Normen
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 litb;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs3;
BauO OÖ 1976 §41 Abs4 litc;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauO OÖ 1976 §61;
BauO Tir 1989 §25 litf;
BauRallg;
VwRallg;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 litb;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs3;
BauO OÖ 1976 §41 Abs4 litc;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauO OÖ 1976 §61;
BauO Tir 1989 §25 litf;
BauRallg;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die O ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 15/15, X-Straße 432. Bereits mit Schreiben vom 6. Juni 1991 richtete sie an ihre Bestandnehmerin, die "Y-Gesellschaft m.b.H.", welche dort einen Baumarkt betreibt, die Aufforderung, binnen zwei Wochen ein außerhalb der Baufluchtlinie errichtetes Zelt zu entfernen und für ein Hochregallager an der Grundstücksgrenze eine behördliche Bewilligung einzuholen. Die Eigentümerin verwies darauf, daß, wenn die Möglichkeit der Errichtung eines Gartencenters bei der seinerzeitigen Baubewilligung möglich gewesen wäre, die Eigentümerin diese Flächen gerne zu diesem Zweck vermietet hätte; da jedoch seitens der Behörde aufgrund diverser Auflagen keine Genehmigung hiefür erteilt worden sei, müsse sich die Eigentümerin sowie die Bestandnehmerin mit diesem Zustand begnügen und die Auflagen erfüllen.
Anläßlich einer Besichtigung am 9. Dezember 1991 stellte der Magistrat der mitbeteiligten Landeshauptstadt, Baupolizeiamt, fest, daß auf dem gegenständlichen Grundstück ein Zelt und ein Hochregallager errichtet worden seien. Mit Schreiben vom 2. März 1992 hielt der Magistrat der mitbeteiligten Landeshauptstadt-Baurechtsamt der Y-AG vor, daß auf dem gegenständlichen Grundstück nachstehende baubewilligungspflichtigen Baumaßnahmen ohne Vorliegen einer baubehördlichen Bewilligung gesetzt worden seien:
"Errichtung eines Zeltes im Ausmaß von 7,50 m x 20,25 m sowie eines Hochregallagers im Ausmaß von 0,40 m x 25,75 m in Form einer Metallständerkonstruktion mit Trapezblechbedachung, welche Über Schraubverbindungen mit einer Fundamentplatte fixiert wurde. Die konsenslosen Objekte widersprechen insoferne dem für den gegenständlichen Bereich rechtswirksamen Bebauungsplan S 119/3, als DAS ZELT ZUR GÄNZE, DAS HOCHREGALLAGER ZUM GROßTEIL außerhalb der festgelegten Baufluchtlinie zu liegen kommt".
Weiters wurde ausgeführt,es sei beabsichtigt, den Eigentümern der Anlage den Auftrag zu erteilen, binnen acht Wochen die Anlage zu beseitigen.
Entsprechend einem Vorbringen der Y-AG, sie habe das Zelt und das Hochregallager an die S-Gesellschaft m.b.H. verkauft, gab die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 7. Oktober 1992 an, daß die Zelthalle und die Regale im Freigelände des Y in ihrem Besitz seien. Der Magistrat der mitbeteiligten Landeshauptstadt-Baurechtsamt richtete daher mit Schreiben vom 11. Dezember 1992 denselben Vorhalt auch an die Beschwerdeführerin. Da keine Äußerung erfolgte, erging mit Bescheid vom 18. Jänner 1993, zugestellt der Beschwerdeführerin am 6. Mai 1993, der Auftrag, das Zelt und das Hochregallager binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Einer allfälligen Berufung wurde wegen Gefahr im Verzug gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Die dagegen gerichtete Berufung enthielt als Sachvorbringen nur den Hinweis, es liege keine Baubewilligungspflicht für die gegenständlichen Anlagen vor, weil sie keine fixen Bauten seien, sondern jederzeit ohne erheblichen Aufwand und ohne Fachkenntnisse zu erstellen sowie zu beseitigen seien. Zu diesem Vorbringen hätte das zuständige Organ der Beschwerdeführerin, Direktor C. einvernommen werden müssen.
Im Berufungsverfahren führte ein Amtssachverständiger unter Anschluß von Fotos im Gutachten vom 3. August 1992 folgendes aus:
"Beim gegenständlichen Zelt finden überwiegend Baustoffe und Bauteile Verwendung, welche auch für andere bauliche Anlagen in Verwendung stehen. Ergänzend dazu wird vermerkt, daß die tragende Konstruktion verschraubte Stahlrohrelemente bilden, wobei diese Hauptgespärre einen Abstand von ca. 2 m aufweisen. Diese sind über Erdanker mit dem Boden verbunden. Aus statischen Gründen wurde im Bereich des nördlichen Außenfeldes ein Windverband angeordnet. Die Höhe des Zeltes beträgt ca. 4 m. Aufgrund der statisch-konstruktiven Ausbildung ist die gegenständliche Anlage nicht als Zelt,sondern als Gebäude zu beurteilen. Die Zeltplanen dienen lediglich als Abgrenzung nach außen.
Das Hochregallager mit einer Gesamthöhe von ca. 4 m wurde in Fertigteilbauweise hergestellt, wobei die tragenden Stützen und Querriegel, welche in weiterer Funktion als Palletenauflager dienen, so ausgeführt sind, daß zur werkgerechten Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind. Um die Standsicherheit zu gewährleisten, sind die Stahlstützen mit Ankerschrauben mit dem Boden fixiert. Die Überdachung bildet eine Trapezblechkonstruktion. Aufgrund der Höhe des Hochregallagers ist dieses geeignet, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung herbeizuführen. Außerdem wird die in §§ 41 Abs. 2 lit. b limitierte Höhe von 1,5 m überschritten."
Der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt schränkte im Berufungsbescheid vom 30. Juni 1993 den Ausschluß einer aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung auf die Entfernung des Zeltes ein, änderte im Sinne des Vorbringens der Berufungswerberin den angefochtenen Bescheid insoferne ab, als anstelle der Ortsbezeichnung "KF" die Ortsbezeichnung "K" gesetzt wurde, gab aber im übrigen der Berufung keine Folge. Die gegenständliche Zelthalle sei zufolge der verwendeten Materialen und der statisch- konstruktiven Ausbildung als "Gebäude" im Sinne der Oö Bauordnung und nicht als "Zelt" im Sinne des § 41 Abs. 4 leg. cit. anzusehen. Auch spreche der jahrelange Bestand des Objektes gegen die Annahme, bei der gegenständlichen Zelthalle handle es sich um ein "Zelt" im Sinne der Ausnahmebestimmung. Das Hochregallager sei allein schon wegen seiner Höhe von ca. 3,5 m geeignet, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen. Es bedürfe gemäß § 41 Abs. 1 lit. b Oö Bauordnung einer Bewilligung. Das Zelt befinde sich zur Gänze, das Hochregallager zum überwiegenden Teil außerhalb der Baufluchtlinien, sodaß eine Baubewilligung nicht erteilt werden könne.
In ihrer Vorstellung machte die Beschwerdeführerin geltend, das Zelt und das Hochregallager seien keine fixen Bauten, sondern jederzeit ohne erheblichen Aufwand und ohne Fachkenntnisse herzustellen und zu beseitigen. Die Behörde habe es unterlassen, dazu den namhaft gemachten Zeugen Z. einzuvernehmen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte dieser Vorstellung keiner Folge. Auch die Vorstellungsbehörde sei der Auffassung, daß im gegenständlichen Fall hinsichtlich des Zeltes Baustoffe, Bauteile oder Bauarten Verwendung fänden, die auch für andere baubewilligungspflichtige bauliche Anlagen charakteristisch seien und die Planen oder Plachen lediglich der Abgrenzung der Baukonstruktion dienten. Auch hinsichtlich des Hochregallagers wäre es selbst ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens für die Vorstellungsbehörde unbestritten, daß diese bauliche Anlage allein aufgrund ihrer Größe geeignet sei, bei unsachgemäßer Montage eine erhebliche Gefahr für Menschen zu bewirken. Die beantragte Einvernahme eines Zeugen Z. wäre kein taugliches Mittel gewesen, die Ausführungen des Amtsachverständigen in geeigneter Weise in Diskussion zu ziehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt erachtet, entgegen den Bestimmungen des § 61 der Oö Bauordnung die Baulichkeiten nicht beseitigen zu müssen. Es wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Landeshauptstadt erstatteten Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 Abs. 1 der Oö Bauordnung (LGBl. Nr. 35/1976 in der Fassung LGBl. Nr. 82/1983; im folgenden: BO) hat die Behörde, wenn sie feststellt, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, unbeschadet der Bestimmungen des § 56 BO, dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitgigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.
Gemäß § 41 Abs. 1 BO bedarf einer Bewilligung der Baubehörde
- a) der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;
- b) die Errichtung sonstiger Bauten über oder unter der Erde, die geeignet sind, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen; ...
Abs. 2 lit. a des § 41 BO definiert den Bau als bauliche Anlage, zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind; nach lit. b ist Gebäude ein überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Meter. Gemäß Abs. 4 lit. c dieser Bestimmung sind von der Bewilligungspflicht ausgenommen Bauten für den vorübergehenden Bedarf von höchstens drei Wochen, soweit sie nicht Wohnzwecken dienen; bewegliche Stände, Schaubuden und ähnliche Einrichtungen auf Märkten, Ausstellungen und dgl.; Zelte; Ausstellungsgegenstände und dgl..
Das gegenständliche Verkaufszelt ist überdacht und hat eine lichte Raumhöhe von mehr als 1,5 m. Voraussetzung der Bewilligungspflicht nach dem Abs. 1 des § 41 BO ist daher allein die Frage, ob auch das Kriterium "Bau" im Sinne des Abs. 2 lit. a vorliegt. Das Erfordernis fachtechnischer Kenntnisse für eine werkgerechte Errichtung wurde von den Verwaltungsbehörden aufgrund eines Sachverständigengutachtens bejaht. Die Beschwerdeführerin hält der Bewilligungspflicht entgegen, beim Zelt handle es sich um keinen "fixen" Bau, der jederzeit beseitigbar sei. Mit diesem Vorbringen verkennt sie, daß es gemäß § 41 Abs. 3 BO aber nicht darauf ankommt, für welche Dauer das Bauvorhaben bestimmt ist.
Im Gegensatz zu § 25 lit. f der Tiroler Bauordnung (LGBl. Nr. 33/1989), wonach das Aufstellen von Zelten mit mehr als 100 m2 Fläche ausdrücklich der Bewilligungspflicht unterzogen wird, findet sich im § 41 Abs. 4 lit. c BO der Ausnahmstatbestand "Zelt" ohne weitere Unterscheidung. Vor allem eine systematische Interpretation verbietet es jedoch, ein beliebig großes und beliebig hohes Zelt diesem Tatbestand unterzuordnen: Die lit. c des Ausnahmenkataloges des § 41 Abs. 4 BO zählt daneben auf: Bauten für den vorübergehenden Bedarf von höchstens drei Wochen, soweit sie nicht Wohnzwecken dienen; bewegliche Stände, Schaubuden und ähnliche Einrichtungen auf Märkten, Ausstellungen und dgl.;
Ausstellungsgegenstände und dgl..Diese Aufzählung macht deutlich, daß offenbar für eine mehrjährige Verwendung errichtete, 140 m2 große Verkaufshallen den Ausnahmstatbestand nicht erfüllen können. Das vorliegende "Zelt" ist weder ein Bau für den vorübergehenden Bedarf von höchstens drei Wochen noch ist es seinem Umfang nach mit den übrigen an dieser Stelle genannten Bauvorhaben vergleichbar. Zusammenfassend bestehen keine Bedenken dagegen, daß die belangte Behörde die Rechtslage im Gesamtzusammenhang so beurteilte, daß der vorliegende Bau der Bewilligungspflicht nach § 41 BO unterliegt.
Hinsichtlich des Hochregallagers liegt ein Foto vor, wonach dieses Regal - erwartungsgemäß - zur Lagerung von für einen Baumarkt typischen Verkaufswaren verwendet wird. Die Verwaltungsbehörden haben die Bewilligungspflicht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens auf die äußeren Umrisse, insbesondere die Höhe gestützt. Die bloß verneinenden Ausführungen der Beschwerde können die Subsumtion, wonach die Bewilligungspflicht gemäß § 41 Abs. 1 lit. b BO gegeben sei, nicht entkräften.
Die Ansicht der Beschwerdeführerin, Adressat des Beseitigungsauftrages gemäß § 61 Abs. 1 BO müsse der Grundeigentümer sein, läßt sich aus dem Gesetz nicht entnehmen. Das Gesetz nennt ausdrücklich den Eigentümer der ANLAGE, aber nicht den Grundeigentümer. Nachdem ein früherer Bauauftrag, gerichtet an ein anderers Unternehmen der "S/Y-Gruppe" (Bezeichnung entnommen aus einer im Akt befindlichen Visitenkarte) aus diesem Grunde aufgehoben wurde, erklärte die Beschwerdeführerin ausdrücklich Eigentümerin der gegenständlichen Anlagen zu sein. Im übrigen kann der Vorwurf, die Behörde hätte den Grundeigentümer nicht erhoben, nur auf Unkenntnis des Akteninhaltes zurückzuführen sein: Abgesehen von der im Akt erliegenden Korrespondenz zwischen der Bestandnehmerin und der Grundstückseigentümerin befindet sich der Grundbuchsauszug vom 20. Februar 1992 im Akt und wurde der erstinstanzliche Beseitigungsauftrag der Eigentümerin zur Kenntnisnahme übermittelt.
Dem Amtsachverständigengutachten über die konstruktiven Merkmale beider Anlagen ist die Beschwerdeführerin nicht etwa auf gleicher fachlicher Ebene, sondern allein mit der nicht näher ausgeführten Behauptung entgegengetreten, es seien zur Herstellung keine Fachkenntnisse erforderlich. Allein aufgrund der vorliegenden Fotos läßt sich eine Unschlüssigkeit der behördlichen Schlußfolgerung nicht erkennen; der Verwaltungsgerichtshof vermag auch keinen Verfahrensmangel festzustellen, wenn zur Behauptung, ein 140 m2 großes, 4 m hohes Zelt der vorliegenden Art könne ohne jede Fachkenntnis - sozusagen von jedermann - aufgestellt werden, kein Zeugenbeweis aufgenommen wurde.
Was schließlich die mangelnde Bewilligungsfähigkeit betrifft, wurde die Beschwerdeführerin stets darauf hingewiesen, daß sich eine Anlage zur Gänze, die andere zum großen Teil außerhalb der Baufluchtlinie befinde. Daher sind die Verwaltungsbehörden völlig zu Recht davon ausgegangen, daß nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann (§ 61 Abs. 1 letzter Satz BO).
Da sich somit die Beschwerdeausführungen zur Gänze als unbegründet erwiesen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Akten ließen erkennen, daß eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).
Zufolge Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Eingehen auf den mit der Beschwerde verbundenen Antrag,ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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