Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §9;
BAO §278;
BAO §93 Abs2;
EGG;
LAO NÖ 1977 §208;
LAO NÖ 1977 §70 Abs2;
LAO Stmk 1963 §70 Abs2;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §9;
BAO §278;
BAO §93 Abs2;
EGG;
LAO NÖ 1977 §208;
LAO NÖ 1977 §70 Abs2;
LAO Stmk 1963 §70 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt St. Pölten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 24. April 1992 forderte der Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten Dr. K unter anderem auf, zur Bemessung und Vorschreibung der Interessentenbeiträge mittels beiliegendem Formblatt eine Erklärung über den Umsatz des Kalenderjahres 1990 vorzulegen.
Im (offenkundig mit Briefpapier der Beschwerdeführerin verfaßten) Schriftsatz vom 13. Mai 1992 heißt es:
"BETREFF: STEUERNUMMER: 3518485 Dr. K
STEUERNUMMER: 3518566 Dr. G
Sehr geehrte Damen und Herren
In der obigen Angelegenheit gebe ich bekannt, daß eine Kanzleigemeinschaft besteht.
Die Umsatzerklärungen für 1990 i.O. liegen bei und ich ersuche
um eine gemeinsame Veranlagung.
Ich hoffe, damit gedient zu haben und zeichne ..."
Die in der Folge ergangene Erledigung des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 30. Juni 1992 lautet
(auszugsweise) wie folgt:
"BETR.: Festsetzung des
Interessentenbeitrages Herrn/Frau/Firma
Dr. K & Dr. G
ABGABENBESCHEID
Spruch
Gemäß den Bestimmungen des NÖ Tourismusgesetzes 1991, LGBl. 7400-0, der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 27.1.1992 und der von Ihnen eingereichten Erklärung über die Höhe der im Kalenderjahr 1990 aus abgabepflichtigen Tätigkeiten erzielten steuerbaren Umsätze wird für das Kalenderjahr 1992 der Interessentenbeitrag wie folgt berechnet und festgesetzt:
Abgabengruppe(n) Bemessungsrundlage Abgabesatz Interessenten-
lt.Anhang zum NÖ (Umsatz in in % beitrag in
Tourismusgesetz Schilling) Schilling
abzgl. Freibetrag
2 Millionen
D 147 5,000.000,-- 0,50 % 2.500,--
0,-- 0,00 % 0,--
0,-- 0,00 % 0,--
0,-- 0,00 % 0,--
0,-- 0,00 % 0,--
0,-- 0,00 % 0,--
Summe ......................................... 2.500,--
========
Dieser Betrag ist gemäß § 159 der NÖ Abgabenordnung 1977
innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Abgabenbescheides
mit beiliegendem Zahlschein an den Magistrat der
Landeshauptstadt St. Pölten einzuzahlen.
Begründung
Gemäß § 13 Abs. 2 des NÖ Tourismusgesetzes 1991 sind die Interessentenbeiträge in Promillebeträgen von innerhalb der Gemeinde erzielten Jahresumsätze von höchstens 7 Millionen Schilling zu entrichten, wobei ein Jahresumsatz von 2 Millionen Schilling außer Ansatz bleibt. Auf Grund der von Ihnen eingereichten Umsatzerklärung ergibt sich unter Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmungen die im Spruch dieses Abgabenbescheides ausgewiesene Abgabe.
Rechtsmittelbelehrung
..."
Gegen diese Erledigung erhob die Beschwerdeführerin Berufung; dies im wesentlichen mit der Begründung, die Beschwerdeführerin sei als offene Erwerbsgesellschaft nicht abgabepflichtig im Sinne § 13 NÖ Tourismusgesetz 1991, LGBl. 7400-1.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 1992 wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt St. Pölten die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es unter anderem, die offene Erwerbsgesellschaft sei auf Grund des § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über eingetragene Erwerbsgesellschaften, BGBl. Nr. 257/90, ins Handelsregister einzutragen, sodaß man sie laut Auskunft der Rechtsabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung zu den Personengesellschaften des Handelsrechtes im weitesten Sinne zählen könne. Es sei "daher davon auszugehen, daß Rechtsanwaltsgemeinschaften als Personengesellschaften des Handelsrechtes im Sinne des § 13 Abs. 1 des NÖ. Tourismusgesetzes 1991, BGBl. 7400, anzusehen sind".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht "auf Nichtvorschreibung, Nichteinhebung und Nichtentrichtung eines Interessentenbeitrages gemäß § 13 NÖ Tourismusgesetz (LGBl. 7400-1) für das Jahr 1992" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird unter anderem geltend gemacht, der "Abgabenbescheid" erster Instanz sei an eine nicht existente Gemeinschaft gerichtet worden und es sei dieser mangels eines Bescheidadressaten nicht rechtswirksam geworden.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht.
Gemäß § 70 Abs. 2 NÖ AO 1977 ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
Vorweg ist festzuhalten, daß die erstbehördliche Erledigung entgegen der Vorschrift des § 70 Abs. 2 NÖ AO 1977 den Bescheidadressaten nicht im Spruch nennt. Dies hat noch nicht zur Folge, daß schon DESWEGEN der Erledigung der Bescheidcharakter abzusprechen ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1986, Zl. 84/17/0200). Wie in dem vorzitierten hg. Erkenntnis weiters ausgeführt wurde, handle es sich bei der (dem § 70 Abs. 2 NÖ AO 1977 inhaltsgleichen) Regelung des § 70 Abs. 2 Stmk LAO um eine Norm, die im Sinne der herrschenden Lehre über das Wesen des Bescheides bloß die Funktion habe, einen als Bescheid intendierten individuellen Verwaltungsakt von allgemeinen Verwaltungsakten (Verordnungen) abzugrenzen und die persönliche Reichweite des Bescheides, das ist der individuellen, verwaltungsbehördlichen, außengerichteten Normerlassung, festzulegen. Nichts anderes hat für die hier in Frage stehende Regelung des § 70 Abs. 2 NÖ AO 1977 zu gelten.
Die in Rede stehende Erledigung des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten gibt hinsichtlich der Konkretisierung des Adressaten jedoch zu Zweifeln Anlaß, weil dieser aus dem "Bescheidkopf" nicht eindeutig hervorgeht. So könnte aus der Formulierung "Dr. K & Dr. G" geschlossen werden, daß damit Dr. K und Dr. G als natürliche Personen in die Schuldnerposition verwiesen werden sollten. Dies aber nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, weil durch die Verwendung des - bei der Firmenbezeichnung von Gesellschaften üblicherweise verwendeten - kaufmännischen Und-Zeichens "&" der Schluß (jedenfalls) gerechtfertigt erscheint, daß damit eine Gesellschaft angesprochen werden sollte, deren Rechtsform aber nicht einmal angedeutet wird. Insbesondere läßt sich aus dem objektiv zu erschließenden Wortlaut - mangels jeglicher Anhaltspunkte - nicht ableiten, daß damit die Beschwerdeführerin als eine offene Erwerbsgesellschaft in einem BESTIMMTEN Abgabenschuldverhältnis (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 1992, Zlen. 90/17/0333, 0334) erfaßt werden sollte. Zur Auslegung der derart nicht gegebenen Eindeutigkeit des (der) Bescheidadressaten kann auch der übrige Bescheidinhalt - mangels jeglicher diesbezüglicher Aussage - nicht herangezogen werden.
Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Berufung gegen die erstinstanzliche Erledigung wegen des Fehlens eines tauglichen Berufungsgegenstandes zurückgewiesen hätte werden müssen; statt dessen wurde eine abweisliche Berufungsentscheidung gegenüber der Beschwerdeführerin getroffen.
In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, daß die vorliegende Beschwerde nicht etwa mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit zurückzuweisen war. Wie sich aus dem Einleitungssatz des angefochtenen Bescheides ("mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat der Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten, Finanzverwaltung, der Rechtsanwälte-Partnerschaft Dr. K & Dr. G einen Interessentenbeitrag ...") ergibt, hat die belangte Behörde eine Konkretisierung in der Parteibezeichnung vorgenommen und damit die Beschwerdeführerin erstmals in eine Schuldnerposition verwiesen. Daß hiebei die Bezeichnung "Rechtsanwälte-Partnerschaft Dr. K & Dr. G" mit der beim Landes- als Handelsgericht St. Pölten unter HRA 1877 eingetragenen Bezeichnung "Dr. K & Dr. G Rechtsanwaltspartnerschaft" nicht völlig gleichlautend ist, vermag einen Zweifel an der Identität der Bescheidadressatin des angefochtenen Bescheides mit jener der Beschwerdeführerin nicht entstehen zu lassen.
Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat. Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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