VwGH 93/18/0615

VwGH93/18/061529.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 3. November 1993, Zl. Fr-459/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 3. November 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen polnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Nach der Begründung sei der seit dem Jahre 1988 in Österreich aufhältige Beschwerdeführer am 14. Juli 1993 vom Landesgericht Eisenstadt wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130 sowie 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 4 Monate unbedingt, verurteilt worden. Es sei davon auszugehen, daß der Tatbestand nach § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Aufgrund der Schwere der gerichtlichen Verurteilung sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten, um die öffentliche Ruhe und Ordnung zu wahren und weitere strafbare Handlungen zu verhindern. Der Sohn des Beschwerdeführers lebe in Österreich, es bestünden durchaus intensive familiäre Bindungen. Die belangte Behörde sei sich im Klaren darüber, daß das Aufenthaltsverbot Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie habe. Diese wögen jedoch nicht schwerer, als die Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, weil der Beschwerdeführer viele und schwere Rechtsbrüche begangen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die - zutreffende - Annahme der belangten Behörde, der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt, bleibt in der Beschwerde unbestritten.

Der Beschwerdeführer bringt vor, daß auch die genauen Umstände der Straftat zu berücksichtigen seien. Er sei taubstumm; durch einen Arbeitskollegen sei seine Spielleidenschaft geweckt worden; diese habe regelrecht zu einer "Sucht" geführt, welche er durch die abgeurteilten Vermögensdelikte zu decken versucht habe. Mittlerweile sei der Beschwerdeführer vollkommen von seiner Spielsucht geheilt und bestehe keine Gefahr, daß er neuerlich straffällig werde.

Der Beschwerdeführer vermag mit diesen Ausführungen keine Gründe darzutun, welche gegen die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sprechen und die die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG leg. cit. unzulässig erscheinen ließen. Das vom Beschwerdeführer begangene Delikt (gewerbsmäßiger Diebstahl), dessentwegen er empfindlich bestraft wurde, stellt eine derart schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Daran vermag die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, er sei von seiner Spielsucht, die ursächlich für die Vermögensdelikte gewesen sei, geheilt, nichts zu ändern. Gleiches gilt für die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, dem Beschwerdeführer werde höchstwahrscheinlich in Zukunft eine Arbeitsbewilligung erteilt werden und sein ehemaliger Arbeitgeber werde ihn bei Vorliegen sämtlicher erforderlichen Voraussetzungen wieder als Arbeiter anstellen.

Auch wenn durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird - der Beschwerdeführer ist seit 1988 im Bundesgebiet und hat hier ein minderjähriges Kind sowie eine Lebensgefährtin -, so ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes mit Rücksicht auf die vom Beschwerdeführer ausgehende beträchtliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit gemäß § 19 FrG jedenfalls zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen (durch den Beschwerdeführer) und des Schutzes der Rechte anderer, dringend geboten.

Was die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung anlangt, so kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis kam, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keineswegs schwerer als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines solchen wögen. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid insoweit auf sämtliche dem privaten (persönlichen, familiären) Interessenbereich angehörenden Umstände Bedacht genommen und sie als erheblich gewertet. Wenn die belangte Behörde unter Hinweis auf die "vielen und schweren Rechtsbrüche" (nach den unbekämpften Feststellungen der Behörde erster Instanz wurde der Beschwerdeführer wegen

ca. 150 PKW-Einbrüche und 12 Wohnungseinbrüche, begangen in der Zeit vom Oktober 1992 bis 31. März 1993, verurteilt) zu dem Ergebnis gelangt ist, daß das Absehen von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in ihren nachteiligen Folgen schwerer wiege als die negativen Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, so kann dieses Abwägungsergebnis im Hinblick auf das die öffentliche Sicherheit in sehr hohem Grad gefährdende Verhalten des Beschwerdeführers, welches eine hartnäckige Mißachtung fremden Eigentums zum Ausdruck bringt, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Wenn der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, in Polen gäbe es bei weitem nicht solche Behinderteneinrichtungen wie in Österreich, sodaß er durch eine Rückkehr nach Polen einen wesentlich größeren Nachteil, als dies bei nichtbehinderten Personen der Fall sei, zu gewärtigen habe und es höchst fraglich sei, ob er bei einer Rückkehr nach Polen ein Einkommen erzielen könnte, um es seinem Kind zur Verfügung zu stellen, ist er darauf hinzuweisen, daß ein Aufenthaltsverbot allein den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich ausschließt, hingegen keinen Abspruch darüber enthält, in welches Land er auszureisen hat oder allenfalls abgeschoben wird. Diese Ausführungen entbehren daher im gegebenen Zusammenhang der Relevanz.

Da somit die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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