Normen
LMG 1975 §18 Abs1;
LMG 1975 §18 Abs2;
LMG 1975 §18 Abs1;
LMG 1975 §18 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der am 21. November 1991 bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe vom 19. November 1991 meldete der Beschwerdeführer folgende Erzeugnisse als Verzehrprodukte nach § 18 LMG 1975 an:
"1. PROMINERAL Frucht-Tabletten Calcium
- 2. PROMINERAL Frucht-Tabletten Eisen
- 3. PROMINERAL Frucht-Tabletten Magnesium
- 4. PROMINERAL Frucht-Tabletten Selenium
- 5. PROMINERAL Frucht-Tabletten Vitamin E + Magnesium
- 6. PROMINERAL Frucht-Tabletten Vitamin B1, B2, B6
- 7. PROMINERAL Frucht-Tabletten Eisen, Kupfer, Zink
- 8. PROMINERAL Frucht-Tabletten Selen, Beta-Carotin, Vitamin C und E 9. PROMINERAL Frucht-Tabletten mit Mineralstoffen und Spurenelementen
- 10. PROMINERAL Frucht-Tabletten mit Vitamin B1, B2, B6, C, E, Niacin, Pantothensäure."
Der Anmeldung waren jeweils ein Warenmuster, eine Produktbeschreibung und der vorgesehene Verpackungstext angeschlossen. Die Verpackungstexte enthielten jeweils die "Gebrauchsempfehlung: Bei Bedarf täglich ein (bzw. zwei oder drei) Tabletten zerkaut mit etwas Flüssigkeit einnehmen."
Der von der belangten Behörde herangezogene Amtssachverständige für Pharmazie äußerte sich zunächst mit Schreiben vom 27. Dezember 1991 dahin, daß die vorgelegten Unterlagen für eine fachliche Beurteilung der Produkte nicht ausreichten; der Beschwerdeführer müsse weiters klarstellen, was unter bestimmten (näher bezeichneten) Begriffen, die in den Produktspezifikationen verwendet würden, zu verstehen sei. Weiters seien nähere Angaben über die qualitative und quantitative Zusammensetzung der angemeldeten Zubereitungen in Milligramm je Tablette erforderlich. Der Selengehalt pro Tablette sei nicht nachvollziehbar.
Dies hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor. Sie hielt ihm weiters vor, der vorgesehene Verpackungstext "Bei Bedarf ... einnehmen" erwecke den Eindruck einer pharmakologischen Wirkung.
Mit dem bei der belangten Behörde am 13. Februar 1991 eingelangten Schriftsatz vom 11. Februar 1992 trug der Beschwerdeführer Angaben betreffend die Zusammensetzung der Produkte nach. Ferner erklärte er, anstelle der oben wiedergegebenen "Gebrauchsempfehlungen" auf der Verpackung der Produkte folgenden Text vorzusehen: "Verzehrempfehlung: Täglich ein (bzw. zwei oder drei) Tabletten zerkaut mit etwas Flüssigkeit".
In seiner Stellungnahme gelangte der Amtssachverständige nach ausführlicher Darlegung der Zusammensetzung der angemeldeten Produkte und der Eigenschaften der angegebenen Inhaltsstoffe zur Schlußfolgerung, bei den unter 2. und 4. bis 10. angemeldeten Produkten sei auf Grund ihrer Zusammensetzung mit einer objektiv-arzneilichen Wirkung zu rechnen bzw. seien diese zur arzneilichen Verwendung (Prophylaxe bestimmter - jeweils näher angeführter - Mangelzustände und dadurch bedingter Krankheiten, Leiden, Körperschäden und krankhafter Beschwerden) bestimmt und geeignet.
Dieses Ermittlungsergebnis hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor. Dieser äußerte sich mit seinem Schreiben vom 21. April 1992 unter anderem dahin, daß bei Einhaltung der empfohlenen täglichen Verzehrmenge die in den "Richtlinien GZ 71.901/23-VII/32/90" empfohlenen Mengen nicht oder nur unwesentlich überschritten würden. Von anderen Unternehmen würden Produkte in Verkehr gebracht, die ein Vielfaches an Wirkstoffen enthielten, und dazu massiv gesundheitsbezogene nicht genehmigte Aussagen verwendet. Die Behörde setze sich nun ebenso wie die genannten Unternehmen über Verordnungen bzw. Erlässe hinweg.
Mit dem dem Beschwerdeführer am 12. Mai 1992 zugestellten Bescheid vom 6. Mai 1992 untersagte die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 LMG 1975 das Inverkehrbringen der unter 2. und 4. bis 10. angeführten Erzeugnisse als Verzehrprodukte. In der Begründung des angefochtenen Bescheides traf die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges zunächst Feststellungen über die Zusammensetzung der Produkte und die Eigenschaften ihrer Inhaltsstoffe auf der Grundlage der Stellungnahme der Amtssachverständigen. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt vertrat sie die Auffassung, den im Spruch bezeichneten Produkten sei auf Grund der allgemeinen Verkehrsauffassung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) eine objektiv-arzneiliche Wirkung zuzurechnen; die Erzeugnisse seien als Arzneimittel einzustufen. Die Hinweise auf Produkte anderer Unternehmen seien unbeachtlich, weil Gegenstand der Beurteilung durch die belangte Behörde lediglich die angemeldeten Produkte seien. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Tagesmengen, die in den "Richtlinien für den Zusatz von Vitaminen bei Lebensmitteln und Verzehrprodukten bzw. von Spurenelementen und Mineralstoffen bei Verzehrprodukten" angeführt seien, mute befremdlich an, da die angeführten Mengen bei allen acht den Gegenstand des Bescheides bildenden Produkten überschritten würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 18 Abs. 1 LMG 1975 ist es verboten, Verzehrprodukte vor ihrer Anmeldung beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz in Verkehr zu bringen.
Nach Abs. 2 der zitierten Vorschrift hat der Bundesminister das Inverkehrbringen einer als Verzehrprodukt angemeldeten Ware mit Bescheid unverzüglich, längstens binnen drei Monaten zu untersagen, wenn sie den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder seiner Verordnungen nicht entspricht.
Mit der Anmeldung sind Warenmuster und jene Unterlagen vorzulegen, die eine Beurteilung im Sinne des Abs. 2 ermöglichen (Abs. 3 leg. cit.).
Nach § 3 LMG 1975 sind Verzehrprodukte Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genußzwecken zu dienen oder Arzneimittel zu sein.
Handelt es sich bei dem Produkt somit um ein Arzneimittel, ist zufolge der soeben zitierten Vorschrift die Eigenschaft als Verzehrprodukt ausgeschlossen. Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde somit zu prüfen, ob es sich bei den angemeldeten Produkten um Arzneimittel im Sinne der Vorschriften des Arzneimittelgesetzes handelte; war dies zu bejahen, so hatte sie gemäß § 18 Abs. 2 LMG 1975 das Inverkehrbringen der Produkte als Verzehrprodukte zu untersagen.
Die belangte Behörde ist auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes zur Auffassung gelangt, die acht den Gegenstand des Bescheides bildenden Produkte seien Arzneimittel, weil ihnen auf Grund der allgemeinen Verkehrsauffassung eine objektiv-arzneiliche Wirkung zuzurechnen sei.
Dieser Beurteilung tritt die Beschwerde in Ausführung des Beschwerdepunktes, wonach sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt erachtet, "ein ordnungsgemäß angemeldetes Verzehrprodukt in Verbindung mit dem Vitaminerlaß nicht untersagt zu bekommen", lediglich mit dem Hinweis entgegen, daß von einer arzneilichen Wirkung nicht die Rede sein könne, weil eine Tagesverzehrempfehlung abgegeben werde, durch die (offenbar bei Bedachtnahme auf den Gehalt der Produkte an Vitaminen und Spurenelementen) die Höchstwerte des "Vitaminerlasses" nicht überschritten würden.
Diese Darlegungen können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Mit der Bezeichnung "Vitaminerlaß" nimmt die Beschwerde offenbar auf den Erlaß des Bundeskanzleramtes vom 2. April 1990 betreffend Richtlinien für den Zusatz von Vitaminen bei Lebensmitteln und Verzehrprodukten bzw. von Spurenelementen und Mineralstoffen bei Verzehrprodukten Zl. 71901/23-7/12/90 (vgl. Ernährung 1990, 285 ff) Bezug. Mangels der für Rechtsverordnungen gebotenen Kundmachung handelt es sich dabei nicht um eine vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Norm (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 9. Juli 1991, Zl. 90/12/0218, und vom 21. Dezember 1992, Zl. 92/10/0189). Mit der Behauptung, die belangte Behörde habe die Vorschriften des erwähnten Erlasses nicht beachtet, wird somit keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit aufgezeigt. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit den Darlegungen des angefochtenen Bescheides und der Gegenschrift, wonach die im erwähnten Erlaß angeführten Höchstwerte bei den gegenständlichen Produkten überschritten würden, und den dies bestreitenden Darlegungen der Beschwerde. Im übrigen wendet sich die Beschwerde weder gegen die auf der Grundlage der sachverständigen Äußerung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides noch gegen die aus diesen gezogenen Schlußfolgerungen.
Die Beschwerde macht weiters geltend, der angefochtene Untersagungsbescheid sei nach Ablauf der durch den Antrag vom 19. November 1991 in Gang gesetzten Frist erlassen worden. Durch die vom Beschwerdeführer vorgenommene Änderung des Verpackungstextes sei "kein anderes oder neues Produkt entstanden"; die entsprechende Erklärung habe die Frist somit nicht neuerlich in Gang gesetzt. Dem hält die belangte Behörde entgegen, daß jede Änderung der Zusammensetzung oder der Aufmachung und somit auch die Modifizierung des Verpackungstextes den Lauf der Untersagungsfrist neu in Gang setze.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes umfaßt die jeweilige Anmeldung nicht nur das Produkt, sondern auch dessen Aufmachung (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 9. Oktober 1979, Zl. 2603/78, vom 24. Juni 1985, Slg. 11806/A, und vom 9. Juli 1990, Zl. 89/10/0225). Durch eine Abänderung der Anmeldung bringt der Anmelder zum Ausdruck, daß nicht mehr die ursprüngliche, sondern nur noch die abgeänderte Fassung (im Beschwerdefall: der Aufmachung) Gegenstand des Verfahrens sein soll; auf Grund der Abänderung des Antrages beginnt die Untersagungsfrist neu zu laufen (vgl. das Erkenntnis vom 16. September 1985, Zl. 85/10/0100).
Im Beschwerdefall erweist sich die Erklärung des Beschwerdeführers vom 11. Februar 1992 auch unter dem Gesichtspunkt der Relevanz der Änderung der Sachverhaltsgrundlage für die angestrebte Entscheidung aus folgenden Gründen als eine die Frist des § 18 Abs. 2 LMG 1975 neu in Gang setzende Abänderung der Anmeldung:
Nach § 1 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper
1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,
2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,
3. vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,
4. Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder
5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen.
Nach § 1 Abs. 3 AMG sind Verzehrprodukte im Sinne des LMG 1975, sofern sie nach Art und Form des Inverkehrbringens nicht dazu bestimmt sind, die Zweckbestimmungen des Abs. 1 Z. 1 bis 4 zu erfüllen, keine Arzneimittel.
Bei der im Beschwerdefall vorzunehmenden Beurteilung der Frage, ob die Produkte Arzneimittel oder Verzehrprodukte darstellen, kam neben Prüfung der objektiven Zweckbestimmung der Produkte weiters die Prüfung der Frage in Betracht, ob die Erzeugnisse nach Art und Form des Inverkehrbringens bestimmt sind, die Zweckbestimmungen des § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 4 AMG zu erfüllen (vgl. § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 AMG). Für diese subjektive Zweckbestimmung ist unter anderem der auf der Verpackung angebrachte Anwendungshinweis von Bedeutung. Die vom Beschwerdeführer vorgenommene Änderung der Anmeldung betraf somit einen relevanten Teil der Sachverhaltsgrundlage. Es ist auch nicht zweifelhaft, daß der Hinweis "bei Bedarf einnehmen" einen anderen Inhalt hat als "täglich einnehmen", wobei es im vorliegenden Zusammenhang nur auf die Änderung der Beurteilungsgrundlagen ankommt und nicht darauf, ob die belangte Behörde auf Grund der geänderten Entscheidungsgrundlage auch zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Ebensowenig führt der Umstand, daß die belangte Behörde die Arzneimitteleigenschaft in der Folge schon auf Grund der objektiven Zweckbestimmung bejahte, zu einem anderen Ergebnis, weil es in der Frage, ob eine Änderung der Anmeldung im dargelegten Sinne vorliegt, auf die gesamte in Betracht kommende Entscheidungsgrundlage ankommt.
Die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten liegen somit nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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