VwGH 93/10/0221

VwGH93/10/022124.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der M in X, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 21. Oktober 1993, Zl. KUVS-1378/3/93, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z6;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwGG §49 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z6;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwGG §49 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates Villach vom 20. Juli 1993 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als Grundstückseigentümerin zu verantworten, daß, wie von einem Organ der Bezirksforstinspektion Villach anläßlich einer Kontrolle am 29. Jänner 1993 festgestellt worden sei, auf dem westlichen Teil ihrer Parzelle ohne Bewilligung der Behörde eine Rodung durchgeführt und zumindest bis 29. Jänner 1993 ca. 200 m2 Waldboden dieser Parzelle infolge Ablagerung verschiedenster Baumaterialien zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwendet worden seien, obwohl dies verboten sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden) verhängt.

In der Begründung dieses Straferkenntnisses wird ausgeführt, ein Organ der Bezirksforstinspektion Villach habe anläßlich einer Kontrolle am 29. Jänner 1993 festgestellt, daß der westliche Teil der Parzelle im Ausmaß von ca. 40 m2 weiterhin anderen Zwecken als denen der Waldkultur diene. Die Fläche sei angeschüttet worden und diene als Lagerplatz verschiedenster Baumaterialien. Ferner seien im östlichen Anschluß an diese Fläche ebenfalls Baumaterialien verschiedenster Art auf Waldboden abgelagert worden. Das Flächenausmaß der zu waldfremden Zwecken verwendeten Teilfläche der Parzelle betrage ca. 200 m2. Nachdem für die gegenständlichen Ablagerungen keine behördliche Bewilligung vorliege und eine Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verboten sei, sei dieser Sachverhalt von der Bezirksforstinspektion Villach zur Anzeige gebracht worden. Mit Beschuldigten-Ladungsbescheid sei die Beschwerdeführerin für 15. Juni 1993 zur Behörde vorgeladen worden. Da sie dieser ordnungsgemäß zugestellten Ladung trotz Androhung der Rechtsfolgen des § 41 Abs. 3 VStG ungerechtfertigt keine Folge geleistet habe, sei das Strafverfahren ohne ihre Anhörung durchzuführen gewesen. Die Verwaltungsübertretung erscheine durch die Wahrnehmung eines Organes der Bezirksforstinspektion Villach erwiesen und die Beschwerdeführerin sei hiefür als Grundstückseigentümerin verantwortlich. Bei der Bemessung der Strafhöhe hätten die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht berücksichtigt werden können, da diese der erkennenden Behörde nicht bekannt gewesen seien und die Beschwerdeführerin an deren Feststellung nicht mitgewirkt habe. Die verhängte Geldstrafe erscheine jedoch unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens und des gegebenen Sachverhaltes als durchaus schuldangemessen.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschwerdeführerin Berufung und machte geltend, daß die Rodung ohne ihr Wissen durchgeführt worden sei, was durch ihren Ehemann bestätigt werden könne. Sie selbst habe erst durch das Straferkenntnis von dieser Rodung Kenntnis erlangt. Darüberhinaus sei sie nicht in der Lage, die vorgeschriebene Strafe zu bezahlen, da sie nur eine Mindestrente beziehe.

Die belangte Behörde richtete an die Beschwerdeführerin ein Schreiben, in dem sie ihr mitteilte, dem Berufungsschriftsatz könne nicht entnommen werden, ob die Beschwerdeführerin an der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Interesse habe oder ob sie lediglich die Herabsetzung des verhängten Strafausmaßes bezwecken wolle. Sie werde daher eingeladen, bekanntzugeben, was ihr genaues Ansinnen sei.

Zu diesem Schreiben teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, ihr genaues Ansinnen sei, daß man sie nicht für etwas bestrafe, was sie nicht getan habe.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Oktober 1993 wurde "der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Geldstrafe auf den Betrag von S 500,--, die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden, herabgesetzt wird."

In der Begründung wird ausgeführt, die Verletzung des Verbotes, Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur zu verwenden, stelle ein Dauerdelikt dar. Die objektive Tatseite bestehe im Herbeiführen und Bestehenlassen der Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur. Bezüglich des Einwandes der Beschwerdeführerin, sie habe erst durch das angefochtene Straferkenntnis von der Rodung Kenntnis erlangt, sei festzuhalten, daß sich das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 ForstG auf alle Waldeigentümer erstrecke. Sie hätte eine durch ihren Gatten, welcher Miteigentümer der Liegenschaft sei, durchgeführte Rodung nicht stillschweigend billigen dürfen. Die weiteren Begründungsausführungen beschäftigen sich mit dem Strafausmaß.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, worauf die Beschwerdeführerin nie verzichtet habe. Die belangte Behörde habe den Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe mit der gegenständlichen Rodung nichts zu tun und von dieser erst nachträglich durch das erstinstanzliche Straferkenntnis erfahren, was nicht verwunderlich sei, da es sich bei der betroffenen Liegenschaft um eine brachliegende, von der Beschwerdeführerin persönlich nie genutzte, von ihrem Haus weit entfernte sumpfige Gegend handle, übergangen und geradezu in das Gegenteil verkehrt, indem sie der Beschwerdeführerin ohne Durchführung eines Beweisverfahrens unterstellt habe, sie habe die Rodung durch ihren Gatten gebilligt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 ForstG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 nicht befolgt.

Nach § 17 Abs. 1 leg. cit. ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Zwar trifft den Waldeigentümer die Verpflichtung, mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dafür zu sorgen, daß unbefugte Rodungen auch nicht durch andere Personen als den Waldeigentümer durchgeführt werden. Dies setzt aber voraus, daß der Waldeigentümer von der (beabsichtigten) Durchführung von Rodungen durch andere Personen Kenntnis hat oder bei gehöriger Aufmerksamkeit haben müßte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1978, Zl. 1579/77 sowie vom 9. Februar 1967, Slg. N.F. 7.078/A).

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsstrafverfahren behauptet, sie habe von der Rodung keine Kenntnis gehabt und von dieser erst durch das Straferkenntnis der erstinstanzlichen Behörde erfahren. Zwar ist in der Anzeige der Bezirksforstinspektion Villach vom 18. Februar 1993, die zur Bestrafung der Beschwerdeführerin führte, davon die Rede, die Beschwerdeführerin sei bereits im Jahr 1989 wegen unbefugter Rodung bestraft worden und das von der Bestrafung umfaßte Teilstück der Parzelle werde nach wie vor für andere Zwecke als solche der Waldkultur verwendet. Dieses Faktum wurde allerdings der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht und sie hatte auch keine Möglichkeit, hiezu Stellung zu nehmen. Vor allem aber umfaßt die mit der vorliegenden Beschwerde angefochtene Bestrafung wegen Übertretung des Rodungsverbotes auch andere Flächen als die eben erwähnten.

Wenn es zutrifft, daß die Beschwerdeführerin von der Rodung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis hatte oder es ihr trotz Kenntnis nicht möglich war, die Rodung zu verhindern, dann kann sie nicht wegen Übertretung des § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 ForstG bestraft werden. Zu der Frage, ob die Beschwerdeführerin Kenntnis von der Rodung hatte bzw. haben mußte, hat die belangte Behörde keine Ermittlungen durchgeführt, insbesondere den von der Beschwerdeführerin angebotenen Zeugen nicht vernommen. Der Sachverhalt reicht daher nicht für die Beurteilung der Rechtsfrage aus.

Waren aber Sachverhaltsfeststellungen erforderlich, dann hätte die belangte Behörde auch nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen. Ein Absehen von der mündlichen Verhandlung ist nach § 51 e Abs. 2 und 3 VStG nur dann möglich, wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn von den Parteien ausdrücklich auf die Verhandlung verzichtet wird. Diese Voraussetzungen liegen im Beschwerdefall nicht vor.

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Der obsiegenden Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht zuerkannt werden (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 687 angeführte Rechtsprechung). Das diesbezügliche Begehren war daher abzuweisen.

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