Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 30. März 1993 beim Arbeitsamt Mödling den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den ungarischen Staatsbürger B. für die berufliche Tätigkeit als "techn. Angestellter" mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von S 11.820,--. In einem Begleitschreiben zu diesem Antrag wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß sich sein Unternehmen seit Jahren mit dem Verkauf (Inland-Ausland) von Lebensmittel-Maschinen und Anlagen für diese Industrie beschäftige. Aufgrund der ständig steigenden Nachfrage hinsichtlich höchster Technologie in der fleischverarbeitenden Industrie benötige er insbesondere die Dienste von B. Bei der Ausarbeitung von Projekten sowie für die notwendige Nachbearbeitung solle B. in seinem Unternehmen als Konsulent tätig sein. B. verfüge über jahrelange Kontakte zu den kompetenten Einkäufern der österreichischen und ungarischen Fleischbranche, sodaß dieser seine Erfahrung für das Unternehmen positiv einsetzen könnte. Auch aufgrund der Beherrschung der deutschen, englischen und ungarischen Sprache sei der Einsatz von B. von großem Vorteil. Gleichzeitig übermittelte der Beschwerdeführer dem Arbeitsamt auch einen auf "technischen Angestellten" lautenden Vermittlungsauftrag. Darin wurde das Alter zuzuweisender Arbeitskräfte mit 45 bis 50 Jahren begrenzt, sowie B-Führerschein, Sprachenkenntnis (Deutsch, Englisch, Ungarisch) und Erfahrungen in der Lebensmittelbranche gefordert.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 5. April 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, sein Unternehmen befasse sich mit dem Export von Anlagen, Maschinen und Zubehör (ausschließlich nach Ungarn). Der Einsatz von ungarisch-sprechenden Technikern, die außerdem jahrelange Erfahrung auf dem fleischverarbeitenden Sektor mitbrächten, sei daher für ihn unerläßlich. Einer der beiden bei ihm beschäftigten ungarischen Techniker werde sich wohl in den nächsten Jahren endgültig zur Ruhe setzen, wobei B. dessen Agenden nahtlos übernehmen solle. B. verfüge über hervorragende persönliche Kontakte zu den kompetenten Einkäufern in der ungarischen Fleischindustrie. Gerade in Zeiten der Rezession gingen alle westlichen Produzenten verstärkt in die Ostmärkte. Der Wettbewerb verstärke sich zusehends, allerdings könne man mit ausgewähltem und hochqualifiziertem Personal diesem Druck standhalten.
Im Akt der belangten Behörde finden sich auch diverse Computerausdrucke (u.a. laut Aktenverzeichnis der belangten Behörde "Datensätze der zugewiesenen Arbeitskräfte").
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 4. Mai 1993 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß §§ 66 Abs. 4 AVG und 20 Abs. 3 iVm §§ 4 Abs. 1 und 4 Abs. 6 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 AuslBG aus, im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung sei nicht nur eine Prüfung der Lage des Arbeitsmarktes zum Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung, sondern eine solche auch unter Bedachtnahme auf die weitere Entwicklung des Arbeitsmarktes erforderlich; insbesondere seien dabei bestehende Tendenzen und abzusehende Entwicklungen in bevölkerungspolitischer, struktureller und konjunktureller Hinsicht zu berücksichtigen.
Es folgt dann in der Begründung des angefochtenen Bescheides die weiters maßgebende Rechtslage und die Feststellung, daß die für das Bundesland Niederösterreich "vereinbarte" Landeshöchstzahl für 1993 überschritten sei und der aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammengesetzte Unterausschuß des Vermittlungsausschusses aus arbeitsmarktpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Erwägungen keine einhellige Befürwortung zum Antrag des Beschwerdeführers ausgesprochen habe. Schließlich führte die belangte Behörde (ausschließlich zu § 4 Abs. 1 AuslBG) in der Begründung noch aus, im durchgeführten Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer aus subjektiven Überlegungen die Einstellung einer ausländischen Arbeitskraft in Erwägung gezogen hätte, ohne vorerst - bei dem Wissen um den Personalengpaß in seinem Betrieb - mit dem Arbeitsamt Kontakt bezüglich des Bedarfes an einer speziellen Arbeitskraft aufzunehmen. Erst aufgrund der gegenständlichen Antragstellung habe der Beschwerdeführer die Dienste der Arbeitsmarktverwaltung in Anspruch genommen und erst über Ersuchen des Arbeitsamtes einen Vermittlungsauftrag erteilt. Tatsache sei somit, daß erst aufgrund des vom Beschwerdeführer nach Beantragung der Beschäftigungsbewilligung eingebrachten Vermittlungsauftrages Vermittlungsbemühungen haben einsetzen können. Trotzdem hätten dem Beschwerdeführer mehrere Arbeitskräfte zugewiesen werden können, die iSd § 4b Abs. 1 AuslBG zum bevorzugten Personenkreis zählten und an deren Vermittlung ein öffentliches und gesamtwirtschaftliches Interesse bestehe. Eine dieser zugewiesenen Personen sei vom Beschwerdeführer wegen der (nach Meinung des Beschwerdeführers) fehlenden Branchenerfahrung abgewiesen worden. Dies könne nicht als Ablehnungsgrund akzeptiert werden, weil der im
79. Lebensjahr stehende ungarische Mitarbeiter laut Berufung erst in den nächsten Jahren ausscheide und daher genug Zeit zur Verfügung stünde, die (wegen der angeblich fehlenden Branchenerfahrung) abgewiesene Arbeitskraft, aufgrund deren vorhandener Qualifikation und Ausbildung, mit den notwendigen Kenntnissen vertraut zu machen. Deshalb hätten auch die Berufungseinwendungen des Beschwerdeführers keine andere Entscheidung erwirken können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erteilung der für B. beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt.
Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.
Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Hinsichtlich der Prüfung der Arbeitsmarktlage im Sinne des § 4 Abs. 1 ist im § 4b AuslBG festgelegt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zuläßt, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Personen, die bestimmt genannten begünstigten Gruppen (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung etc.) in der mit der Aufzählung vorgegebenen Reihenfolge angehören, vermittelt werden können.
Im Beschwerdefall erübrigen sich Erwägungen zur Berechtigung der Ablehnung des Antrages des Beschwerdeführers im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG: die belangte Behörde zitiert diese Bestimmung zwar im Spruch, geht aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht näher auf die Z. 2 bis 4 dieser Gesetzesstelle ein. Die belangte Behörde hat sich dazu offenbar deshalb nicht veranlaßt gesehen, weil ihrer Auffassung nach die Beschäftigungsbewilligung bereits nach § 4 Abs. 1 AuslBG nicht gerechtfertigt werden könne.
Es kommt daher - entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Ansicht - entscheidend nur darauf an, ob die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen konnte, daß der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung aus § 4 Abs. 1 AuslBG abzuleitende Umstände entgegenstehen (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, 93/09/0052 und vom 21. Oktober 1993, 93/09/0144).
Nach dieser Gesetzesstelle ist die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich
1. daran, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und
2. wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Bei Fehlen auch nur eines dieser beiden Tatbestandselemente ist den Arbeitsämtern die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verwehrt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG, die im gegenständlichen Zusammenhang nur im Hinblick auf die mit der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 erfolgte Einfügung des § 4b hinsichtlich der bevorzugt zu vermittelnden Personen zu modifizieren ist, muß auf Grund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt sein, für welche Beschäftigung diese Bewilligung konkret beantragt wurde, ob das geltend gemachte Anforderungsprofil in den Notwendigkeiten des Betriebes objektiv gerechtfertigt ist und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG
- diese konkrete Beschäftigung (des für sie in Aussicht genommenen Ausländers) zuläßt. Das wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens eine der bevorzugt zu vermittelnden Personen entsprechend der im § 4b AuslBG enthaltenen Reihenfolge zur Verfügung steht, die bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen konkret auszuüben (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, 91/09/0090, sowie vom 25. September 1992, 92/09/0072).
Diese Beweisführung erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, Zl. 93/09/0379 und die dort angegebene Vorjudikatur).
In der entscheidungswesentlichen Frage der Möglichkeit einer Ersatzkraftstelltung beschränkt sich die belangte Behörde auf die Feststellung, dem Beschwerdeführer hätten mehrere (zum bevorzugten Personenkreis des § 4b Abs. 1 AuslBG zählende) Arbeitskräfte zugewiesen werden können, wobei eine dieser Personen vom Beschwerdeführer wegen fehlender Branchenerfahrung abgewiesen worden sei. Den vorgelegten Akten ist allerdings nicht zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer Ersatzkräfte zur Deckung seines Arbeitskräftebedarfes überhaupt angeboten worden sind. Auch aus den in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Computerausdrucken geht nicht hervor, daß die dort namentlich genannten zwei Personen (ein österreichischer und ein jugoslawischer Staatsbürger) dem Beschwerdeführer TATSÄCHLICH namhaft gemacht worden sind bzw. aus welchen Gründen - allenfalls - die Begründung eines Arbeitsverhältnisses nicht zustande gekommen ist. Es ist somit die für eine Beurteilung des Falles nach § 4 Abs. 1 AuslBG relevante Frage ungeklärt geblieben, ob es überhaupt taugliche Ersatzkräfte zur Deckung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Arbeitskräftebedarfes gibt, und ob deren Einstellung allenfalls aus vom Beschwerdefüherer zu vertretenden Gründen unterblieben ist. Der diesbezügliche Hinweis in der Begründung des angefochtenen Bescheides findet in den vorgelegten Akten keine Deckung, weshalb es sich erübrigt, auf die Argumentation der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe eine Ersatzkraft zu Unrecht wegen fehlender Branchenerfahrung abgelehnt, in der vorliegenden Entscheidung einzugehen.
Ohne konkrete Anführung der zugewiesenen Ersatzkräfte und ohne Befragung derselben, aus welchen Gründen sie vom Beschwerdeführer abgelehnt worden sind, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht in der Lage, eine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit zur Frage einer geeigneten Ersatzkraftstellung zu treffen.
Da die belangte Behörde aus diesen Gründen den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat, und zwar, weil der Sachverhalt im entscheidungswesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, aber auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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