf Werkvertragsbasis tätig. Wenn auch der Vertrag nicht vorgelegt werden könne, sei doch auch mit B.B. ein solcher zustande gekommen.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 29. September 1993 wurde der Beschwerdeführer einvernommen und gab dabei nähere Erläuterungen zu den von der Ges.m.b.H. mit den Prospektverteilern abgeschlossenen Werkverträgen. Er glaube, auch mit B.B. sei ein solcher Vertrag abgeschlossen worden. In einer weiteren Verhandlung vom 8. Februar 1994 wurde seitens des Beschwerdeführers ergänzt, daß ein schriftlicher Werkvertrag mit B.B. nicht habe aufgefunden werden können, doch seien mit B.B. die gleichen Vereinbarungen getroffen worden, wie sie aus den "bereits bekannten" Werkverträgen hervorgingen. Auf die Einvernahme des B.B. als Zeugen wurde verzichtet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 1994 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde den Gang des vorangegangenen Verfahrens wieder und führte danach zum Sachverhalt aus:

Unbestritten stehe fest, daß der im Spruch genannte Ausländer am 17. Juli 1991 im Auftrag der Ges.m.b.H. mit der Verteilung von Werbematerial angetroffen worden sei und weder Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis noch Befreiungsschein vorlagen. Der Beschwerdeführer habe seine Tätigkeit unter Hinweis auf einen mit B.B. abgeschlossenen Werkvertrag näher erläutert. Demnach werde der einmal abgeschlossene Werkvertrag immer wieder mündlich verlängert. Die Tätigkeit gestalte sich derart, daß das für ein bestimmtes Gebiet vorgesehene Werbematerial dem Verteiler übergeben werde und von diesem innerhalb bestimmter Zeit zu bearbeiten sei.

Dabei stehe ihm frei, die Verteilung alleine oder unter Zuhilfenahme von Gehilfen durchzuführen. Die Verteilung werde stichprobenartig überprüft, für den Fall der mangelhaften Verteilung erwachse dem Verteiler kein Entgeltanspruch. Über das verteilte Material würden vom Verteiler Aufzeichnungen geführt, die als Verrechnungsgrundlage dienten; die Entlohnung erfolge nach verteilter Stückzahl, und zwar jeweils nach Auflaufen eines Anspruchs in der Höhe von S 2.000,-- bis S 3.000,--. Eine Zahlungspflicht treffe den Auftraggeber nur gegenüber dem Verteiler und nicht gegenüber allfälligen Gehilfen. Hinsichtlich der Vorgangsweise und der Ausgestaltung der Tätigkeit der Ausländer folge die belangte Behörde der Darstellung des Beschwerdeführers.

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde von den einschlägigen Bestimmungen des AuslBG und der Rechtsprechung (vor allem vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. September 1993, Zl. 92/09/0322) aus, wonach auch ein Werkvertragsnehmer bei wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Auftraggeber als in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis tätig anzusehen sei. Die Rechtsnatur der Vertragsbeziehung zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger sei nicht entscheidend. Entscheidend sei vielmehr die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leiste, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Situation befinde (organisatorischer Aspekt der wirtschaftlichen Abhängigkeit). Zu prüfen sei daher das Gesamtbild der konkreten Tätigkeit und ob durch diese die Arbeit leistende Person trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage sei, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert sei, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen und ob sie daher als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönlich abhängige Arbeitnehmer anzusehen sei.

In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde die typischen Merkmale des Arbeits- und des Werkvertrages einander gegenüber und folgerte daraus, daß das zwischen der Ges.m.b.H. und den Verteilern vereinbarte Rechtsverhältnis sowohl Elemente des Dienst- als auch eines Werkvertrages enthalte, wobei es nicht auf die Bezeichnung des Vertrages, sondern auf seinen Inhalt ankomme.

Das zwischen der Ges.m.b.H. und den Ausländern einmal schriftlich eingegangene Rechtsverhältnis sei mündlich immer wieder verlängert worden. Diese Vorgangsweise sei nicht als eine jeweils zu individualisierende Verpflichtung im Sinne einer Werkbestellung anzusehen, die jeweils mit der Erfüllung des Auftrags erlösche, sondern es sei darin ein Dauerschuldverhältnis zu erblicken, in dessen Rahmen die Ges.m.b.H. vereinbarungsgemäß die Arbeitskraft des Ausländers einsetzen könne. Daraus, daß der Ausländer seine Arbeitskraft über einen immer wieder verlängerten Zeitraum für nur gattungsmäßig bestimmten Einsatz zur Verfügung stellte, ergebe sich, daß dieser in seiner wirtschaftlichen Stellung einem abhängigen Arbeitnehmer ähnlicher gewesen seien als einem selbständigen Unternehmer. Die Annahme eines Dauerschuldverhältnisses ergebe sich auch daraus, daß für die Beendigung des Rechtsverhältnisses vertragsmäßig sogar eine Aufkündigung in Betracht gekommen sei. Vereinbarungsgemäß habe die Ges.m.b.H. das Entgelt nur abschnittsweise geschuldet, woraus sich eine in regelmäßigen Abschnitten vorgenommene leistungsbezogene Entlohnung ergebe. Es habe dem Ausländer auch an einer eigenen Betriebsstätte gefehlt.

Es handle sich daher um ein arbeitsnehmerähnliches Verhältnis, weshalb die Ges.m.b.H. gemäß § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG als Arbeitgeber anzusehen sei.

Die belangte Behörde sei von Fahrlässigkeit auf Seiten des Beschwerdeführers ausgegangen. Er sei auch nicht durch eine Weisung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, wonach derartige Tätigkeiten als Werkverträgen unterliegend anzusehen wären, entschuldigt, und er habe eine solche Weisung auch nicht nachweisen können.

Zur Strafhöhe sei auszuführen, daß die Mindeststrafe verhängt worden sei; für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes im Sinne des § 20 VStG habe sich kein Hinweis ergeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nicht auf Grund der Bestimmungen des AuslBG schuldig erkannt und bestraft zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten festgestellt wurde, daß die Ges.m.b.H. für B.B. keine Beschäftigungsbewilligung hatte und daß der Ausländer auch nicht über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügte.

Der Beschwerdeführer führt dazu aus, der Ausländer hätte solcher arbeitsmarktrechtlicher Papiere deshalb nicht bedurft, weil er als Partner eines mit der Ges.m.b.H. abgeschlossenen Werkvertrages selbständig und nicht als Dienstnehmer aufgetreten sei. Dem steht die von der belangten Behörde vertretene Auffassung entgegen, der Ausländer sei durch die tatsächliche Ausgestaltung seiner Tätigkeit für die Ges.m.b.H. als arbeitnehmerähnlich anzusehen.

Der Verwaltungsgerichtshof stimmt der belangten Behörde darin zu, daß es bei der Beurteilung des zwischen der Ges.m.b.H. und dem Ausländer bestehenden Verhältnisses nicht auf einer nominell abgeschlossenen "Werkvertrag", sondern entscheidend auf die tatsächlichen Umstände ankommt.

Auszugehen ist davon, daß nach den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zwischen der Ges.m.b.H. und dem im Beschwerdefall betroffenen Ausländer eine als "Werkvertrag" betitelte schriftliche Vereinbarung folgenden Wortlautes mit der Ges.m.b.H. abgeschlossen wurde:

"Die Auftragsvergabe erfolgt an selbständige Werbemittelverteiler (Handelsvertreter, sogenannte Erfüllungsgehilfen) mit Weiterbeschäftigungsrecht und ohne Konkurrenzverbot, für deren Verschulden dieser wie für sein eigenes haftet. Unter Berücksichtigung sämtlicher Rechte und Pflichten selbständiger Erwerbsträger und unter Voraussetzung, daß alle Bestimmungen des Ausländers für den Aufenthalt in Österreich erfüllt sind.

Das Entgelt kann erst nach Vollendung des dritten Werkes (ein Werk kann mehrere Ortschaften beinhalten) und nach Ablauf des darauffolgenden Monats beansprucht werden. Da heißt: ist eine Leistung in der Zeit vom 26.01. bis 25.02. erfolgt, so wird diese Leistung Anfang bis Mitte März zur Auszahlung gebracht, gleichgültig ob der Verteiler noch weiterarbeitet oder nach dem dritten Werk seine Zusammenarbeit mit uns aufkündigt. Sollte die Zusammenarbeit vor dem dritten Werk gekündigt werden wegen mangelhafter Verteilung, Nichtfertigstellung eines erteilten Auftrages oder aus Gründen des Verteilers, so entfällt der Entgeltsanspruch zur Gänze.

Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß Sie als selbständiger Handelsvertreter den Bestimmungen des Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuergesetzes unterliegen und seitens der Firma bezüglich Sozialversicherung nicht meldepflichtig sind, da keine Bindung laut dem Arbeitsrecht (keine geregelte Arbeitszeit bzw. Arbeitsort) besteht. Die Beträge werden inkl. MWST ausbezahlt und sind von Ihnen jeden 10. des übernächsten Monats bei Ihrem zuständigen Finanzamt abzugeben. Weiters müssen Sie Ihr Einkommen am Jahresende ordnungsgemäß versteuern.

Ich erkläre mich hiermit mit allen Punkten des Werkvertrages einverstanden und habe sie sorgfältig durchgelesen, bzw. wurden sie mir von meinem Freund oder einem Dolmetscher zur Verständnis gebracht."

Zur Abgrenzung zwischen Werkvertrag einerseits und einem dem AuslBG unterliegenden arbeitnehmerähnlichen Verhältnis hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. September 1993, Zl. 92/09/0322, im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Nach § 1 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, (AuslBG) regelt dieses Bundesgesetz die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

Nach § 2 Abs. 1 AuslBG gilt als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

Als Beschäftigung gilt nach Abs. 2 der genannten Bestimmung u. a. die Verwendung

  1. a) in einem Arbeitsverhältnis und
  2. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

    Den Arbeitgebern sind nach Abs. 3 lit. a der genannten Bestimmung in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist, gleichzuhalten.

    Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG i.d.F. BGBl. Nr. 450/1990 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.

    Aus § 2 Abs. 2 und Abs. 3 AuslBG folgt, daß der Begriff "Beschäftigung" im AuslBG nicht nur Arbeitsvertragsverhältnisse umfaßt, und daß unter Arbeitgeber nicht nur der Vertragspartner eines Arbeitsvertrages zu verstehen ist. Die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers trifft daher nach § 3 Abs. 1 AuslBG auch einen "Werkvertragsgeber", wenn die Grundlage für den Vertrag nicht in gewerberechtlichen oder sonstigen Normen liegt und der Werkvertrag so beschaffen ist, daß der "Werkvertragsnehmer" zwar nicht in der Frage seiner persönlichen, aber in der Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit einem Arbeitnehmer nahezu gleichkommt.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem zum Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz ergangenen Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 84/11/0234, Slg. N.F. Nr. 12.015/A, eingehend und unter Angabe von Schrifttum und Judikatur insbesondere zu § 2 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes mit dem Begriff des arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses auseinandergesetzt. Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 2 AuslBG weisen hinsichtlich der arbeitnehmerähnlichen Verhältnisse ausdrücklich auf die einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere auf § 2 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes und die dazu ergangene Judikatur hin. Es besteht somit kein Zweifel, daß der Gesetzgeber im AuslBG - abgesehen von der Ausnahme durch den Verweis auf gewerberechtliche und sonstige Vorschriften - den Begriff "arbeitnehmerähnliche Verhältnisse" nicht anders als in anderen arbeitsrechtlichen Vorschriften verstanden wissen wollte. Die Heranziehung des vorher genannten Erkenntnisses auch für das AuslBG ist daher berechtigt.

    In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß das Rechtsverhältnis der arbeitnehmerähnlichen Person zu ihrem Auftraggeber auch ein Werkvertragsverhältnis, aber auch ein sogenannter "freier Dienstvertrag" sein kann. Gegenstand der Verpflichtung im Rahmen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses kann demgemäß jede Art von Arbeitsleistung sein; die Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger ist nicht entscheidend. Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist vielmehr die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist jedenfalls nicht persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig; seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen er als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, muß daher darin erblickt werden, daß er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Arbeitsleistung wirtschaftlich abhängig ist. Ebenso wie beim Arbeitnehmer ist aus ähnlichen Gründen der Praktikabilität auch bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit unter dem "finanziellen" Gesichtspunkt nicht konkret zu prüfen, ob der "Arbeitnehmerähnliche" auf die Gegenleistungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Empfänger der Arbeitsleistung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen ist, ob er sie auch nur dafür verwendet oder ob er seinen Lebensunterhalt aus anderen Einkünften oder aus eigenem Vermögen bestreitet.

    Entscheidend - so der Verwaltungsgerichtshof weiter in der Begründung des Erkenntnisses VwSlg. Nr. 12.015/A - ist vielmehr der "organisatorische" Aspekt der wirtschaftlichen Abhängigkeit, und nicht, ob die arbeitnehmerähnliche Person konkret auf die Gegenleistungen aus diesem Rechtsverhältnis zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen ist. Darauf, woraus sie konkret ihren Lebensunterhalt bestreitet, kommt es daher auch unter dem "finanziellen" Aspekt ihrer Arbeitnehmerähnlichkeit nicht an. Was den "organisatorischen" Aspekt der wirtschaftlichen Abhängigkeit betrifft, bedarf es bei der Arbeitnehmerähnlichkeit einer Person im Verhältnis zu einer anderen der Prüfung, ob das konkrete und genau zu erhebende Gesamtbild der Tätigkeit, die diese Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, daß sie auf Grund der Art und Weise, in der sie für ihn tätig ist, trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert ist, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen, und daher als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönlich abhängige Arbeitnehmer tätig anzusehen ist.

    Bei dieser Beurteilung ist - in methodischer Hinsicht - zu beachten, daß nicht alle Kriterien, die an sich zur Bestimmung der Arbeitnehmerähnlichkeit wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit in konkreten Einzelfällen möglicherweise relevant sein könnten, als solche aber gar nicht erschöpfend faßbar sind, verwirklicht sein müssen; arbeitnehmerähnlich kann daher eine Person auch dann sein, wenn hinsichtlich deren Tätigkeiten das eine oder andere an sich relevante Merkmal fehlt, das eine oder andere an sich relevante Merkmal nur geringfügig ausgeprägt ist, während andere wieder in besonders prägnanter Weise zum Ausdruck kommen. Hiebei dürfen einzelne Umstände, die für und wider ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sprechen, nicht isoliert voneinander gesehen werden, sondern müssen in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht bewertet werden. Übt eine Person im selben Zeitraum Tätigkeiten für eine unbegrenzte, ständig wechselnde Zahl von Auftraggebern aus, so spricht dies grundsätzlich gegen ihre Arbeitnehmerähnlichkeit wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit im Verhältnis zu ihrem Auftrag, weil derjenige, der gleichzeitig mit einer unbestimmten häufig wechselnden Zahl von Auftraggebern zu tun hat, im Regelfall von keinem einzelnen von ihnen wirtschaftlich abhängig ist.

    Die Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung aller für ein abhängiges Arbeits- oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis einerseits oder für einen Vertrag mit einem selbständigem Partner andererseits sprechenden tatsächlichen Umstände, wie sie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 2. September 1993, Zl. 92/09/0322, herausgearbeitet hat, ist auch das Ergebnis der Analyse von Strasser, "Abhängiger Arbeitsvertrag oder freier Dienstvertrag", in: Das Recht der Arbeit Nr. 2/1992, S. 93 ff.

    An diesen Maßstäben gemessen ergibt sich für den vorliegenden Beschwerdefall in erster Linie, daß es einerseits an einem fest umgrenzten, vereinbarungsgemäß umschriebenen "Werk" fehlt, daß aber andererseits wiederum für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Ausländers spricht, daß es ihm freigestellt war, die der Ges.m.b.H. gegenüber anfallenden Leistungen auch durch Dritte ausführen zu lassen. Es handelt sich aber jedenfalls um regelmäßig wiederkehrende Leistungen, durch deren Erbringung der Ausländer in seiner Entscheidungspflicht auf ein Minimum eingeschränkt ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0159). Im übrigen überwiegen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sprechenden Argumente eindeutig:

    So das zeitlich unbegrenzte Kontrollrecht der Ges.m.b.H., deren im Wege von Kürzungen des Entgelts vorgesehene "Disziplinar"- Maßnahmen gegenüber dem Verteiler und das Fehlen eigener Betriebsstätten und Betriebsmittel des Verteilers.

    Die belangte Behörde hat daher zutreffend erkannt, daß trotz der Bezeichnung der zwischen der Ges.m.b.H. und dem Ausländer getroffene Vereinbarung als "Werkvertrag" die für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit desselben für die Ges.m.b.H. sprechenden Elemente überwiegen. Davon ausgehend trifft die Annahme zu, daß dieses Verhältnis gemäß § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG als Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist, wobei die Ges.m.b.H. gemäß § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG dem Arbeitgeber gleichzuhalten ist.

    Der Beschwerdeführer bekämpft schließlich die Annahme der belangten Behörde, es sei ihm bei der Beschäftigung des Ausländers Fahrlässigkeit anzurechnen. Dazu verweist er in der Beschwerde erneut auf eine im gesamten Verfahren nicht produzierte Weisung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, wonach Kolporteure und Zeitungsverteiler keiner Beschäftigungsbewilligung bedürften. Einen Nachweis dafür, daß er durch unrichtige Rechtsauskünfte zu einer im Ergebnis unzutreffenden Rechtsmeinung gedrängt worden wäre, hat der Beschwerdeführer nicht erbracht. Der bloße Umstand, daß in einer bestimmten Rechtsfrage Rechtsunsicherheit herrscht, berechtigt nicht dazu, sich ohne weitere Nachforschungen für die günstigste Variante zu entscheiden und damit gegebenenfalls ungerechtfertigte Rechtsvorteile in Anspruch zu nehmen. Um dem Vorwurf schuldhafter Verstöße gegen das AuslBG zu entgehen, wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, sich einschlägig zu informieren und allenfalls den Nachweis zu erbringen, unrichtige amtliche Rechtsauskünfte hätten zu seinem objektiv rechtswidrigen Handeln geführt.

    Im übrigen hat die belangte Behörde nicht zuletzt durch Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 AuslBG den Umständen des Einzelfalles ausreichend Rechnung getragen. Der Beschwerdeführer hat auch gegen die Strafbemessung in seiner Beschwerde nichts vorgebracht.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Abhaltung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 15. Dezember 1994

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