VwGH 92/15/0136

VwGH92/15/013627.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der K in G, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 10. Juni 1992, Zl. B 253-3/91, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1983 bis 1989, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §2 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
UStG 1972 §2 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
UStG 1972 §2 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war in den Streitjahren als Propagandistin für das Unternehmen der Ing. S., in welchem der Ehegatte der Beschwerdeführerin als Dienstnehmer beschäftigt war, selbständig tätig. Aufgrund eines vom Finanzamt Mödling im Hinblick auf Erläuterungen zur Erfolgsrechnung von Ing. S. für das Jahr 1987 ausgestellten Kontrollmitteilung wurde bei der Beschwerdeführerin eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt. In deren Verlauf erstatteten sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Ehegatte Selbstanzeige, mit der beträchtliche, erst durch den Prüfer in genauer Höhe festgehaltene Abgabenverkürzungen einbekannt wurden. Die Beschwerdeführerin gab in ihrer Selbstanzeige an, daß ihr die bis dahin nicht erklärten Provisionseinnahmen nicht bekannt gewesen seien, "da die finanzielle und buchhalterische Arbeit" von ihrem Gatten durchgeführt worden sei. In der Selbstanzeige des Ehegatten der Beschwerdeführerin heißt es unter anderem, daß er im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit seiner Frau auch laufend als ihre Aushilfe tätig gewesen sei und "daheim" auch organisatorische, buchhalterische und finanzielle Arbeiten besorgt habe. Er habe die in Abgabenerklärungen nicht berücksichtigten Provisionseinnahmen im Hinblick auf angefallene Ausgaben für Hilfskräfte und Subprovisionen ohne Wissen seiner Gattin zurückbehalten.

In ihrer Berufung gegen die größtenteils im wiederaufgenommenen Verfahren auf der Grundlage der Feststellungen des Prüfers erlassenen Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide des Finanzamtes Graz-Stadt für die Streitjahre vertrat die Beschwerdeführerin die Rechtsansicht, sämtliche Provisionseinnahmen in den Streitjahren seien nicht ihr, sondern ihrem Ehegatten zuzurechnen; dieser habe nämlich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das gesamte Unternehmen betrieben, sie selbst habe nur gelegentlich ausgeholfen. Sämtliche Provisionszahlungen "in Form von mitgeschickten Schecks" seien von ihrem Ehegatten persönlich übernommen und eingelöst worden; von der Höhe der Schecküberweisungen habe sie auch im Hinblick auf ihre "wohnliche Trennung" vom Beschwerdeführer ab dem Jahre 1984 keine Kenntnis erlangt.

In seiner abweislichen Berufungsvorentscheidung wertete das Finanzamt das Berufungsvorbringen als unglaubwürdig. Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin auch häufig selbst "am Verkaufsstand gesehen" wurde, woraus sich ihre Mittätigkeit beim Verkauf ergebe, sei sie auch gegenüber der Finanzbehörde als Betriebsinhaber aufgetreten. Die Provisionszahlungen seien mittels auf ihren Namen lautenden und ihr an ihrer Wohnadresse zugestellten Barschecks geleistet worden. Schließlich stehe die in der Berufung vertretene Rechtsansicht auch mit den zu einem Zeitpunkt, in dem die "entscheidungsanhängige Problematik" bereits erkannt worden sei, vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin verfaßten berichtigten Abgabenerklärungen für das Jahr 1989 in Widerspruch. Eine nochmalige Vernehmung des Ehegatten der Beschwerdeführerin erscheine im Hinblick auf dessen Anhörung im Prüfungsverfahren entbehrlich.

Die Beschwerdeführerin stellte sodann den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wurde eine Bestätigung des Ehegatten der Beschwerdeführerin beigebracht, in der sich dieser kurz und bündig als "für die Steuerangelegenheiten - Abgaben und Ausführungen" allein verantwortlich bezeichnete.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab; dies nach Darstellung des Verfahrensganges im wesentlichen mit der Begründung, daß für eine Zurechnung der größtenteils nicht erklärten Provisionseinnahmen an den Ehegatten der Beschwerdeführerin keine ausreichenden Gründe vorlägen. Mit der Auszahlung der Provisionen in Form von auf den Namen und auf die Adresse der Beschwerdeführerin lautenden Barschecks habe der Auftraggeber klar zum Ausdruck gebracht, daß er die Beschwerdeführerin als Geschäftspartnerin angesehen habe. Auf den Informationsstand der Beschwerdeführerin über die Höhe der Provisionen, auf die Modalitäten der Einlösung der Schecks und auf den fehlenden gemeinsamen Hausstand der Ehegatten komme es für die Frage der Zurechnung der Einnahmen nicht an. Auch gegenüber dem Finanzamt habe sich die Beschwerdeführerin stets als Unternehmer deklariert. Durch eine Mitarbeit ihres Ehegatten in ihrem Unternehmen ändere sich an ihrer Stellung als Unternehmer nichts. Die Darstellung in der Selbstanzeige ihres Ehegatten spreche schon deswegen gegen den Standpunkt der Beschwerdeführerin, weil darin einerseits von einer bloßen "Aushilfe" ihres Ehegatten im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit und von einem "Zurückbehalten" von der Beschwerdeführerin zustehenden Provisionseinnahmen die Rede sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die Zurechnung von Einkünften an sie anstatt an ihren Ehegatten in ihren Rechten verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 22. September 1992, Zl. 92/14/0047, vom 25. Jänner 1993, Zl. 92/15/0024, und vom 2. März 1993, Zl. 92/14/0182, mwN) kommt es bei der Zurechnung von Einkünften entscheidend darauf an, wer wirtschaftlich über die Einkunftsquelle und so über die Art der Erzielung von Einkünften und damit über diese disponieren kann. Zurechnungssubjekt der Einkünfte ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Maßgeblich ist die nach außen hin in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge. Wichtigstes Merkmal für die zur Unternehmereigenschaft im Sinne des Umsatzsteuerrechtes notwendige Selbstständigkeit ist die Tragung des Unternehmerrisikos.

Dafür, daß die wirtschaftliche Verfügungsmacht im Beschwerdefall nicht durch die Zivilrechtslage bestimmt worden sein könnte, fehlt es an Anhaltspunkten. Eine davon gesonderte wirtschaftliche Betrachtungsweise scheidet daher aus.

Daß die Beschwerdeführerin nach außen, nämlich gegenüber dem Finanzamt und gegenüber der Auftraggeberin Ing. S., die die Provisionszahlungen geleistet hat, als Unternehmerin aufgetreten ist, wird selbst in der Beschwerde nicht bestritten. Da die Beschwerdeführerin in ihren Abgabenerklärungen - diese sind zum Teil von ihr selbst und zum Teil von ihrem steuerlichen Vertreter, der nach seinen Angaben in der Verhandlung vor der belangten Behörde keine Vertretungsmacht für den Ehegatten der Beschwerdeführerin besitzt, unterschrieben; lediglich die Abgabenerklärungen für das Jahr 1983 könnten vom Ehegatten der Beschwerdeführerin unterschrieben sein - immerhin Teile der Provisionseinnahmen langjährig selbst erklärt hat, spricht auch die frühere Handhabung durch die Beschwerdeführerin für die Richtigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsansicht. Zwar hat der Ehegatte der Beschwerdeführerin durch eine noch im Abgabenverfahren vorgelegte Bestätigung das Verschulden an der Nichterklärung von Provisionseinnahmen der Beschwerdeführerin auf sich genommen, damit aber keineswegs seine ausführlichere frühere Darstellung in der Selbstanzeige widerlegt, wonach er nur im Unternehmen der Beschwerdeführerin ausgeholfen und dieser zustehende Provisionseinnahmen zu Unrecht zurückbehalten habe. Auf die Modalitäten der Scheckeinlösungen braucht im gegebenen Zusammenhang schon deswegen nicht näher eingegangen werden, weil die Beschwerdeführerin der auf einem Aktenvermerk des Prüfers beruhenden Feststellung des Finanzamtes in der als Vorhalt wirkenden Berufungsvorentscheidung, die Schecks hätten auf den Namen der Beschwerdeführerin gelautet und seien an ihre Wohnadresse gerichtet worden, in der Folge im Abgabenverfahren nicht entgegengetreten ist. Ihre diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde unterliegen daher dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.

Ausgehend von dem von der belangten Behörde in einem einwandfreien Verfahren festgestellten Sachverhalt ist somit der angefochtene Bescheid in der allein strittigen Rechtsfrage der Zurechnung der Einkünfte, des vom einkommensteuerlichen Gewinn abgeleiteten Gewerbeertrages und der Umsätze an die Beschwerdeführerin frei von der in der Beschwerde behaupteten Rechtswidrigkeit; auf die Frage einer Minderung des Gewinnes durch allfällige Malversationen des Ehegatten der Beschwerdeführerin war daher nicht einzugehen.

Infolgedessen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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