Normen
AuslBG §4 Abs6 Z2 lita idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z2 lita idF 1990/450;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte am 29. Jänner 1993 beim Arbeitsamt für Angestellte den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die "jugoslawische" Staatsangehörige H. für die Tätigkeit als Geschäftsführerin einer Handelsfirma. Als Entlohnung war ein monatlicher Bruttobezug von S 25.100,-- angeführt, Sprachkenntnisse Serbo-Kroatisch, Russisch u.a. seien erforderlich.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 2. Februar 1993 gemäß § 4 Abs. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG nach Wiedergabe dieser Gesetzesbestimmungen mit der Begründung ab, aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Geschäftsführerinnen Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für die Vermittlung in Betracht kämen. Ferner habe der Vermittlungsausschuß die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In der Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, daß hinsichtlich des Teilarbeitsmarktes für Geschäftsführerinnen überhaupt kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Insbesondere seien der beschwerdeführenden Partei keine qualifizierten Arbeitssuchenden zur Beschäftigung angeboten worden, dies offensichtlich deshalb, weil allenfalls vorgemerkte Arbeitssuchende den Anforderungen der Geschäftsführungstätigkeit bei der beschwerdeführenden Partei nicht entsprochen hätten. H. entspreche diesen Voraussetzungen jedoch aus verschiedenen Gründen. Mehrheitsgesellschafterin der beschwerdeführenden Partei sei eine in Liechtenstein ansässige Aktiengesellschaft. Die beschwerdeführende Partei sei gegründet worden (der Gesellschaftsvertrag vom 7. September 1992 war der Berufung in Ablichtung angeschlossen), um als Tochterfirma dieser liechtensteinischen Gesellschaft von Österreich aus Handelsgeschäfte mit den Staaten Osteuropas anbahnen und durchführen zu können. Frau H. sei leitende Mitarbeiterin der liechtensteinischen Firma gewesen und solle nunmehr von Wien aus als Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Partei die Interessen der Mutterfirma wahrnehmen. Aus diesem Grund sei sie mit Gesellschafterbeschluß vom 7. September 1992 zur Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Partei bestellt worden. Sie habe bereits eine langjährige Erfahrung als Geschäftsführerin des Kulturzentrums "S", welches auf internationaler Ebene tätig gewesen und wirtschaftliche Kontakte zwischen jugoslawischen Wirtschaftstreibenden und ausländischen Partnern hergestellt und betreut habe. Die bei dieser Tätigkeit erforderlichen Sprachkenntnisse seien auch Voraussetzung zur Bestellung als Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Partei. Gesamtwirtschaftliche Interessen bzw. wichtige öffentliche Interessen stünden der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht entgegen, weil im Zuge der Geschäftstätigkeit der beschwerdeführenden Partei in der Folge die Aufnahme weiteren Büropersonals, insbesondere von Schreibkräften und Telefonistinnen erfolgen würde, wodurch eine Beschäftigungsmöglichkeit von als arbeitssuchend vorgemerkten Personen gegeben wäre.
Mit Vorhalt vom 19. März 1993 teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit, daß es nicht von vornherein als aussichtslos betrachtet werden könne, begünstigt zu behandelnde Arbeitskräfte zu vermitteln. Die beschwerdeführende Partei möge daher das konkrete Anforderungsprofil bekanntgeben und gegebenenfalls eine entsprechende Arbeitskräftebedarfsmeldung erstatten. Außerdem werde um Vorlage einer Gewerbeberechtigung ersucht.
In der dazu abgegebenen Stellungnahme erklärte sich die beschwerdeführende Partei mit einer Vermittlung von Ersatzarbeitskräften einverstanden und gab als Anforderungsprofil fundiertes Wissen im kaufmännischen Bereich (insbesondere über die Wirtschaftsbeziehungen mit dem ehemaligen Ostblock), fundierte Sprachkenntnisse in der serbo-kroatischen, polnischen und russischen Sprache, Erfahrung als wirtschaftlich verantwortliche Geschäftsführerin und Führungspersönlichkeit an. Eine Gewerbeberechtigung sei für die beschwerdeführende Partei nicht erforderlich, weil die Geschäfte ausschließlich im Ausland abgewickelt würden.
In einem Empfehlungsschreiben der liechtensteinischen Muttergesellschaft vom 25. Februar 1993 ist davon die Rede, daß Frau H. ständig als Koordinationsmanager der Gesellschaft zwischen westlichen und ehemaligen Ostblockländern tätig gewesen sei. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in dieser Funktion und ihrer Kenntnisse der Fremdsprachen und Handelsbräuche sei Frau H. eine geeignete Person, um die von den Aktionären und den Geschäftspartnern verlangten Geschäftsaktivitäten zu koordinieren und zu organisieren.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 "in Verbindung mit § 4 Abs. 6 i.V. mit § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG" in der Fassung BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge. Im Rahmen der überblicksweisen Darstellung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stellte die belangte Behörde fest, daß die für das Bundesland Wien für das Kalenderjahr 1993 festgesetzte Landeshöchstzahl seit dem Beginn dieses Kalenderjahres bei weitem überschritten sei. Somit seien bei Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sowohl die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 als auch des Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Nach § 4 Abs. 1 AuslBG dürfe eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn kein wichtiges öffentliches Interesse entgegenstehe. Ein solches wichtiges öffentliches Interesse bilde auch die Beachtung des österreichischen Arbeitsmarktrechtes, im speziellen des Gewerberechtes. Mangels Vorlage einer nach Ansicht der belangten Behörde auch seitens der beschwerdeführenden Partei erforderlichen Gewerbeberechtigung stehe § 4 Abs. 1 AuslBG der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung entgegen. Weiters sei aufgrund der Überschreitung der Landeshöchstzahl zu prüfen, ob ein Tatbestand im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d bzw. Z. 3 AuslBG, der die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung rechtfertige, vorliege. Selbst wenn H. als Schlüsselkraft - dies werde in der Berufung nicht dezidiert behauptet, jedoch auf ihre besondere Qualifikation hingewiesen - im Sinne dieser Gesetzesbestimmungen angesehen werden könnte, könne die Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG erst erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und 3 AuslBG vorlägen. Dies sei aber wie erwähnt nicht der Fall. Zudem sei ein besonders wichtiger Grund nur erfüllt, wenn an der Beschäftigung des Ausländers ein qualifiziertes Interesse bestehe, welches über das betriebsbezogene Interesse den Arbeitskräftebedarf abzudecken hinausgehe. Durch die beabsichtigte Beschäftigung von H. als Geschäftsführerin liege ein derartiges Interesse nicht vor. Aufgrund der überschrittenen Landeshöchstzahl stehe ferner für die erstmalige Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur eine knappe Überziehungsreserve zur Verfügung, sodaß hiefür besonders strenge Maßstäbe anzulegen und vor allem auf das öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interesse Bedacht zu nehmen sei. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für H. für den Einsatz in einer Tochtergesellschaft einer Gesellschaft mit Geschäftssitz in Liechtenstein, wobei die Geschäfte offenbar ausschließlich im Ausland durchgeführt würden, sei nicht in einem dementsprechenden Interesse gelegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für H. verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Ausländerbeschäftigungsgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet (§ 1 Abs. 1 dieses Gesetzes). In diesem Fall darf ein Arbeitgeber nach § 3 Abs. 1 AuslBG, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Die Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG in der Fassung gemäß der Novelle
BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon das Vorliegen auch NUR EINES dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0428, u.v.a.).
§ 4 Abs. 6 AuslB (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
- 1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
- 2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
- a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
- b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
- c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
- d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
- 3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
- 4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Die belangte Behörde ist - wie bereits das erstinstanzliche Arbeitsamt - vom Vorliegen einer Überschreitung der Landeshöchstzahl ausgegangen. Die beschwerdeführende Partei hat dies ebensowenig bestritten wie die Nichtzustimmung des Vermittlungsausschusses zur Beschäftigungsbewilligung. Mit Rücksicht darauf wäre es an ihr gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1993, 92/09/0302, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Die beschwerdeführende Partei hat dazu in der Berufung - und nunmehr neuerlich in der Beschwerde - auf DIE WICHTIGKEIT der beantragten Ausländerin als Geschäftsführerin FÜR DIE BESCHWERDEFÜHRENDE PARTEI hingewiesen. Den Beschwerdeausführungen ist zwar zuzustimmen, daß die Aufzählung der wichtigen Gründe im § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG lediglich eine demonstrative ist; nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein besonders wichtiger Grund im Sinn dieser Bestimmung aber nur dann gegeben, wenn an der Beschäftigung des beantragten Ausländers ein QUALIFIZIERTES Interesse besteht, das ÜBER das betriebsbezogene Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgeht. Ein derart überbetriebliches Interesse wird durch die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei nicht aufgezeigt (vgl. dazu z.B. die Erkenntisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1988, Slg. Nr. 12.789/A, vom 18. März 1993, 92/09/0243 und vom 21. Jänner 1994, 93/09/0409). Auch das Vorbringen in der Berufungsschrift - das in der Beschwerde in Richtung Vorliegen des "Schlüsselkrafttatbestandes" nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG konkretisiert wird -, wonach durch die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in der Folge auch die Aufnahme von weiteren Arbeitskräften erfolgen würde, kann unter dem Blickwinkel des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG zu keinem Erfolg führen. Die Bestimmung des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a leg. cit. begünstigt nämlich nur die (unmittelbare) Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, nicht jedoch deren (allfällige) zukünftige Schaffung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1993, 93/09/0378).
Mit Rücksicht auf die somit gegebene Berechtigung der Abweisung des Antrages der beschwerdeführenden Partei gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung mit der Frage des Fehlens der Gewerbeberechtigung (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0406) und dem von der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Partei erstatteten Vorbringen zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG.
Von der Abhaltung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers
BGBl. Nr. 104/1991.
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