VwGH 93/18/0231

VwGH93/18/023113.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des M in R, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 5. März 1993, Zl. III 1-3/SV-6/93, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
VwGG §26 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
VwGG §26 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (der belangten Behörde) vom 5. März 1993 wurde dem Beschwerdeführer, einem türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 und 4 FrG die Erteilung eines am 8. Oktober 1992 beantragten Sichtvermerkes versagt.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 19. August 1992 über Ungarn direkt von der Türkei mit einem Bus nach Österreich eingereist sei. Er sei im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland, gültig bis 12. Oktober 1992, gewesen. Bei seiner Einreise habe er die Absicht gehabt, entweder in Österreich oder in der Bundesrepublik Deutschland eine Gesellschaft zu gründen. Nach seiner Einreise habe er sich direkt nach N zu seinem Schwager begeben, der Gesellschafter der P Gesellschaft m.b.H. gewesen sei. Am 15. September 1992 habe er die Gesellschaftsanteile von seinem Schwager um S 125.000,-- übernommen. Er sei daher nicht mehr in die Bundesrepublik Deutschland weitergereist, er habe sich niemals in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Die genannte Gesellschaft werde seit Jänner 1992 von seinem Schwager geführt. Der Beschwerdeführer als geschäftsführender Gesellschafter bekomme monatlich ein Gehalt von S 10.000,--. Bar- und Warenentnahmen aus der Gesellschaft stünden ihm frei. Die belangte Behörde habe mit Schreiben vom 18. Jänner 1993 den Beschwerdeführer aufgefordert, eine Bestätigung vorzulegen, daß und wieviel Gewinn die Gesellschaft ausschütte und damit darzutun, daß sein Lebensunterhalt gesichert sei. Mit Eingabe vom 1. Februar 1993 habe der Beschwerdeführer eine Lohnbestätigung vorgelegt, woraus ersichtlich sei, daß er im Zeitraum vom 1. bis 31. Dezember 1992 ein Gehalt von S 10.000,-- bezogen habe.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, daß die monatliche Gehaltszahlung nicht gesichert erscheine. Auch wenn davon ausgegangen werden müsse, daß der Beschwerdeführer den "Kaufpreis der Gesellschaft" bar bezahlt habe, sei nicht zu erkennen, daß darüber hinaus noch ausreichend eigenes Vermögen vorhanden sei, um den Lebensunterhalt zu finanzieren. Aus der Barzahlung des "Kaufpreises" könne nicht geschlossen werden, daß und wieviel Gewinn diese Gesellschaft an den Beschwerdeführer nunmehr ausschütte. Dementsprechende Unterlagen seien trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Es könne daher zu Recht davon ausgegangen werden, daß aus dieser Quelle keine Sicherung des Lebensunterhaltes zu erwarten sei und der Beschwerdeführer nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt verfüge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes einen Sichtvermerk erteilt zu bekommen, verletzt.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte. Weiters bestritt die belangte Behörde die Rechtzeitigkeit der Beschwerde bis zur Klärung des Zeitpunktes der Zustellung des angefochtenen Bescheides. Im Schriftsatz vom 26. Juli 1993 teilte die belangte Behörde mit, daß davon ausgegangen werden müsse, daß die Beschwerde verspätet eingebracht worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vermag die von der belangten Behörde behauptete Fristversäumung nicht zu erkennen. Im Erkenntnis vom 10. November 1949, Zl. 217/47, Slg. Nr. 1082/A, wurde ausgesprochen, daß dann, wenn ein Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht zu erbringen ist, im Zweifel von der Rechtzeitigkeit der Beschwerde ausgegangen werden muß.

Ein solcher Nachweis ist im vorliegenden Beschwerdefall nicht gelungen. Die im Verwaltungsakt erliegende Bescheidausfertigung weist den Vermerk auf: "geschrieben:

Fe(st) abgefertigt: 10. März 1993". Der dieser Bescheidausfertigung angeheftete Rückschein weist zwar eine Übernahmebestätigung durch den Beschwerdevertreter auf, ein Datum derselben fehlt. Der von der belangten Behörde mit dem Zusteller der Sendung aufgenommenen Niederschrift kann kein genaues Datum der Zustellung entnommen werden. Das Aufzeigen von möglichen Vorgängen stellt keinen Nachweis dar.

Gemäß § 7 Abs. 1 erster Satz FrG kann einem Fremden auf Antrag ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern ein gültiges Reisedokument vorliegt und kein Versagungsgrund gemäß § 10 gegeben.

Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. zu versagen, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer am 19. August 1992 aufgrund einer Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich eingereist ist und sich seither im Bundesgebiet aufhält, ohne daß ihm zwischenzeitlich ein Sichtvermerk gewährt worden wäre. Da der vom Beschwerdeführer angestrebte Sichtvermerk somit nach dieser sichtvermerksfreien Einreise erteilt werden soll, ist der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG verwirklicht, bei dem eine Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkwerbers nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0408).

Schon aus diesem Grunde erfolgte die Versagung des Sichtvermerkes auf dem Boden des vorliegenden Sachverhaltes jedenfalls zu Recht. Der Umstand, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung auf Z. 2 und 4 statt auf Z. 6 des § 10 Abs. 1 FrG gestützt hat, vermag keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers zu bewirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0382).

Im gegebenen Zusammenhang ist somit nicht entscheidend, ob der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt durch eigenes Vermögen oder Einkommen aus der genannten Gesellschaft decken kann.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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