VwGH 93/09/0431

VwGH93/09/043117.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des HS und der RS in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Niederösterreich vom 6. September 1993, Zl. IIe/6702 B/1 063 704, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §4 Abs1 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs1 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, Inhaber eines Gastgewerbebetriebes, beantragten beim Arbeitsamt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für einen namentlich genannten vietnamesischen Staatsangehörigen für die Tätigkeit als "Hilfskraft".

Mit Bescheid vom 7. Juni 1993 wies die Behörde erster Instanz den Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahern ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In der Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, der beantragte Ausländer sei der "Gatte (Lebensgefährte)" einer ebenfalls bei den Beschwerdeführern beschäftigten Vietnamesin. Er sei "eine große Hilfe als Hausbursche, und ich möchte Ihn deshalb auf jeden Fall unter geregelten Verhältnissen beschäftigen". Auch im Sinne "der Familienzusammenführung" wäre dies zu vertreten.

In einer "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 28. Juli 1993 gab die belangte Behörde den Beschwerdeführern die Überschreitung der Landeshöchstzahl für das Jahr 1993 bekannt, wodurch zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG erfüllt sein müßten. Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen gelangte die belangte Behörde unter Würdigung des Berufungsvorbringens (von einer Familienzusammenführung könne nur bei Kindern bzw. Jugendlichen unter 19 Jahren gesprochen werden, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung aus sozial-humanitären Gründe sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen) zur Feststellung, besonders wichtige Gründe im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG sowie öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen, die die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung rechtfertigten, seien bisher nicht bewiesen worden.

In der Stellungnahme zu diesem Vorhalt führten die Beschwerdeführer im wesentlichen aus, bisher sei das Arbeitsamt nie in der Lage gewesen, zu Beginn der Wintersaison Arbeitskräfte zu vermitteln. Der nunmehr beantragte Ausländer wohne bei seiner Gattin in der von den Beschwerdeführern zur Verfügung gestellten Wohnung. Sollte es nicht möglich sein, für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, würde auch seine Gattin, für die die Beschwerdeführer bereits eine Arbeitsbewilligung hätten, den Betrieb verlassen. Da mit größter Wahrscheinlichkeit das Arbeitsamt auch in diesem Winter keine österreichischen Arbeitskräfte vermitteln könne, wären die Beschwerdeführer dann "leider gezwungen" ihren Nebenbetrieb "X-Hütte" zu schließen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge gegeben. Im Rahmen der Darstellung der Rechtslage stellte die belangte Behörde wiederum fest, die für 1993 für das Bundesland Niederösterreich mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales festgesetzte Landeshöchstzahl sei seit Jänner dieses Jahres überschritten. Im Verfahren erster Instanz habe der Unterausschuß des Vermittlungsausschusses aus arbeitsmarktpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Erwägungen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. In der Berufung sei ein Tatbestand gemäß § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG weder behauptet noch bewiesen worden. Auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren habe die belangte Behörde keinen Tatbestand im Sinne dieser Bestimmung feststellen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat - wie bereits die Behörde erster Instanz - die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist und daß der Vermittlungsausschuß der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht zugestimmt hat. Die Beschwerdeführer haben diese Annahme der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht bestritten. Mit Rücksicht darauf wäre es ihre Aufgabe gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1993, 92/09/0302, und die dort angeführte Judikatur).

Zu prüfen ist daher nur, ob das Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zum Vorliegen "besonders wichtiger Gründe" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung auszureichen vermag oder ob dieses Vorbringen allenfalls geeignet ist, das Vorliegen öffentlicher oder gesamtwirtschaftlicher Interessen an der Beschäftigung des Ausländers gemäß § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG zu begründen. Beides ist jedoch - wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat - nicht der Fall. Ein betriebsbezogen auch dringender Arbeitskräftebedarf stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein qualifiziertes Interesse an der Beschäftigung eines Ausländers im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG dar (siehe dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, 93/09/0129, vom 21. Oktober 1993, 93/09/0157 und insbesondere auch vom 16. Dezember 1993, 93/09/0273, in dem ebenfalls die Existenzgefährdung eines - kleinen - Betriebes behauptet wurde). Das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, wonach der beantragte Ausländer als Schlüsselkraft im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG anzusehen sei, (trotz Verrichtung nur der "niederen" Arbeiten sei der Ausländer zum Betrieb der lediglich im Winter geführten "X-Hütte" erforderlich, in der auch jeweils drei bis vier - vorwiegend österreichische - Arbeitskräfte beschäftigt würden) ist schon wegen des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich (zum Schlüsselkraftbegriff, der Hilfstätigkeiten grundsätzlich nicht umfaßt, siehe im übrigen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, 93/09/0185).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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