VwGH 93/15/0175

VwGH93/15/017523.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 19. August 1993, Zl. 26 GA-3 BK-DOB/92, betreffend Einkommensteuer 1989, zu Recht erkannt:

Normen

DBAbk Italien 1985 Art17;
DBAbk Italien 1985 Art19 Abs1 lita;
DBAbk Italien 1985 Art19 Abs4;
DBAbk Italien 1985 Art23;
DBAbk Italien 1985 Art3 Abs2;
DBAbk Italien 1985 Art4;
EStG 1988 §47 Abs2;
DBAbk Italien 1985 Art17;
DBAbk Italien 1985 Art19 Abs1 lita;
DBAbk Italien 1985 Art19 Abs4;
DBAbk Italien 1985 Art23;
DBAbk Italien 1985 Art3 Abs2;
DBAbk Italien 1985 Art4;
EStG 1988 §47 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage strittig, ob Einkünfte, die der Beschwerdeführer im Streitjahr (unbestrittenermaßen aus selbständiger Tätigkeit) als Dirigent am stadteigenen Theater in Parma/Italien erzielte, in Österreich der Einkommensteuer unterliegen.

Während der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, die strittigen Honorare seien gemäß Art. 19 Abs. 1 lit. a DBA-Italien nur im Tätigkeitsstaat zu besteuern, weil das Theater, an dem er tätig gewesen sei, von einer italienischen Gebietskörperschaft (Teatro Regio, Commune di Parma) betrieben werde, stützte sich die belangte Behörde in ihrer abweislichen Berufungsentscheidung auf Art. 17 iVm Art. 23 Abs. 3 lit. a des zitierten Abkommens. Art. 19 sei auf den Beschwerdeführer nicht anzuwenden, weil diese Bestimmung sich nur auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Form von Bezügen aus öffentlichen Kassen beziehe, der Beschwerdeführer hingegen habe nicht in einem Dienstverhältnis gestanden, sondern seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, daß die bezogenen Vergütungen nur im Tätigkeitsstaat (Italien) zu besteuern sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen, BGBl. 125/1985 (im folgenden kurz: Abkommen) bestimmt auszugsweise folgendes:

"Art. 3 (2) Bei Anwendung dieses Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind.

Art. 17 Künstler und Sportler

(1) Ungeachtet der Art. 14 und 15 dürfen Einkünfte, die berufsmäßige Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- oder Fernsehkünstler und Musiker sowie Sportler aus ihrer in dieser Eigenschaft persönlich ausgeübten Tätigkeit beziehen, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sie diese Tätigkeit ausüben....

Art. 23 (3)a) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach diesem Abkommen in Italien besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Italien gezahlten Steuer vom Einkommen entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anerkennung ermittelten Steuer vom Einkommen nicht übersteigen, der auf die Einkünfte, die in Italien besteuert werden dürfen, entfällt.

Art. 19 Öffentliche Funktionen

(1)a) Vergütungen, ausgenommen Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft erbrachten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden .....

(4) auf Vergütungen oder Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragsstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht werden, finden die Artikel 15, 16 und 18 Anwendung."

Das DBA-Italien folgt grundsätzlich dem System der Vermeidung von Doppelbesteuerungen durch die sogenannte Anrechnungsmethode (vgl. Art. 23). Eine Ausnahme davon normiert Art. 19 Abs. 1 lit. a; diese Vorschrift sieht für die dort genannten Vergütungen die Befreiungsmethode vor.

Die gerade zitierten Bestimmungen des Abkommens entsprechen denen der Art. 3, 17, 19 und 23 des Musterabkommens der OECD (vgl. Philipp-Loukota-Jirousek, MGA Internationales Steuerrecht, je Anm. 1 zu Art. 3, 17, 19 und 23 DBA-Italien).

Im Zusammenhang mit der Behandlung der Einkünfte von Künstlern ist besonders zu beachten, daß Art. 19 Abs. 4 des Abkommens (in wörtlicher Übereinstimmung mit Art. 19 Abs. 3 des Musterabkommens der OECD) gegenüber Abs. 1 lit. a (dessen Anwendung der Beschwerdeführer anstrebt) eine Sonderregelung für Vergütungen (oder Ruhegehälter) trifft, die jemand für Dienstleistungen erhält, die er im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragsstaaten oder seiner Gebietskörperschaften erbracht hat.

Nach der gemäß Art. 3 Abs. 2 des Abkommens maßgeblichen inländischen Bedeutung des Begriffes der gewerblichen Tätigkeit ist davon auszugehen, daß ein von einer italienischen Gebietskörperschaft (im Beschwerdefall der Stadtgemeinde Parma) betriebenes Theater ein Betrieb gewerblicher Art ist (vgl. zB Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuer-Handbuch5 54 Abs. 2). Ungeachtet der Problematik, die sich im Zusammenhang damit ergibt, daß Art. 17 des Abkommens von Art. 19 Abs. 4 nicht zitiert wird (vgl. dazu die Ausführungen bei Philipp-Loukota-Jirousek aaO Rz 7 zu Art. 19 des Musterabkommens der OECD), ist vorerst zu berücksichtigen, daß sich aus dem Zusammenhang der Bestimmung des Art. 17 einerseits und des Art. 19 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 andererseits folgendes ergibt:

Art. 17 betrifft Einkünfte ua der dort näher umschriebenen Künstler (zu denen der Beschwerdeführer zweifellos gehört), die diese aus der von ihnen in dieser Eigenschaft persönlich ausgeübten Tätigkeit beziehen, ohne weiter danach zu differenzieren, ob die Tätigkeit selbständig (z.B. auf Werksvertragsbasis) oder unselbständig (insbesondere im Rahmen eines Dienstverhältnisses) ausgeübt wird (siehe dazu auch Djanani-Holzknecht, Internationales Steuerrecht, Grundriß der Doppelbesteuerungsabkommen, 8.1. Abs. 1 zu Art. 17).

Art. 19 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 des Abkommens hingegen sprechen ua ausdrücklich von Vergütungen für "Dienste" bzw. "Dienstleistungen". Daraus folgt, daß das Abkommen sehr wohl zwischen Tätigkeiten in Gestalt von Dienstleistungen unter anderen unterscheidet. Nach der für den Begriff der Dienstleistung gemäß Art. 3 Abs. 2 des Abkommens maßgeblichen Auslegung nach inländischem Rechtsverständnis handelt es sich dabei um eine Tätigkeit, die in abhängiger, also unselbständiger Position erbracht wird (§ 47 Abs. 2 EStG 1988;

Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuerhandbuch Rz 8 zu § 47 EStG;

Krejci in Rummel, ABGB I2 Rz 1 zu § 1151 ABGB). Demnach betrifft Art. 19 Abs. 1 lit. a des Abkommens überhaupt nur Tätigkeiten, die als Leistung von Diensten in abhängiger Position abzusehen sind.

Da vorliegendenfalls der Beschwerdeführer aber unstrittigermaßen Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit als Dirigent an dem von der Stadtgemeinde Parma betriebenen Theater bezogen hat, scheidet die von ihm angestrebte Anwendung des Art. 19 Abs. 1 lit. a des Abkommens auf die von ihm im Streitjahr erzielten Einkünfte von vornherein aus. Daran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf Vogel (DBA-Kommentar2 Rz 58 zu Art. 19 des Musterabkommens der OECD) nichts zu ändern. Der zitierte Autor betont nämlich einerseits selbst (aaO Rz 4 und 10 zu Art. 17), daß Einkünfte dann nach Art. 19 zu behandeln sind, wenn Künstler "im Dienste" eines Staates (bzw. einer Gebietskörperschaft) stehen (worunter im oben dargelegten Sinn eine unselbständige Tätigkeit zu verstehen ist); andererseits ist die von der Beschwerde zitierte Passage in ihrem Zusammenhang gelesen so zu verstehen, daß sich die Worte "in jedem Fall" auf die in Abs. 3 des Art. 19 des Musterabkommens der OECD genannten Tätigkeiten eines Vertragsstaates beziehen (arg.: "auch wenn..."). Die zitierte Literaturstelle besagt jedoch nicht, daß die Einkünfte von Künstlern aus anderen Tätigkeiten als Dienstleistungen dem Art. 19 zu unterstellen sind. Bezeichnenderweise spricht auch Vogel (aaO) ausdrücklich von "Diensten". Aus der Unanwendbarkeit des Art. 19 Abs. 1 lit. a des Abkommens auf den Beschwerdefall ergibt sich, daß die Problematik der Nichterwähnung des Art. 17 in Art. 19 Abs. 4 des Abkommens hier nicht weiter zu verfolgen ist.

Daraus folgt, daß die belangte Behörde zu Recht auf die Einkünfte des Beschwerdeführers Art. 17 Abs. 1 iVm Art. 23 Abs. 3 lit. a des Abkommens angewendet hat.

Der angefochtene Bescheid leidet darüber hinaus auch nicht an der geltend gemachten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil eine weitere Auseinandersetzung der belangten Behörde mit der Frage des zivilrechtlichen Charakters des Vertragsverhältnisses des Beschwerdeführers zur Stadtgemeinde Parma aus folgenden Gründen entbehrlich war: Der Beschwerdeführer selbst hat im Verwaltungsverfahren seine streitgegenständlichen Einkünfte in einem Schreiben vom 26. April 1989 ausdrücklich als "selbstständige" deklariert (OZl. 2 der Verwaltungsakten) und nicht unter den von ihm aus nichtselbständiger Arbeit erzielten Einkünften angeführt (OZl. 19 der Verwaltungsakten); schließlich behauptete der Beschwerdeführer auch in seiner Berufung nicht, zur Stadtgemeinde Parma in einem Dienstverhältnis gestanden zu sein und bestreitet selbst jetzt in der Beschwerdeschrift die diesbezügliche Annahme der belangten Behörde nicht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insgesamt als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.

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