VwGH 94/01/0352

VwGH94/01/035219.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. März 1994, Zl. 4.331.702/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. März 1994 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. November 1991 ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem mazedonischen Staatsangehörigen, der am 24. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 25. November 1991 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei.

Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 27. November 1991 aus, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle.

Es stellt sich zunächst schon als wesentlicher Verfahrensmangel dar, daß sich die belangte Behörde nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob Slowenien im Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers bereits als Staatsgebilde in dem Sinne bestanden hat, daß es als anderer Staat gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 qualifiziert werden konnte. Ob dies allenfalls auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, läßt sich der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die "Situation in Slowenien war zum damaligen Zeitpunkt" (November 1991, in dem in Kroatien Krieg geführt wurde, der Krieg in Slowenien gerade erst drei Monate beendet war, eine neuerliche Aggression gegenüber Slowenien nicht auszuschließen war und in dem außer Österreich noch kein westlicher Staat die Anerkennung Sloweniens befürwortet habe) "derart unsicher, daß weder Verfolgungssicherheit anzunehmen noch auszuschließen war, daß ich nach Mazedonien abgeschoben werde".

Würden diese Behauptungen zutreffen, so könnte auch nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - nicht anzunehmen sei, daß Slowenien als Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe hinsichtlich der Mitgliedschaft dieses Landes BGBl. Nr. 260/1992) "die sich aus dieser Mitgliedschaft ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige", und daß davon auszugehen sei, daß "das Nonrefoulementrecht ebenfalls effektiv in Geltung" stehe, dies jeweils bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesem Land (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/0522).

Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptung erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer aber auch diesbezüglich die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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