Normen
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 Z2 litc idF 1990/450;
AuslBG §4b;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 Z2 litc idF 1990/450;
AuslBG §4b;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 1. März 1993 beim Arbeitsamt Waidhofen/Thaya die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den tschechischen Staatsangehörigen M. für die berufliche Tätigkeit als "Tischler" mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von S 12.730,--.
Diesen Antrag lehnte das genannte Arbeitsamt mit Bescheid vom 11. März 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe dieser Gesetzesstelle aus, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet, und darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Vermittlung eines österreichischen Tischlers durch das Arbeitsamt sei nicht möglich. Da im Sommer 1993 ein guter Tischler seinen Betrieb verlasse und in den öffentlichen Dienst gehe, sei er gezwungen, einen Ersatz aufzunehmen. Da die Einschulung und Umstellung einige Zeit in Anspruch nehmen werde, ersuche er, diese Bewilligung "sobald als möglich" zu erteilen. In seinem Betrieb würden jährlich 1 bis 2 Lehrlinge neu ausgebildet (derzeit stünden bei ihm 5 Lehrlinge in der Ausbildung), um den Bedarf an Fachkräften in seinem Betrieb wenigstens in den nächsten Jahren so gut als möglich abdecken zu können.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. April 1993 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 20 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen aus, für das Jahr 1993 sei die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales (BGBl. Nr. 738/1992) festgesetzte Landeshöchstzahl für das Bundesland Niederösterreich seit Jänner 1993 überschritten. Nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen dürften Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1, 3 und 6 AuslBG vorlägen. Im erstinstanzlichen Verfahren habe der paritätisch zusammengesetzte Unterausschuß des Vermittlungsausschusses keine einhellige Befürwortung zum Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG ausgesprochen. Auf Grund der erwiesenen ungünstigen Entwicklung des österreichischen Arbeitsmarktes durch die einerseits steigenden Arbeitslosenzahlen und andererseits die nahezu ungebremste Zulassung von ausländischen Arbeitskräften zum inländischen Arbeitsmarkt in den Jahren 1990 und 1991 müsse - gleich wie 1992 - als Zielsetzung eines geordneten Arbeitsmarktes im gesamtwirtschaftlichen Interesse einerseits die Absenkung der Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen, andererseits die Eindämmung des ungebremsten Zuzuges neu am Arbeitsmarkt auftretender ausländischer Arbeitskräfte angestrebt werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sei in Kenntnis aller Prognosen für 1993 bei der Festsetzung der Ziele der Ausländerbeschäftigungspolitik zwar nicht von einem totalen Stop des Zuganges neu eingereister Ausländer zum Arbeitsmarkt ausgegangen, allerdings sei eine äußerst restriktive und vorsichtige Zulassung neu eingereister ausländischer Arbeitskräfte als unumgängliche Zielsetzung befunden worden.
Nach einer allgemeinen Darstellung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage führte die belangte Behörde weiters aus, es besitze in diesem Sinne oberste Priorität, daß der echte Bedarf der Wirtschaft mit Hilfe derselben von der Arbeitsmarktverwaltung aus dem verfügbaren Arbeitskräftepotential, das seien bei der letzten statistischen Zählung Ende März 1993 in Niederösterreich 35.561 vorgemerkte arbeitslose Inländer und 4.099 Ausländer, abgedeckt werde. Eine Fortsetzung der bisher beobachteten Entwicklung, daß der Zuwachs an Ausländern offensichtlich Beschäftigung finde, wogegen jener der Inländer per Saldo in ganz erheblichen Maße in die Arbeitslosigkeit abströme, sei sowohl gesamtwirtschaftlich als auch im öffentlichen Interesse nicht vertretbar. Die in den letzten Jahren entstandene Aufspaltung der Verdienste unter den Bedingungen einer nach unten offenen Lohnskala müsse aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten unbedingt abgelehnt werden, weil der gesellschaftliche Ertrag weit unter den gesellschaftlichen Kosten liege. Das Gesamtsteueraufkommen aus solchen Wertschöpfungen sei eindeutig niedriger als die Infrastrukturbelastung.
Ebenso sei zu beachten, daß der unerwünschte und gesamtwirtschaftlich äußerst bedenkliche Substitutionseffekt - neue Ausländer auf Arbeitsplätze von Inländern oder längere Zeit in Österreich beschäftigt gewesenen Ausländern - unbedingt unterbunden werden müsse. Ein subjektiver Arbeitskräftebedarf rechtfertige für sich allein noch nicht die Beschäftigungsbewilligung, sondern es sei insbesondere auf konjunkturelle und strukturelle Beschäftigungsprobleme Bedacht zu nehmen.
Im Beschwerdefall habe die belangte Behörde auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage i.S. der gesamtwirtschaftlichen und öffentlichen Interessen keine Tatsachen erkennen können, die die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung im Sinne der Bestimmungen gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 6 Z. 3 AuslBG gerechtfertigt hätten. Auch die Berufungseinwendungen des Beschwerdeführers hätten keine andere Entscheidung erwirken können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den genannten tschechischen Arbeitnehmer verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er sei selbstverständlich nach wie vor jederzeit an der Aufnahme inländischer oder bevorzugt zu vermittelnder ausländischer Arbeitnehmer interessiert. Sein dem Arbeitsamt schon am 26. Jänner 1993 mitgeteilter Arbeitskräftebedarf habe bis heute nicht abgedeckt werden können. Er habe schon im Verwaltungsverfahren wichtige Gründe iSd § 4 Abs. 6 AuslBG vorgebracht, insbesondere daß im Sommer 1993 ein guter Tischler sein Dienstverhältnis lösen werde. Durch den Ausfall dieses Mitarbeiters sei er bei Nichterteilung der Beschäftigungsbewilligung für M. gezwungen, einen Teil seiner Produktion stillzulegen, wodurch auch Arbeitsplätze inländischer Arbeitnehmer gefährdet seien. M. sei daher auch als Schlüsselkraft gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG anzusehen. Die belangte Behörde sei somit zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht gegeben seien; sie hätte seinem Antrag gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG stattgeben müssen.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.
Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.
Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Hinsichtlich der Prüfung der Arbeitsmarktlage im Sinne des § 4 Abs. 1 ist im § 4b AuslBG festgelegt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zuläßt, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Personen, die bestimmt genannten begünstigten Gruppen (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung etc.) in der mit der Aufzählung vorgegebenen Reihenfolge angehören, vermittelt werden können.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
- 1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
- 2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
- a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
- b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
- c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
- d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
- 3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
- 4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Die belangte Behörde ist - wie bereits das erstinstanzliche Arbeitsamt - vom Vorliegen einer Überschreitung der Landeshöchstzahl ausgegangen. Der Beschwerdeführer hat dies ebensowenig bestritten wie die Nichtzustimmung des Vermittlungsausschusses zur Beschäftigungsbewilligung. Mit Rücksicht darauf wäre es an ihm gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 18. Februar 1993, 92/09/0302, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Er hat dazu bereits in seiner Berufung und nunmehr erneut in seiner Beschwerde darauf hingewiesen, daß er den beantragten Ausländer als Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines "guten Tischlers" - im Sommer 1993 - frei werdenden Arbeitsplatzes benötige; ob der ausscheidende Arbeitnehmer Ausländer war, blieb allerdings offen.
Letzterer Umstand kann aber dahin gestellt bleiben, weil nach dem klaren Wortlaut des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG ("als DRINGENDER ERSATZ für die Besetzung eines DURCH AUSSCHEIDEN eines Ausländers FREI GEWORDENEN ARBEITSPLATZES") die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erst nach dem Ausscheiden des zu ersetzenden Ausländers in Betracht käme. Eine gemeinsame (zeitgleiche) Beschäftigung des zukünftig ausscheidenden und des als Ersatzkraft in Aussicht genommenen ausländischen Arbeitnehmers, worauf offenbar das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren abzielte (Erteilung der Beschäftigungsbewilligung zur Einschulung und Umstellung "sobald als möglich"), ist jedenfalls unzulässig. Dafür spricht auch die Überlegung, daß erst nach Ausscheiden eines Ausländers ein für Ausländer nach der Höchstzahlenfestsetzung erfaßter Arbeitsplatz frei werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, 91/09/0085). Zudem ist es - im Sinne des von der belangten Behörde dargestellten Gesetzeszweckes - nicht ausgeschlossen, daß nach dem tatsächlichen zukünftigen Ausscheiden nicht doch ein begünstigter Arbeitnehmer im Sinne des § 4b AuslBG vermittelt werden kann.
Was das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, M. sei auch als Schlüsselkraft "gemäß § 4 Abs. 6" anzusehen (durch den Ausfall des erwähnten Tischlers sei er bei Nichterteilung der Beschäftigungsbewilligung für M. gezwungen, einen Teil seiner Produktion stillzulegen, wodurch auch Arbeitsplätze inländischer Arbeitnehmer gefährdet seien), so handelt es sich hiebei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG), abgesehen davon, daß hier auch erst ein zukünftiger Bedarf angesprochen wird.
Es trifft zu, daß sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides größtenteils mit allgemeinen Ausführungen (zur Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage) begnügt hat, doch ändert dieser Umstand nichts daran, daß der Beschwerdeführer auch kein Vorbringen erstattet hat, aus welchem sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG ableiten ließe.
Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf den weiteren von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgrund nach § 4 Abs. 1 AuslBG näher einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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