VwGH 94/02/0095

VwGH94/02/009522.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, in der Beschwerdesache des R in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 18. Jänner 1994, Zl. UVS-8/55/2-1994, betreffend Schubhaft, den Beschluß gefaßt:

Normen

ABGB §1332;
AVG §71 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 1994 wurde die vom Beschwerdeführer wegen Anhaltung in Schubhaft eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die weitere Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig festgestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende (am 7. März 1994 zur Post gegebene) Beschwerde, mit der ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde verbunden ist. Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, sein Rechtsvertreter habe am 9. Februar 1994 eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides beim Stadtjugendamt Salzburg angefordert. Dieser Bescheid sei daraufhin mit Telefax vom selben Tag weitergeleitet worden. Daraufhin habe Rechtsanwalt Dr. M. persönlich die sechswöchige Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen diesen Bescheid im Fristvormerkkalender seiner Rechtsanwaltskanzlei eingetragen und habe dabei aufgrund des Eingangsstempels "Magistrat Salzburg, Abteilung 3/00, Wohlfahrtsabteilung, Eingang 24. Jänner 1994" die sechswöchige Frist beginnend ab dem 24. Jänner berechnet und als letzten Tag der Frist für die Beschwerdeeinbringung den 7. März 1994 im Fristenkalender seiner Kanzlei vorgemerkt. Am Wochenende zwischen dem 4. März und dem 7. März 1994 habe Dr. M. die Beschwerde diktieren und sodann am letzten Tag der Frist (am 7. März 1994) in seiner Kanzlei schreiben lassen wollen. Zu diesem Zweck habe er sich den betreffenden Handakt am Freitag, dem 4. März 1994, in seine Privatwohnung mitgenommen. Erst beim Studium des Aktes und aus Anlaß des Diktates der gegenständlichen Beschwerde habe er festgestellt, daß sich auf der Bescheidausfertigung ein weiterer Eingangstempel befinde, demzufolge der angefochtene Bescheid bei der Haupteinlaufstelle des Magistrats Salzburg bereits am 21. Jänner 1994 eingelangt sei. Da er als Ausgangspunkt des Fristenlaufs den 24. Jänner 1994 herangezogen habe, sei es möglicherweise dann zu einer Fristversäumung gekommen, wenn als erster Tag der Frist der 21. Jänner 1994 zu zählen sei. Es werde nicht in Abrede gestellt, daß es sich bei dieser Art der Fristvormerkung unter Umständen um eine Fahrlässigkeit des Rechtsvertreters handle, doch sei diese Fahrlässigkeit nach den gegebenen Umständen als minderer Grad des Versehens einzustufen.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von der Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 AGBB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber (oder sein Vertreter) darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten (und Verwaltungsbehörden) und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. Dabei ist an rechtskundige Personen ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte (vgl. den hg. Beschluß vom 16. Dezember 1992, Zlen. 92/02/0273, 0274 mit weiteren Judikaturhinweisen).

Die Einhaltung von Rechtmittelfristen erfordert von der Partei und ihrem Vertreter größtmögliche Sorgfalt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, Zl. 90/19/0471). Unter Zugrundelegung des oben dargestellten, gegenüber dem Vertreter des Beschwerdeführers anzuwendenden Maßstabes ist nicht erkennbar, weshalb bei der Fehleintragung des für den Ablauf einer Rechtsmittelfrist maßgeblichen Termines bloß ein Versehen minderen Grades unterlaufen sein sollte. Dies deshalb, weil die hiefür ursächliche Existenz der erwähnten beiden Eingangsstempel mit voneinander verschiedenen Daten auf dem angefochtenen Bescheid auf den ersten Blick auffällt. Sohin war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben.

Damit erweist sich die vorliegende Beschwerde als verspätet; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen.

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