VwGH 93/16/0161

VwGH93/16/016119.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des M in F, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 31. August 1993, Zl. GA 11-1194/2/92, betreffend Haftung in einer Grunderwerbsteuerangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §198;
BAO §207 Abs1;
BAO §209 Abs1;
BAO §224 Abs1;
BAO §238 Abs1;
BAO §238 Abs2;
BAO §6 Abs2;
BAO §7;
BAO §80;
BAO §9 Abs1;
BAO §9;
BAO §198;
BAO §207 Abs1;
BAO §209 Abs1;
BAO §224 Abs1;
BAO §238 Abs1;
BAO §238 Abs2;
BAO §6 Abs2;
BAO §7;
BAO §80;
BAO §9 Abs1;
BAO §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unstrittig ist folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war geschäftsführender Gesellschafter und später Liquidator der Grundverwaltungsgesellschaft m.b.H. (im folgenden kurz: GmbH). Diese hatte am 14. Juli 1980 von den Eltern des Beschwerdeführers die Liegenschaft EZ 2033, KG F um S 8 Millionen erworben und für den Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 beantragt.

Der Vater des Beschwerdeführers verstarb am 20. August 1985; sein Nachlaß wurde armutshalber abgetan. Die Mutter des Beschwerdeführers bezieht einen Hilflosenzuschuß und ist vermögenslos.

Noch am 23. April 1987 beantwortete der Beschwerdeführer namens der GmbH die vom Finanzamt gestellte Frage, ob noch Bauabsicht bestehe, mit "ja".

Am 25. August 1987 veräußerte die GmbH die in Rede stehende Liegenschaft an eine andere Gesellschaft um den vereinbarten Kaufpreis von S 1,432.677,--. Die GmbH trat mit Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 6. Oktober 1987 in Liquidation und wurde am 29. März 1990 gelöscht.

Mit Bescheid vom 30. November 1992 zog das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien den Beschwerdeführer betreffend die mit S 640.000,-- endgültig festgesetzte Grunderwerbsteuer für den Kaufvertrag vom 25. Februar 1980 gemäß § 9 Abs. 1 BAO im Ausmaß des noch nicht bezahlten Betrages von S 597.169,-- zur Haftung heran.

Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde als unbegründet ab. Sie vertrat dabei insbesondere die Auffassung, es sei dem Beschwerdeführer als Verschulden anzulasten, daß er im Zuge der Veräußerung der in Rede stehenden Liegenschaft nicht für die Begleichung der Grunderwerbsteuerschuld Sorge getragen habe. Dem erhobenen Verjährungseinwand hielt die belangte Behörde entgegen, ein am 5. November 1991 an die GmbH gerichteter Vorhalt habe die Verjährungsfrist unterbrochen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in seinem Recht darauf verletzt, nicht zur Haftung herangezogen zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 238 BAO bestimmt in seinen Absätzen 1 und 2 folgendes:

"(1) Das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Bescheides gemäß §§ 201 und 202 unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen."

Gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz GrEStG 1955 unterliegt unter anderem der Erwerb eines Grundstücks zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten (§ 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit.) der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird.

Was zunächst die Verjährungsfrage anlangt, ist dem Beschwerdeführer zwar zuzugeben, daß eine gegenüber dem Hauptschuldner gesetzte Unterbrechungshandlung nicht gegenüber dem Haftenden wirkt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 91/15/0154 und die dort zitierte hg. Vorjudikatur), jedoch vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil es im vorliegenden Fall einer Unterbrechungshandlung noch gar nicht bedurfte. Da die 5-Jahres-Frist für die hier maßgebliche Einhebungsverjährung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1992, Zl. 91/17/0124) erst mit Ablauf des Jahres 1987 zu laufen begann (§ 238 Abs. 1 BAO), war die Verjährungsfrist zur Zeit der Erlassung des Haftungsbescheides gegen den Beschwerdeführer vom 30. November 1992, zugestellt am 2. Dezember 1992, noch gar nicht abgelaufen. Eines weiteren Eingehens auf die im Zusammenhang mit dem Vorhalt vom 5. November 1991, den die belangte Behörde überflüssigerweise als Unterbrechungstatbestand herangezogen hat, vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde bedarf es daher nicht.

Zur Frage der Haftungsvoraussetzungen vermeint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe außer acht gelassen, daß er behauptete, die GmbH hätte zu keiner Zeit die Mittel zur vollständigen Entrichtung der Abgaben zur Verfügung gehabt. Der Beschwerdeführer übersieht dabei grundlegend, daß nach ständiger hg. Judikatur schuldhaftes Verhalten immer schon dann angenommen wird, wenn der Vertreter keine Gründe darzulegen vermag, wonach ihm die Erfüllung der Pflicht zur Abgabenentrichtung unmöglich war (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1992, Zl. 91/17/0129, und vom 21. Mai 1992, Zlen. 91/17/0044 und 0046 sowie die bei Stoll, BAO-Handbuch 29 Abs. 2 referierte hg. Judikatur). Da der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch jetzt in seiner Beschwerde irgendeinen Umstand darlegt, warum er im Zuge des im August 1987 vorgenommenen Verkaufes der in Rede stehenden Liegenschaft (bis dahin hatte die GmbH ja jedenfalls Vermögen in Gestalt dieser Liegenschaft) nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die durch die Aufgabe des begünstigten Zweckes entstehende Grunderwerbsteuerschuld entrichtet wird, ergibt sich schon allein daraus ein haftungsrelevantes Verschulden des Beschwerdeführers. Den Ausführungen der Beschwerde gegen die Argumente der belangten Behörde betreffend die Kaufpreisgestaltung bei der Weiterveräußerung der Liegenschaft und die Lukrierung von Erlösen aus dieser Liegenschaft durch die Käuferin, sowie gegen den von der belangten Behörde geäußerten Verdacht, die Veräußerung der Liegenschaft sei nur zur Vermeidung der Zahlung der Grunderwerbsteuer erfolgt, kann daher keine entscheidende Bedeutung mehr zukommen, sodaß ein Eingehen darauf entbehrlich ist.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher im Ergebnis als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatza gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.

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