VwGH 93/12/0318

VwGH93/12/031814.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des C in V, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 21. Juli 1993, Zl. 56.042/46-I/7/93, betreffend Abweisung des Nachsichtsbegehrens hinsichtlich der Überschreitung der Studienzeit nach dem Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG), zu Recht erkannt:

Normen

StudFG 1992 §19 Abs2 Z3;
StudFG 1992 §19 Abs6 Z2;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z3;
StudFG 1992 §19 Abs6 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1966 geborene Beschwerdeführer studiert seit dem Wintersemester 1990/91 als ordentlicher Hörer Rechtswissenschaft an der Universität Salzburg und bestand die erste Diplomprüfung am 10. März 1993. Vor Beginn bzw. die ersten beiden Jahre dieses Studiums (bis zum Ende des Sommersemesters 1992) war der Beschwerdeführer voll berufstätig.

Am 19. April 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Studienbeihilfe. Dieser Antrag wurde wegen Überschreitung der doppelten vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines Semesters im ersten Studienabschnitt gemäß § 20 Abs. 2 StudFG abgewiesen.

Der Beschwerdeführer brachte darauf bei der Studienbeihilfenbehörde am 4. Juni 1993 den Antrag auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG ein, den er mit seiner Berufstätigkeit (Vollbeschäftigung) begründete. Der Senat der Studienbeihilfenbehörde befürwortete das Ansuchen in seiner Sitzung vom 17. Juni 1993 nicht und leitete den Antrag an die belangte Behörde weiter.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen abschlägig beschieden.

Zur Begründung wird nach Wiedergabe der Rechtslage im wesentlichen weiter ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich im Sommersemester 1993 im sechsten Semester seines Studiums befunden und habe die erste Diplomprüfung am 10. März 1993 abgelegt. Er begründe seine Studienverzögerung mit der Tatsache, daß er im Wintersemester 1990/91 sein Studium der Rechtswissenschaften neben seiner Vollbeschäftigung aufgenommen habe, wodurch ihm nur der Besuch von Abendvorlesungen möglich gewesen sei. Im Herbst 1992 habe er sich zur Aufgabe der Berufstätigkeit zugunsten des Studiums entschlossen und im Wintersemester 1992/93 sowie im Sommersemester 1993 die noch fehlenden Prüfungen abgelegt.

Nach § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG könne das Vorliegen wichtiger Gründe nur dann die Überschreitung der Studienzeit rechtfertigen, wenn das überwiegende Ausmaß der Studienverzögerung auf die genannten Gründe zurückzuführen sei. Von der Überschreitung der gesetzlichen Studienzeit des ersten Studienabschnittes um vier Semester müßte demnach mehr als die Hälfte durch einen wichtigen Grund im Sinne des Studienförderungsgesetzes gerechtfertigt sein. In rechtlicher Hinsicht sei daher zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer genannten Gründe das überwiegende Ausmaß seiner Studienzeitüberschreitung von insgesamt vier Semestern, also zumindest eine mehr als zwei Semester dauernde Studienverzögerung, bewirkt haben und ob es sich dabei um wichtige Gründe im Sinne des StudFG gehandelt habe.

Der Beschwerdeführer habe im Wintersemester 1990/91 sein Studium der Rechtswissenschaften neben seiner Vollbeschäftigung als Bautechniker aufgenommen, wodurch er nur Abendvorlesungen habe besuchen können. Dieser Umstand sei aber damit schon zu Beginn seines Studiums vorgelegen; eine daraus resultierende Studienverzögerung wäre somit absehbar gewesen und habe daher auch nicht als ein unvorhergesehenes Ereignis gewertet werden können. Der angegebene Grund der Berufstätigkeit könne daher nicht als wichtiger Grund und somit auch nicht als Rechtfertigung der Studienzeitüberschreitung anerkannt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist nach § 6 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305, daß der Studierende

  1. 1. sozial bedürftig ist,
  2. 2. noch kein Studium absolviert hat,
  3. 3. einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25),
  4. 4. das Studium, für das die Studienbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 40. Lebensjahres begonnen hat und
  5. 5. nicht mehr als halbbeschäftigt ist.

Ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den Anspruch auf Studienbeihilfe liegt nach § 16 Z. 2 StudFG dann vor, wenn der Studierende die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19). Nach § 18 Abs. 1 StudFG umfaßt die Anspruchsdauer grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19). Ein günstiger Studienerfolg liegt jedenfalls nach § 20 Abs. 2 StudFG nicht vor, wenn ein Studierender die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, oder eines Vorstudiums nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat.

Nach § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Studium der Rechtswissenschaften, BGBl. Nr. 140/1978, erfordert das Diplomstudium acht Semester und besteht aus zwei Studienabschnitten. Der erste Studienabschnitt umfaßt zwei, der zweite sechs Semester.

Nach § 19 Abs. 6 StudFG hat der zuständige Bundesminister auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde

  1. 1. bei Studien im Ausland, überdurchschnittlich umfangreichen und zeitaufwendigen wissenschaftlichen Arbeiten oder ähnlichen außergewöhnlichen Studienbelastungen die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester zu verlängern oder
  2. 2. bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne der Z. 1 oder des Abs. 2 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§ 20 Abs. 2 und § 21 Abs. 2) oder die Überschreitung der Studienzeit des zweiten und dritten Studienabschnittes um mehr als vier Semester (§ 15 Abs. 2) nachzusehen,

    wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird.

Als wichtiger Grund nach Abs. 2 der zuletzt genannten Bestimmung kommt im Beschwerdefall von vornherein nur deren Z. 3, nämlich "jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft", in Frage.

Im Beschwerdefall ist allein die Frage strittig, ob die vom Beschwerdeführer am Beginn seines Studiums ausgeübte Berufstätigkeit als ein wichtiger Grund im vorher dargestellten Sinne zu werten ist oder nicht.

Vorliegendenfalls ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer bei Beginn seines Studiums bereits berufstätig war und diese Berufstätigkeit wegen Unvereinbarkeit mit dem Studium später aufgegeben hat. Schon aus diesem Grunde kann es sich bei der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers aber weder um ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehandelt haben. Auch eine Wertung als wichtiger Grund im Sinne der Z. 1 des § 19 Abs. 6 StudFG kommt nicht in Frage, weil die Tatbestandserfordernisse nicht gegeben sind; handelt es sich doch bei der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers weder um ein Auslandsstudium, um zeitaufwendige wissenschaftliche Arbeiten bzw. ÄHNLICHE außergewöhnliche STUDIENbelastungen

(= Belastungen durch das Studium).

Da bereits diese Überlegungen zeigen, daß die Beschwerde nach der gegebenen Rechtslage unbegründet war, mußte diese gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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