VwGH 93/12/0330

VwGH93/12/033013.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Oktober 1993, Zl. 6231/206-II/4/93, wegen Versetzung in den Ruhestand, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §14 Abs1 Z1;
BDG 1979 §14 Abs3;
LDG 1984 §12 Abs1 Z1;
LDG 1984 §12 Abs3;
BDG 1979 §14 Abs1 Z1;
BDG 1979 §14 Abs3;
LDG 1984 §12 Abs1 Z1;
LDG 1984 §12 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1935 geborene Beschwerdeführer steht als Abteilungsinspektor i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war die Verkehrsabteilung Außenstelle in XY.

Am 30. Juli 1993 meldete der Beschwerdeführer beim Landesgendarmeriekommando für Tirol, daß er sich unter den gegebenen Umständen gesundheitlich nicht mehr in der Lage sehe Gendarmeriedienst zu verrichten und beantragte seine Versetzung in den Ruhestand. Der Kommandant der Verkehrsabteilung leitete diesen Antrag mit der Stellungnahme an die Dienstbehörde weiter, daß bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen eine Pensionierung des Beschwerdeführers zum frühestmöglichen Zeitpunkt die beste Lösung wäre.

Das Landesgendarmeriekommando für Tirol veranlaßte daraufhin eine ärztliche Untersuchung und versetzte den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 12. August 1993 gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979 von Amts wegen in den Ruhestand. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustandes am 5. August 1993 einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen worden sei, die ergeben habe, daß beim Beschwerdeführer ein depressives Syndrom mit Angstsymptomatik und Somatisierungstendenz bei länger anhaltender Konfliktsituation sowie Reduzierung der körperlichen Leistungsfähigkeit vorliege und ihm regelmäßiger Außendienst mit Tag- und Nachteinsatz, Patrouillengänge im Gelände und längere Autofahrten nicht mehr zumutbar seien. Die Innendienstfähigkeit durch konfliktsituationsperpetuierte labile, depressive Stimmungslage sei ebenfalls nicht mehr gegeben. Infolge dieser Diagnose sei er ab sofort für den Außen- und Kanzleidienst ungeeignet und im Sinne des § 14 Abs. 1 BDG 1979 in den Ruhestand zu versetzen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte im wesentlichen aus, die im Bescheid für seinen angegriffenen Gesundheitszustand herangezogene länger anhaltende Konfliktsituation beruhe tatsächlich auf der "wiederholt unterbreiteten und bis zuletzt als ungeklärt anzusehenden Diskrepanz zwischen Hergang der Kfz-Ausscheidung BG 7609 und Demolierung des Einsatzplanes für Lkw-Anhaltungen Richtung Italien einerseits und den im Jahre 1988 erfolgten Weisungen zu solchen Lkw Anhaltungen andererseits". Diese Konfliktursache habe nach seinem Empfinden seinerzeit zum absolut ungerechtfertigten Ernennungsverlust in die Dienstklasse V und nunmehr zu einer ungeheuren Eskalation des Konflikts geführt; die unter diesem Eindruck vor allem der ungeklärt gebliebenen Konfliktursache stehende Versetzung in den Ruhestand empfinde er nun zunehmend als Verschlechterung seiner Krankheitssymptome, sodaß er den Antrag stelle, im Interesse einer objektiven Konfliktbereinigung den halbjährig Ernennungsverlust in die Dienstklasse V zu korrigieren. Hiefür spreche sich auch die Volksanwaltschaft Wien aus, die laut jüngster Mitteilung in diesem Sinne beim Bundesminister für Inneres urgiert habe. Auch einer Aussendung der Gewerkschaft öffentlicher Dienst habe er entnommen, daß bei ungerechtfertigten Disziplinaranzeigen/Ernennungsverlusten die Verhinderung dienstrechtlicher Nachteile vorgesehen sei. Er habe daher noch die Hoffnung, daß die ihn gesundheitlich "demolierenden Hintergründe" beseitigt werden könnten und er eine zumindest würdigere Versetzung in den Ruhestand erwarten dürfe. Er wäre zuversichtlich, im Falle einer korrekten Konfliktbereinigung seine volle Diensttauglichkeit wieder zu erlangen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahin abgeändert, daß die Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung erst mit Ablauf des Monates der Zustellung dieses Bescheides eintritt. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung nach Wiedergabe des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und der Berufungsschrift im wesentlichen damit, daß die Berufungsausführungen nicht geeignet gewesen seien, die von der Dienstbehörde erster Instanz getroffene Entscheidung in Zweifel zu stellen, weil sie auf Sachverhalte gestützt seien, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens seien. Über den Antrag des Beschwerdeführers auf Korrektur des halbjährigen Ernennungsverlustes könne nicht entschieden werden, weil er ebenfalls nicht Sache des gegenständlichen Verfahrens sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der (erkennbar) Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich in seinem Recht, nicht gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 und 2 BDG 1979 in den Ruhestand versetzt zu werden, verletzt.

Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Nach Abs. 3 leg. cit. ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann. Eine amtswegige Versetzung eines Beamten in den Ruhestand setzt demnach voraus, daß der Beamte infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung im Zeitpunkt seiner wirksamen Ruhestandsversetzung (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 21. April 1986, Zl. 86/12/0024 und vom 27. Juni 1988, Zl. 87/12/0126) dauernd seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm kein im § 14 Abs. 3 BDG 1979 näher umschriebener gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann. Eine im genannten Zeitpunkt bestehende Dienstunfähigkeit ist dann als dauernd zu werten, wenn - nach den Beurteilungsgrundlagen im maßgeblichen Zeitpunkt - keine Heilungschancen bestehen, d.h. wenn die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindest unwahrscheinlich ist; die bloße Möglichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit genügt nicht.

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Feststellungen der Dienstbehörde zum Sachverhalt als unbedenklich übernommen und auch deren rechtliche Beurteilung gebilligt. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung auch keine Tatsachen vorgebracht, die die belangte Behörde zu einer Überprüfung des Ermittlungsverfahrens verpflichtet hätte und hat diesbezüglich auch im Verfahren vor der belangten Behörde keine weiteren Beweisanträge gestellt. In seiner Beschwerde bringt er nun erstmals vor, die Ermittlungen der Dienstbehörde im Zusammenhang damit, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers gegeben sei, seien unzureichend gewesen und hätten auch ein unrichtiges Ergebnis gebracht; die Dienstbehörde hätte insbesondere auch ihre eigenen Wahrnehmungen in das Ermittlungsverfahren aufnehmen müssen, um sie ihrer Entscheidung zugrundezulegen.

Auf dieses Vorbringen einzugehen ist dem Verwaltungsgerichtshof schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG herrschenden Neuerungsverbotes verwehrt. Nach dieser Gesetzesstelle erfolgt die Prüfung des angefochtenen Bescheides ausschließlich aufgrund des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes, ein neues Sachverhaltsvorbringen (auch wenn dadurch erst die Überprüfung der Richtigkeit von Rechtsausführungen möglich wird) ist im Zuge des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässig (siehe dazu die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 552 ff zusammengestellte Judikatur). Dies gilt auch dann, wenn eine Partei erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Mangelhaftigkeit eines Gutachtens bekämpft, weil die Beschwerde nicht als ein Mittel zur Nachholung der im Verwaltungsverfahren versäumten Parteihandlungen zu betrachten ist. Wie bereits ausgeführt, hat es der Beschwerdeführer trotz bestehender Möglichkeit unterlassen, im Verwaltungsverfahren fachlich fundierte Einwendungen gegen die auf einem ärztlichen Sachverständigengutachen basierende Entscheidungsgrundlage der Dienstbehörde vorzubringen, sodaß dem angefochtenen Bescheid die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

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