VwGH 93/06/0173

VwGH93/06/017320.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der

M W und des W W in F, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. Juni 1993, Zl. Ve1-550-1991/5, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1.) Gemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister,

2.) H-Gesellschaft mbH in U, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in M, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauRallg;
ROG Tir 1984 §12 Abs1;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauRallg;
ROG Tir 1984 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- jeweils binnen zwei Wochen je zur Hälfte bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 15. Mai 1992 bei der Behörde eingelangten Gesuch kam die zweitmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) um Erteilung der Baubewilligung zwecks Errichtung eines Wohnhauses mit 11 Wohnungen (so die Bezeichnung im Baugesuch) auf einem näher bezeichneten Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes, das von dem zu bebauenden Grundstück durch eine Straße ("Gemeindeweg") getrennt wird (im Zuge des Verwaltungsverfahrens wurde ein schmaler Grundstreifen, der ein eigenes Grundstück bildete und zwischen dem zu bebauenden Grund und dem Gemeindeweg lag, ins öffentliche Gut einbezogen).

Bei der Bauverhandlung am 10. Juli 1992 erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Vorhaben (zitiert nach der Wiedergabe im erstinstanzlichen Bescheid: eine Übertragung der in weiten Passagen in Kurzschrift abgefaßten Verhandlungsschrift liegt dem Verwaltungsgerichtshof nicht vor): Sie seien grundsätzlich gegen das geplante Vorhaben, weil durch die Errichtung der 11 Wohnungen und den zu erwartenden ca. 40 Bewohnern mit einer unzumutbaren Immission zu Lasten der Anrainer gerechnet werden müsse. Entgegen den (zuvor erstatteten) Ausführungen des Amtssachverständigen werde das Orts- und Landschaftsbild durch den geplanten Bau schwer beeinträchtigt und gestört. In unmittelbarer Nähe befänden sich bis auf einen Bau ausschließlich Einfamilienhäuser. Die Bauhöhe und das Bauvolumen sei an Ort und Stelle ersichtlich zu machen. Nach den vorliegenden Planunterlagen seien die erforderlichen Abstellplätze nicht gewährleistet. Sie befürchteten, daß die künftigen Hausbewohner ihre PKWs in und vor den Liegenschaften der Anrainer abstellen würden und hätten sohin ein subjektives Interesse an der Einhaltung der entsprechenden Vorschriften. Hinsichtlich der Garagentüren an der Ostseite (Anmerkung: An dieser Seite sind neun Garagentore vorgesehen), werde die Auflage der Errichtung in möglichst lärmschonender Weise nach dem letzten Stand der Technik begehrt.

Mit Bescheid vom 3. August 1992 erteilte der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz die angestrebte Baubewilligung unter Vorschreibung von 51 Auflagen; die "Einwendungen der Nachbarn und Anrainer" (nebst den Beschwerdeführern haben auch andere Nachbarn Einwendungen erhoben) wurden, wie sich jedenfalls aus der Begründung unmißverständlich ergibt, "auf den Zivilrechtsweg" verwiesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie (zusammengefaßt) ihre Einwendungen aufrecht erhielten, aber auch ausführten, "daß die von der Gemeinde gewählte Baufluchtlinie nicht dem Gesetz entspreche": Das "geplante Riesenobjekt" solle bedeutend näher als ein bestimmtes angrenzendes Objekt an die Straße herangeführt werden. Wenn die Gemeinde für diese zu geringe Baufluchtlinie ein näher bezeichnetes Einfamilienhaus als Vergleich heranziehe, sei dies nicht zulässig, weil das geplante Objekt etwa die doppelte Höhe und ein mehrfaches Volumen dieses Einfamilienhauses haben werde. Es müsse daher jedenfalls entweder weiter von der Straße entfernt oder niedriger gebaut werden. Die Behörde erster Instanz habe auch den erklärlichen und berechtigten Wunsch der Beschwerdeführer nicht berücksichtigt, daß die Garagentüren in möglichst lärmschonender Weise geöffnet und geschlossen würden. Ohne entsprechende Vorschreibung werde erfahrungsgemäß sehr oft die billigste und damit auch lauteste Ausführung gewählt, worunter nicht nur die Hausbewohner selbst, sondern auch die Nachbarn zu leiden hätten.

Mit Berufungsbescheid vom 2. Oktober 1992 gab der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde dieser Berufung keine Folge. Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt: Da das Bauvorhaben nach Flächenwidmung und Tiroler Bauordnung zulässig sei, sei auf das Vorbringen, daß es sich störend im Ortsbild auswirke, nicht näher einzugehen. Hinsichtlich der Baufluchtlinie sei darauf zu verweisen, daß sie "der Bürgermeister bzw. die Gemeinde auch von der neuen Grundgrenze des Gemeindeweges so festgelegt" habe, daß sie der eingereichten Bebauung mit näher bezeichneten Mindestabständen entspreche. Hinsichtlich der Parkplatzfrage komme den Beschwerdeführern kein Mitspracherecht zu. Auch ihr Wunsch, "daß die Garagentüren in möglichst lärmschonender Weise geöffnet und geschlossen werden mögen", könne "bescheidmäßig nicht umfaßt werden".

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in welcher sie ihr Berufungsvorbringen aufrecht erhielten.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Februar 1993 wurde der Vorstellung Folge gegeben und der Berufungsbescheid vom 2. Oktober 1992 zwecks neuerlicher Entscheidung durch die Berufungsbehörde behoben. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges aus, das Verfahren sei hinsichtlich der Einwendung der Beschwerdeführer, daß durch die Errichtung der 11 Wohnungen und den zu erwartenden ca. 40 Bewohnern mit einer unzumutbaren Immission zu ihren Lasten gerechnet werden müsse, wie auch hinsichtlich des Begehrens, es seien möglichst lärmschonende Garagentüren an der Ostseite einzubauen, mangelhaft geblieben sei, weil diesbezüglich keine Feststellungen getroffen worden seien. Im fortgesetzten Verfahren würden diesbezüglich Ergänzungen durchzuführen und Feststellungen zu treffen sein. Da für den Bereich der mitbeteiligten Gemeinde kein Bebauungsplan vorliege, somit keine Baufluchtlinie verordnet sei, müßten bauliche Anlagen gemäß § 6 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung (TBO) von den Verkehrsflächen mindestens so weit entfernt sein, daß sie das Orts- und Straßenbild und die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigten. Soweit bestehende Gebäude einen einheitlichen Abstand von den Verkehrsflächen hätten, sei auch bei weiteren baulichen Anlagen mindestens dieser Abstand einzuhalten. Die Feststellung der Baufluchtlinie stelle eine Sachverständigenfrage dar. Die bisherigen Ausführungen des Bausachverständigen sagten lediglich aus, daß er die bestehenden Gebäude in der näheren Umgebung berücksichtigt und anhand dieser Maßstäbe festgestellt habe, daß der Neubau für das Ortsbild nicht störend wirke. Hinsichtlich der Abstände zur Verkehrsfläche enthalte das Gutachten jedoch keinerlei Ausführungen. Im fortgesetzten Verfahren würden auch diesbezüglich Feststellungen zu treffen sein. Im übrigen seien die Beschwerdeführer in subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt (wird näher ausgeführt). Diese Entscheidung blieb unbekämpft.

Hierauf hat die Berufungsbehörde das Ermittlungsverfahren durch Abhaltung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung des Hochbausachverständigen und der Parteien (darunter eines Vertreters der Bauwerberin wie auch der Beschwerdeführer und ihres Vertreters) ergänzt. Hinsichtlich der in Frage stehenden Baufluchtlinie führte der Sachverständige aus, daß der Abstand des nördlich gelegenen Nachbarhauses zum Gemeindeweg ca. 2,20 m betrage. Das auf der südlich gelegenen Anrainerparzelle errichtete Bauwerk (Fremdenpension) habe einen Abstand von ca. 7,50 m bis 6,20 m zum öffentlichen Gemeindeweg. Das gegenständliche Bauvorhaben weise an der Ostseite (das ist zur Gemeindestraße hin) einen vorkragenden Bauteil auf, der 2,00 m über die Hauptflucht des Gebäudes vorstehe und 4,98 m bis 5,04 m vom Gemeindeweg entfernt sei. Durch den Verlauf der Baufluchtlinie mit Einhaltung eines Abstandes von 4,98 m zum Gemeindeweg in der Natur sei vom südlich zum nördlich angrenzenden Gebäude die Baufluchtlinie keinesfalls für das Ortsbild störend. Gegenüber dem nördlich angrenzenden Gebäude sei die Baufluchtlinie ca. 2,70 m vom Gemeindeweg zurückversetzt. Durch die Einhaltung der Baufluchtlinie mit einem Mindestmaß von 4,98 m werde die Übersichtlichkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht behindert, weil die öffentliche Verkehrsfläche im Bereich des zu bebauenden Grundstückes nur ganz leicht gekrümmt verlaufe. Die Festsetzung einer derartigen Baufluchtlinie bewirke auch keine Störung des Ortsbildes. Wie bereits aufgezeigt, sei festzustellen, daß die bestehenden Gebäude keinen einheitlichen Abstand von der Verkehrsfläche hätten.

Hinsichtlich der Einwendungen der Beschwerdeführer, wonach durch die Errichtung der 11 Wohnungen und zu den zu erwartenden 40 Bewohnern mit einer unzumutbaren Immission zu Lasten der Anrainer gerechnet werden müsse, erklärte der Sachverständige:

"Durch die Errichtung der 11 neuen Wohnungen in einem gewidmeten Wohngebiet, in welchem bereits direkt angrenzend an der Südseite eine Fremdenpension und an der Nordseite mit einem größeren Zwei-Familienwohnhaus sowie auch umliegenden größeren Gebäuden kann keinesfalls von einem Einfamilienhausgebiet gesprochen werden. Es ist hier eine gemischte Bauweise von verschiedenen Gebäudegrößen und -höhen vorhanden. Das Gebiet ist laut TROG nicht als "W 2", sondern nur als "Wohngebiet" gewidmet. In diesem Wohngebiet sind außer Wohnhäusern auch z.B. Fremdenpensionen bis zu 40 Betten zulässig." Deshalb könne keine unzumutbare Immission zu Lasten der Anrainer festgestellt werden.

Die Beschwerdeführer erwiderten, daß die vorgesehene Baufluchtlinie nicht die geforderte Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehres gewährleiste, weil die an das Gebäude angrenzenden Parkplätze bei der angenommenen Baufluchtlinie teilweise in die Straße hineinragen würden. Das im Norden angrenzende Gebäude könne hinsichtlich der Baufluchtlinie nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, weil es in Größe und Ausmaß bedeutend kleiner sei als das gegenständliche Vorhaben. Zur Frage der Immissionen werde die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen beantragt, weil der technische Sachverständige die zu erwartenden Immissionen in bezug auf die zu erwartende Gesundheitsgefährdung nicht beurteilen könne. Bis auf die Fremdenpension im Süden befänden sich zudem im Umgebungsgebiet nur reine Wohnhäuser, sodaß sich das Baubild als Fremdkörper darstelle (die weiteren Ausführungen des Sachverständigen sowie der Beschwerdeführer wie auch die weiteren Parteienerklärungen sind für das Beschwerdeverfahren nicht unmittelbar von Belang).

Mit Berufungsbescheid vom 21. April 1993 hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Beschwerdeführer abermals keine Folge gegeben, die Vorschreibungen des erstinstanzlichen Bescheides wurden aber um die Punkte 52 und 53 ergänzt.

Der Punkt 52. hat folgenden Wortlaut:

"Der Einbau der Garagentore der Garagen 1-9 hat in lärmschonender Art zu erfolgen, wobei nach Feststellen der Torkonstruktion von der Bauwerberin ein Gutachten über die einzubauende Garagentorkonstruktion des Lärmsachverständigen, Ziviling. Dipl.-Ing. Y, der Baubehörde vorzulegen ist und der Einbau der Garagentore nach Vorliegen dieses Gutachtens erst von der Baubehörde freigegeben werden kann."

Punkt 53 betrifft nähere Vorschreibungen hinsichtlich bestimmter Abstellplätze.

Begründend führte die Berufungsbehörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges aus, (soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich), daß "hinsichtlich des Einbaues von möglichst lärmschonenden Garagentüren" auf die Ergänzung der baupolizeilichen Bedingungen Punkt 52 verwiesen werde. Hinsichtlich der Baufluchtlinie werde auf das Gutachten des Sachverständigen in der Verhandlung vom 18. März 1993 verwiesen (das in der Bescheidbegründung näher wiedergegeben wird). Die Anrainer seien bei der Berufungsverhandlung anwesend gewesen und hätten die Möglichkeit gehabt, den Sachverständigen zu befragen. Ihre Vorhalte stellten eine Wiederholung ihres Vorbringens in der Berufung dar, seien aber durch das abgeführte Ermittlungsverfahren entkräftet.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in der sie auch darauf verwiesen, daß die Vorschreibung Punkt 52. insoweit verfehlt sei, als sie nicht den lärmschonenden Einbau der Garagentore begehrt hätten, sondern vielmehr eine Ausführung in der Weise, daß der lärmschonende Betrieb gewährleistet sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte sie zusammenfassend aus, daß der Sachverständige die Festlegung der Baufluchtlinien mit 4,98 m Abstand zum Gemeindeweg schlüssig begründet, wie auch ebenfalls schlüssig ausgeführt habe, daß im vorliegenden Gebiet keine unzumutbare Immission zu Lasten der Anrainer festgestellt werden könne. Insofern wäre ein medizinischer Sachverständiger - wenn überhaupt - nur dann zuzuziehen, wenn die Errichtung von Bauten für Betriebe und Einrichtungen, die der täglichen Versorgung sowie dem sozialen und kulturellen Bedürfnis der Bevölkerung dienten, beabsichtigt wäre. Hinsichtlich der Stellplätze stünde den Nachbarn kein Mitspracherecht zu.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die Bauwerberin in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt:

Es besteht einerseits nur insoweit, als die dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A u. v.a.).

Gemäß dem § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBL. Nr. 33/1989, sind derartige subjektiv-öffentliche Rechte als Rechte definiert, die in einer Bestimmung der Tiroler Bauordnung oder auf der Grund der Tiroler Bauordnung ergangenen Verordnung begründet sind, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dienen. Danach können subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.

Rechtlich unzutreffend ist das Vorbringen der Beschwerdeführer, daß ihnen im zweiten Rechtsgang insofern ein Verfahrensrecht beschnitten worden sei, als die Berufungsbehörde die Sache nicht wieder an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen, sondern gleich selbst entschieden habe. Dadurch sei für sie der "Rechtsweg in nachteiliger Weise um eine Instanz verkürzt" worden. Die Baubehörde erster Instanz sei der Bürgermeister und dieser hätte nach der Aufhebung durch die Vorstellungsbehörde wieder in erster Instanz entscheiden müssen.

Mit diesem Vorbringen versuchen die Beschwerdeführer die Bestimmungen des § 66 AVG, insbesondere dessen Abs. 2 bis 4, geradezu in ihr Gegenteil zu verkehren: Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid nur dann beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeindlich erscheint. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch in diesem Fall selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist. Das Beschwerdevorbringen vermag demnach keine Bedenken an der - aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofes zutreffenden - Vorgangsweise der Berufungsbehörde zu erwecken.

Mit den Einwänden, daß das geplante Projekt das Ortsbild störe, wie auch, daß nicht ausreichend Abstellplätze vorhanden seien, machen die Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte geltend; diesbezüglich kommt ihnen daher ein Mitspracherecht nicht zu (siehe dazu die bei Hauer, Tiroler Baurecht2, E 67 zu § 30 und E 2 zu § 9 TBO wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Ebenso haben die Behörden zutreffend die Einholung eines medizinischen Gutachtens abgelehnt. Unstrittig ist, daß sich das zu bebauende Grundstück gemäß der Flächenwidmung im "Wohngebiet" befindet. (Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der mitbeteiligten Gemeinde erhoben, daß der maßgebliche Flächenwidmungsplan vom Gemeinderat am 29. April 1982 beschlossen und am 13. August 1982 genehmigt wurde. Es handelt sich daher um ein "Wohngebiet" gem. § 12 TROG 1972 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 88/1983 - entspricht dem "Wohngebiet" gem. § 12 Abs. 1 TROG 1984). In "Wohngebieten" ist die Errichtung von Wohnbauten zulässig, somit auch die Errichtung des im Beschwerdefall geplanten Baues, weil es sich dabei fraglos um einen Wohnbau handelt (was die Beschwerdeführer auch nicht in Zweifel ziehen). Die von einem Wohnhaus im Wohngebiet typischerweise ausgehenden Immissionen sind von den Nachbarn hinzunehmen; die von den Beschwerdeführern in den Vordergrund gestellte relative Größe des Vorhabens vermag daran nichts zu ändern (vgl. in diesem Sinne auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. April 1984, Zl. 83/06/0246 = BauSlg. Nr. 244, wonach Wohnbauten in der Widmung "Wohngebiet" nicht als Quelle von Belästigungen im Sinne des § 4 Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 angesehen werden können).

Hinsichtlich des Punktes 52 der Vorschreibungen hat sich die Berufungsbehörde offensichtlich lediglich in der Formulierung vergriffen: Wie sich aus der Begründung unmißverständlich ergibt, wird nicht auf einen lärmschonenden EINBAU der Garagentore, sondern auf eine Art von Toren abgestellt, die einen lärmschonenden Betrieb gewährleistet. (Das in dieser Vorschreibung aufgetragene Gutachten liegt im übrigen bereits in den Verwaltungsakten. Ganz im Sinne dieser Vorschreibung wird darin auch nicht die Frage eines lärmschonenden Einbaues, sondern eines lärmschonenden Betriebes solcher Tore behandelt.) Der zunächst mißverständlich scheinenden Formulierung kommt demnach keine die Rechte der Beschwerdeführer verletzende Bedeutung zu.

Hinsichtlich der Festlegung der Baufluchtlinie bringen die Beschwerdeführer vor, daß sich der Abstand des neuen Projektes nicht nach der bereits vorhandenen Baufluchtlinie richte. Die übrigen vergleichbaren Gebäude seien deutlich weiter von der Straße abgerückt. Da es sich bei dem genannten Projekt um das weitaus größte in der gesamten Umgebung handle, hätte hier der Abstand um so größer sein müssen.

Gemäß § 6 Abs. 4 TBO müssen bauliche Anlagen, soweit (wie hier) kein Bebauungsplan besteht von den Verkehrsflächen mindestens so weit entfernt sein, daß sie das Orts- und Straßenbild und die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigen. Soweit bestehende Gebäude einen einheitlichen Abstand von der Verkehrsfläche haben, ist auch bei weiteren baulichen Anlagen mindestens dieser Abstand einzuhalten.

Mit dem wiedergegebenen unsubstantiierten Beschwerdevorbringen vermögen die Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, daß bestehende Gebäude einen einheitlichen Abstand von der Verkehrsfläche hätten. Damit muß die projektierte bauliche Anlage von der Verkehrsfläche mindestens so weit entfernt sein, daß sie das Orts- und Straßenbild und die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigt. Mit ihrem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer auch weder Bedenken an der Beurteilung des Sachverständigen zu erwecken, der diese Voraussetzungen bejaht hat, noch konkret aufzuzeigen, daß ein noch größerer Abstand von der Verkehrsfläche geboten wäre.

Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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