VwGH 93/09/0457

VwGH93/09/045721.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des K in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 17. Dezember 1992, Zl. I/2-St-925, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §9;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei einer Betriebskontrolle am 21. Juni 1990 am Standort H-Straße 65 wurden zwei polnische Arbeitskräfte mit Umgrabe- und Rasenmäharbeiten beschäftigt angetroffen. Die beiden Polen verfügten über keine Beschäftigungsbewilligungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG). Gemäß einer nur in Fotokopie im Akt befindlichen, vom Beschwerdeführer nicht unterfertigten Niederschrift habe dieser am 21. Juni 1990 zugegeben, die beiden Polen beschäftigt zu haben, weil er keine österreichischen Kräfte bekommen habe. Anläßlich seiner Einvernahme als Beschuldigter am 30. Oktober 1990 gestand der Beschwerdeführer zu, daß die beiden Ausländer zum Tatzeitpunkt in der H-Straße 65 mit Rasenmähen beschäftigt gewesen seien, doch hätte ihnen den Auftrag dazu die Gattin des Beschwerdeführers "privat" gegeben. Die Ausländer hätten vom Ehepaar K "privat" für zwei Tage Arbeit je S 1.000,-- erhalten. Die Gattin des Beschwerdeführers bestätigte am 4. Dezember 1990 als Zeugin diese Angaben des Beschwerdeführers. Sie habe die beiden Polen in Abwesenheit des Beschwerdeführers beauftragt und entlohnt.

Mit Bescheid vom 14. Jänner 1992 sah die Bezirkshauptmannschaft Krems (BH) nach Anhörung des Landesarbeitsamtes Niederösterreich von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Beschwerdeführer ab und stellte gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 iVm § 45 Abs. 2 VStG das Verfahren ein, weil nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens CK und nicht der Beschwerdeführer als Arbeitgeber fungiert habe.

Dagegen erhob das Landesarbeitsamt Niederösterreich Berufung und führte aus, im Verfahren gegen CK habe sich ergeben, daß Arbeitgeber im gegenständlichen Fall "zweifelsfrei die Firma K Ges.m.b.H., H-Straße 65" gewesen sei, für die der Beschwerdeführer gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei. Hingegen treffe dies demnach für CK nicht zu, weshalb der Beschwerdeführer zu bestrafen sei.

Die belangte Behörde erhob im Berufungsverfahren die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers und erließ hierauf den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Dezember 1992, mit dem sie der Berufung Folge gab und anstelle des Bescheides der BH in der Sache wie folgt gegen den Beschwerdeführer entschied:

"Sie haben es als gem. § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der K Gesellschaft mbH. mit dem Sitz H-Straße 65 zu verantworten, daß am 21. Juni 1990 auf dem Betriebsgelände der Gesellschaft ... die Ausländer ... entgegen § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 i.d.F. BGBl. Nr. 253/1989 (AuslBG), beschäftigt wurden, für die weder Beschäftigungsbewilligungen (§ 4 AuslBG) erteilt noch Befreiungsscheine (§ 15 AuslBG) ausgestellt worden waren.

Sie haben dadurch § 28 Abs. 1 lit. a AuslBG 1975 übertreten. Wegen dieser Übertretung wird über Sie gem. § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe von S 5.000,-- für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer, d.s. insgesamt S 10.000,--, verhängt.

..."

Die belangte Behörde sei davon ausgegangen, daß die K Gesellschaft m.b.H. Arbeitgeber der beiden Ausländer gewesen sei. Dies deshalb, "weil zweifelsfrei feststeht (und auch nicht bestritten wird), daß die Arbeiten von den Ausländern an Unternehmensgut auf dem sich in Firmenbesitz befindlichen Betriebsgelände vorgenommen wurden". Es sei daher auszuschließen, daß die beiden Polen zur Befriedigung privater Bedürfnisse herangezogen worden seien. Vielmehr müsse angenommen werden, daß die Arbeiten ausschließlich dem Wohle des Unternehmens, an dem auch die Gattin des Beschwerdeführers beteiligt sei, zugute gekommen seien. Die Behauptung, es habe sich um eine "private" Beschäftigung der beiden Polen gehandelt, sei für die belangte Behörde weder nachvollziehbar noch glaubwürdig. Nicht relevant sei, ob die Arbeiter aus Privatvermögen bezahlt worden seien, weil es nur auf das Beschäftigungsverhältnis ankomme und nicht auf die Herkunft des Geldes, mit dem die Gegenleistung erbracht worden sei. Der Beschwerdeführer sei als Geschäftsführer gemäß § 9 VStG verantwortlich und habe diese Verantwortlichkeit auch nicht abgegeben. Abschließend wurden noch die Gründe für die Strafbemessung dargelegt.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 28. September 1993, B 127/93-3, abgelehnt. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In seiner im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde hält der Beschwerdeführer seine Behauptung aufrecht, nicht er, sondern seine Gattin habe die beiden Polen beschäftigt. Die gegenteilige Feststellung der belangten Behörde sei mit keiner Begründung belegt worden. Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides "wegen Rechtswidrigkeit" beantragt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie mit denselben Argumenten wie im angefochtenen Bescheid die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG idF gemäß der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 (diese Fassung ist im Beschwerdefall wegen des Tatzeitpunktes anzuwenden) begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S, im Wiederholungsfalle von 10.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 120.000 S, im Wiederholungsfalle von 20.000 S bis zu 240.000 S.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt.

Der Beschwerdeführer hält in seiner Beschwerde an der Behauptung fest, nicht er (als Verantwortlicher gemäß § 9 VStG), sondern seine Gattin habe die beiden Ausländer persönlich und privat beschäftigt und auch entlohnt. Die belangte Behörde habe diese Verantwortung zu Unrecht als nicht nachvollziehbar oder gar unglaubwürdig bezeichnet.

Die belangte Behörde ist zu ihren Feststellungen - im Gegensatz zur Behörde erster Instanz und ohne eigene Ermittlungen - im Wege der freien Beweiswürdigung gelangt. Nun bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung jedoch nicht, daß der in der Begründung des verwaltungsbehördlichen Bescheides niederzulegende Denkvorgang der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes überhaupt nicht unterliegt. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im Falle einer Bescheidbeschwerde nur eine nachprüfende Tätigkeit auszuüben und keinesfalls eine Sachentscheidung zu treffen; er kann aber die Beweiswürdigung jedenfalls insoweit überprüfen, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 548 f, angeführte Judikatur).

Diese Prüfung ergibt, daß die belangte Behörde zu ihrer streitentscheidenden Feststellung, der Beschwerdeführer habe als Verantwortlicher der Gesellschaft m.b.H. als Arbeitgeber der beiden Ausländer für die Verwaltungsübertretung einzustehen, auf Grund eines unzureichenden Ermittlungsverfahrens gelangt ist. Während nämlich die BH sowohl den Beschwerdeführer als Beschuldigten als auch dessen Gattin als Zeugin einvernommen hat und auf Grund dieser Ermittlungen zum Ergebnis gekommen ist, CK und nicht die Gesellschaft m.b.H. habe die beiden Ausländer beschäftigt, was die Einstellung des Verwaltungsverfahrens gegen den Beschwerdeführer nach sich zog, hat die belangte Behörde dieses Ermittlungsergebnis ohne eigene Verfahrensschritte umgedreht und allein auf Grund des Vorbringens des Landesarbeitsamtes den Beschwerdeführer als gemäß § 9 VStG Verantwortlichen als Arbeitgeber festgestellt, weil die Arbeiten auf Betriebsgelände ausgeführt worden seien. Die belangte Behörde hat es für "irrelevant" erklärt, daß die Bezahlung der beiden Ausländer durch CK erfolgt sei, weil es "nur auf das Beschäftigungsverhältnis" ankomme. Mit derselben Argumentation muß allerdings der belangten Behörde entgegengehalten werden, daß es auch nicht darauf (entscheidend) ankommt, wo die Arbeiten verrichtet worden sind, sondern eben nur darauf, wer diese Arbeiten in Auftrag gegeben hat. Eine Begründung dafür, warum die belangte Behörde den zuletzt übereinstimmenden Angaben beider Ehegatten K nicht geglaubt hat, ist sie somit in Wahrheit völlig schuldig geblieben.

Bei dieser Aktenlage war dem Beschwerdeführer darin zu folgen, daß die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung auf einer ungenügenden Sachverhaltsgrundlage beruht und daß ihr die erforderliche Schlüssigkeit fehlt.

Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 2 und 59 Abs. 1 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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