Normen
BAO §80;
BAO §9 Abs1;
KO §150 Abs1;
KO §81;
KO §83;
BAO §80;
BAO §9 Abs1;
KO §150 Abs1;
KO §81;
KO §83;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Kostenentscheidung erfolgt mit Zl. 92/15/0162.
Begründung
Mit Haftungsbescheid vom 5. März 1991 hat das Finanzamt Wien-Umgebung den Beschwerdeführer für aushaftende Abgabenschuldigkeiten (die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen dabei übereinstimmend von Masseforderungen aus) bestehend aus Straßenverkehrsbeitrag samt Nebenansprüchen (Verfahren Zl. 92/16/0147) sowie Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag samt Nebenansprüchen (Verfahren Zl. 92/15/0162) im Ausmaß von insgesamt S 1,0189.117,-- zur Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO herangezogen.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei ab 20. März 1984 vorerst zum Ausgleichsverwalter und ab 30. Jänner 1985 zum Masseverwalter im Ausgleichs- bzw. Anschlußkonkursverfahren über das Vermögen des Gemeinschuldners bestellt worden. Am 23. Mai 1986 sei von den Gläubigern des Gemeinschuldners ein am 10. November 1986 bestätigter 20-prozentiger Zwangsausgleich angenommen und das Konkursverfahren am 3. Dezember 1987 aufgehoben worden. Weiters machte der Beschwerdeführer in der Berufung geltend, daß ihn kein Verschulden bei der Überprüfung des Gemeinschuldners, kein Auswahlverschulden bei der Bestellung des Buchhaltungsunternehmens und daher kein Verschulden an der allfälligen Nichtentrichtung der aushaftenden Abgaben treffe.
Nach einem Vorhaltsverfahren gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufung insoweit statt, als die Haftung auf S 558.294,-- (davon Straßenverkehrsbeitrag samt diesbezüglichen Nebenansprüchen S 343.124,--) eingeschränkt wurde; im übrigen wurden die Berufung als unbegründet abgewiesen. Soweit in diesem Verfahren von Relevanz führte die belangte Behörde in der Begründung aus, daß der Beschwerdeführer für den Straßenverkehrsbeitrag 1987 in der Höhe von S 201.080,-- sowie Verspätungszuschläge in der Höhe von S 12.699,-- und S 3.505,-- nicht zur Haftung herangezogen werden könne, weil diese Abgaben erst nach Beendigung des Konkursverfahrens fällig geworden seien. In der Begründung des angefochtenen Bescheides vertrat die belangte Behörde - zusammengefaßt - die Ansicht, der Beschwerdeführer habe schuldhafte Pflichtverletzungen begangen. Da auf Grund der Pflichtverletzungen des Beschwerdeführers die Abgaben nicht zu einer Zeit, zu der die Konkursmasse lt. Abrechnungen noch über Mittel zur Abgabenentrichtung verfügt habe, im tatsächlichen Ausmaß angezeigt und entrichtet worden seien, vermöge auch der Umstand, daß die während der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Masseverwalter fällig gewordenen Abgabenansprüche erst nach Abschluß des Insolvenzverfahrens durch die Betriebsprüfung festgesetzt (richtig wohl: festgestellt) worden seien, am Vorliegen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers gemäß § 9 BAO nichts zu ändern. Mit der Aufhebung des Konkursverfahrens am 3. Dezember 1987 seien die aushaftenden Abgaben im Ausmaß von insgesamt S 558.294,-- beim Abgabenschuldner uneinbringlich geworden. Somit sei infolge des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 BAO die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftungspflichtiger hinsichtlich dieses Betrages zu Recht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, für die Abgabenschuldigkeiten des Gemeinschuldners nicht zur Haftung herangezogen zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Demnach haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter, denen auch Masseverwalter zuzurechnen sind (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, 181) für aushaftende Abgaben nur insoweit, als diese nicht eingebracht werden können (Ausfallshaftung). Nun ist im vorliegenden Fall am 23. Mai 1986 ein am 10. November 1986 bestätigter Zwangsausgleich von den Gläubigern angenommen worden. Materielle Mindesterfordernisse für den Zwangsausgleich sind unter anderem, daß festgestellte Masseforderungen in vollem Ausmaß zu bezahlen und noch nicht festgestellte, sicherzustellen sind (§ 150 Abs. 1 KO).
Durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich wird der Gemeinschuldner gemäß 156 Abs. 1 KO von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen oder für die sonst gewährte Begünstigung nachträglich aufzukommen, gleichviel ob sie am Konkursverfahren oder an der Abstimmung über den Ausgleich teilgenommen oder gegen den Ausgleich gestimmt haben oder ob ihnen ein Stimmrecht überhaupt nicht gewährt worden ist.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zwar ausgeführt, daß die aushaftenden Abgaben beim Abgabenschuldner (Gemeinschuldner) uneinbringlich seien, aber weder dem angefochtenen Bescheid noch aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß die belangte Behörde die gesetzlichen Möglichkeiten zur Erlangung der gemäß § 150 Abs. 1 KO vorgesehenen vollen Befriedigung von Masseforderungen ausgeschöpft hätte. Hätte die belangte Behörde es aber verabsäumt, solche nach den Bestimmungen der KO vorgesehenen Rechte im Zwangsausgleichs- und Konkursverfahren durchzusetzen, dann könnte sie die Abgabenschuldigkeiten nicht beim Vertreter im Wege der Ausfallshaftung einheben.
Da Feststellungen in dieser Richtung fehlen, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weil nicht auszuschließen ist, daß bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er den Straßenverkehrsbeitrag samt den diesbezüglichen Nebenansprüchen betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Ein Aufwandersatz war in dieser Entscheidung nicht zuzusprechen, weil der angefochtene Bescheid sowie die Beschwerde dagegen auch in die Zuständigkeit des Senates 15 fallende Angelegenheiten umfaßt, so daß der einheitlich zu ergehende Kostenzuspruch dieser nachfolgenden Entscheidung vorbehalten ist.
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