VwGH 94/01/0291

VwGH94/01/029116.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des B in A, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Februar 1994, Zl. 4.333.639/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der ehemaligen "jugosl. Föderation", der am 21. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 12. Mai 1992, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, ab.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung und damit die Versagung von Asyl - ohne sich mit der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinanderzusetzen - ausschließlich darauf gestützt, daß dieser auf Grund seines Aufenthaltes in Slowenien bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei. Dem hält der Beschwerdeführer in der Beschwerde insbesondere entgegen, Slowenien habe zur Zeit seiner Durchreise auf Grund des herrschenden Kriegszustandes nicht als sicheres Drittland bezeichnet werden können. Die politische Situation in diesem Land sei bis heute nicht stabil. Insbesondere sei darauf zu verweisen, daß Slowenien, ebenso wie das Heimatland des Beschwerdeführers Kosovo, Teil der früheren SFRJ gewesen sei, deren Zerfall bislang nicht einmal abgeschlossen sei. Die Abspaltung von Slowenien sei nicht im Einvernehmen mit der derzeit verbliebenen jugoslawischen Föderation erfolgt, sondern im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen, wobei im Zeitpunkt seiner Durchreise keine völkerrechtliche Anerkennung der Abspaltung Sloweniens erfolgt gewesen sei und immer noch die Gefahr einer "Heimholung" dieses Gebietes bestanden habe. Wäre der Beschwerdeführer in Slowenien aufgegriffen worden, wäre er als Wehrdienstverweigerer sofort hingerichtet worden. Es könne keine Rede davon sein, daß er sich in Slowenien in Sicherheit befunden habe. Im übrigen sei im Zeitpunkt seiner Durchreise ein funktionierendes rechtsstaatliches Verfahren noch nicht gewährleistet gewesen, zumal die entsprechenden Einrichtungen noch nicht geschaffen gewesen seien. Die belangte Behörde räume im angefochtenen Bescheid zwar selbst gewisse Unzulänglichkeiten ein, es wäre jedoch ihre Aufgabe gewesen, den Standard der Rechtsordnung Sloweniens zu erheben. Die allgemein gehaltenen Ausführungen zur Annahme der Verfolgungssicherheit reichten jedenfalls nicht aus, um diese mit Gewißheit bejahen zu können.

Mit diesen Ausführungen bringt der Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht Behauptungen vor, bei deren Zutreffen nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein könnte, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - "davon ausgegangen werden könne, daß in Slowenien, dessen Rechts- und Verfassungsordnung im großen und ganzen effektiv sei, auch größere Teilbereiche dieses Rechtsbestandes, wie eben das "Nonrefoulementrecht", ebenfalls effektiv in Geltung stünden.

Der Beschwerdeführer hat diese Behauptungen zwar erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit geboten, zur Frage der Verfolgungssicherheit Stellung zu nehmen, weshalb der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nicht dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt.

Die belangte Behörde hat dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von - unter dem Blickwinkel der Beschwerdeausführungen - entsprechenden Ergebnissen eines unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, diesen mit Verfahrensmängeln belastet und damit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten ist.

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