VwGH 91/14/0001

VwGH91/14/000117.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde der Kommanditgesellschaft P in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD Stmk vom 26. November 1990, Zl. 260-3/90, betreffend Aufhebung des Bescheides über einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO für das Jahr 1988 gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAG 1969;
BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §161;
BAO §167 Abs2;
BAO §168;
BAO §299;
EStG 1972 §6 Z3;
BAG 1969;
BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §161;
BAO §167 Abs2;
BAO §168;
BAO §299;
EStG 1972 §6 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende KG betreibt ein Installationsunternehmen mit Spenglerei und ermittelt den Gewinn gemäß § 5 EStG 1972 nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag 31. März.

In der Bilanz zum 31. März 1988 wies die Beschwerdeführerin eine "Rückstellung für Lehrlingskosten" im Ausmaß von S 396.000,-- aus, aus der Gewinn- und Verlustrechnung ergibt sich, daß ein Betrag von S 344.000,-- neu der Rückstellung zugewiesen worden war und daher den Gewinn des Wirtschaftsjahres minderte. Mit dem Bescheid vom 15. November 1989 betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO stellte das Finanzamt die Einkünfte der Beschwerdeführerin erklärungsgemäß fest.

Im Zuge einer Buch- und Betriebsprüfung gemäß § 147 BAO, aufgrund derer der Bericht vom 29. Dezember 1989 ausgefertigt wurde, traf der Prüfer die Feststellung (Tz 9 des BP-Berichtes), die Beschwerdeführerin habe eine Rückstellung für die durch die Ausbildung von Lehrlingen zu erwartenden Mehraufwendungen während der gesamten Lehrzeit (Kosten aus der Inanspruchnahme des Ausbildungspersonals, Kosten aus Lehrlingsfehlleistungen, etc.) gebildet. Schwebende Geschäfte seien nicht zu bilanzieren, weil sich die gegenseitigen Forderungen ausgleichen würden. Ein Verlust aus einem schwebenden Geschäft, der zu einer Rückstellung berechtige, sei dann gegeben, wenn der Wert der künftigen Verpflichtungen den Wert der künftigen Leistungen übersteige. Würden Verträge, die ein Unternehmer zur Erlangung von Dienstleistungen abschließe, unter den üblichen Bedingungen abgeschlossen, müsse davon ausgegangen werden, daß sich Leistung und Gegenleistung ausglichen, auch wenn Qualität und Quantität der von einzelnen Arbeitnehmern erbrachten Arbeitsleistungen unterschiedlich sein könnten. Eine allgemeine Rückstellung für denkmögliche Lehrlingsfehlleistungen würde eine erfolgswirksame Erfassung eines noch nicht realisierten Schadens darstellen. Die gebildete Rückstellung sei daher nicht anzuerkennen.

Mit Bescheiden vom 2. März 1990 nahm das Finanzamt das Verfahren betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1988 wieder auf und folgte bei Erlassung des neuen Gewinnfeststellungsbescheides der Ansicht des Prüfers. Die Beschwerdeführerin legte gegen beide Bescheide Berufung ein. Sie führte aus, die Rückstellung für Lehrlingskosten sei im betreffenden Jahresabschluß bereits ausgewiesen und ersichtlich gewesen. Es seien daher keine Tatsachen neu hervorgekommen, auf die die Wiederaufnahme des Verfahrens gestützt werden könnte. Zur Frage der Lehrlingsrückstellung wird weiters vorgebracht, der Betrieb der Beschwerdeführerin weise folgende Arbeitnehmerstruktur auf:

1986/1987 1987/1988

Angestellte 4,00 (31,18 %) 4,00 (30,58 %)

Arbeiter 4,50 (35,07 %) 4,00 (30,58 %)

Angestelltenlehrlinge -- 1,00 ( 7,65 %)

Arbeiterlehrlinge 4,33 (33,57 %) 4,08 (31,19 %)

Gesamte Arbeitskräfte 12,83 (100 %) 13,08 (100%)

Da die Zahl der auszubildenden Lehrlinge rund mehr als ein Drittel der Gesamtzahl der Arbeitskräfte betrage, würde ein Erwerber des Unternehmens in Anbetracht der Verpflichtung, die Lehrlinge bis zur Beendigung der Lehrzeit weiterhin auszubilden, vom Gesamtkaufpreis einen Abschlag vornehmen, weil er die Mühen und Kosten der Lehrlingsausbildung in seine Unternehmensbewertung einbeziehen und negativ würdigen würde. Das Lehrverhältnis würde aufgrund der Ausbildungserfordernisse und bestimmter Freistellungsverpflichtungen - auf die gesamte Lehrzeit gesehen - immer eine finanzielle Belastung für den Arbeitgeber darstellen. Finanziell fielen vor allem der Anspruch auf laufende Vergütung des Lehrlings sowie der Anspruch zur kostenlosen Beistellung der Ausbildungsmittel sowie zur kostenlosen Stellung des Ausbildungspersonals ins Gewicht. Diesen Ausbildungskosten stünden keine gleichwertigen unmittelbaren Vorteile für den Lehrherrn gegenüber. Bei der Aufnahme in die Lehre spielte neben der Heranbildung eines Facharbeiterstabes für das eigene Unternehmen auch soziale Momente der Arbeitsplatzsicherung für die Jugend eine Rolle. Jedenfalls stellten die Lehrverhältnisse finanziell gesehen einen Risikofaktor dar (Hinweis auf Gassner, ÖStZ 1978, Seite 265 f). Es müßten daher die Ausbildungskosten für das gesamte Lehrverhältnis ermittelt und den Erlösen aus der gesamten Lehrlingsproduktion gegenübergestellt werden. Die dadurch ermittelten Nettokosten der Lehrlingsproduktion müßten im Jahre des Abschlusses des Lehrvertrages einer Rückstellung zugeführt werden.

Aus der Stellungnahme des Prüfers zur eingebrachten Berufung ergibt sich die Berechnung des Rückstellungsbetrages:

die Beschwerdeführerin habe dem gesamten Ausbildungsaufwand aller Lehrlinge für die gesamte Lehrzeit im Schätzungsweg einen Produktionserlös von drei Viertel dieses Aufwandes gegenübergestellt und somit einen geschätzten Verlust in Höhe von ein Viertel des Ausbildungsaufwandes ermittelt. Es ergebe sich somit folgende Berechnung:

Lehrlingsentschädigung für alle Lehrlinge S 1,242.386,32

Plus 27,5 % Lohnnebenkosten S 341.656,24

Summe S 1,584.042,56

Davon ein Viertel Lehrlingsrückstellung zum 31. März 1988

S 396.000,--.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. Juni 1990 gab das Finanzamt der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid Folge, wodurch das Verfahren gemäß § 307 Abs. 3 BAO wieder in die Lage zurücktrat, in der es sich vor Verfügung der Wiederaufnahme befunden hatte. Es trat somit der Gewinnfeststellungsbescheid vom 15. November 1989 wieder in den Rechtsbestand ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (zugestellt am 3. Dezember 1990) hob die belangte Behörde den Gewinnfeststellungsbescheid vom 15. November 1989 gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Zur Begründung wird unter Hinweis auf das Erkenntnis des BFH vom 25. Jänner 1984

BStBl. 1984 II 344, ausgeführt, bei Arbeitsverträgen, die zu üblichen Vertragsbedingungen zustande gekommen seien, dürfe davon ausgegangen werden, daß der Wert der Gegenleistung in Form der zugesagten Dienste der Ausbildungsleistung entspreche. Wenn auch Dauerschuldverhältnisse üblicherweise ausgeglichen seien, sei für die Rückstellungsbildung nicht die abstrakte Ausgeglichenheit eines Geschäftes "an sich" ausschlaggebend, sondern die Frage, ob es im individuellen Bezugsrahmen zu einem Verpflichtungsüberschuß des Lehrberechtigten komme. Aus der Aktenlage könne nicht ersehen werden, ob Umstände vorgelegen seien, die die Feststellung eines Verpflichtungsüberhanges zuließen, zumal nicht angegeben worden sei, worauf sich die ausgewiesene Lehrlingsrückstellung konkret stütze. Soweit aus dem nunmehrigen Aktenmaterial hervorgehe, daß die Beschwerdeführerin den Verlust mit einem Viertel des gesamten Ausbildungsaufwandes geschätzt habe, sei nicht nachvollziehbar, ob der gewählte Schätzungsansatz unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens gerechtfertigt sein könne oder nur auf der entfernten Möglichkeit eines Verlustes beruhe. Da es dem Finanzamt oblegen wäre, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlichen Verhältnisse zu erforschen, habe es durch diese Unterlassung Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung die Möglichkeit eines anders lautenden Bescheides bestanden hätte. Im Interesse der Vermeidung eines ungerechtfertigten Steuervorteiles gegenüber anderen Abgabepflichtigen sehe sich die belangte Behörde veranlaßt, in Ausübung ihres Ermessens den Gewinnfeststellungsbescheid für 1988 aufzuheben.

In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Lehrverhältnisse sind, soweit sie sich auf Zeiträume nach dem Bilanzstichtag beziehen, schwebende Dauerschuldverhältnisse. Bei schwebenden Geschäften ist eine Rückstellung (für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften) vorzunehmen, wenn der Wert der Verpflichtung des Unternehmers höher ist als der Wert der korrespondierenden Leistung.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß das Lehrverhältnis im allgemeinen nur oder auch nur überwiegend im Interesse des Lehrlings abgeschlossen wird. Ansonsten ließe sich nicht erklären, warum Unternehmer ohne gesetzliche Verpflichtung Lehrverhältnisse abschließen (vgl. BFH vom 25. Jänner 1984, BStBl. 1984 II 344). Dabei können die wirtschaftlichen Vorteile, die dem Unternehmer aus einem Lehrverhältnis zukommen, durchaus unterschiedlich sein. Sie können in dem Arbeitserfolg liegen, den der Lehrling herbeiführt, sie können aber auch darin bestehen, daß der Lehrling, wenn er das Ausbildungsziel erreicht, das Potential der "im eigenen Hause" ausgebildeten und damit mit dem Betriebsablauf bestens vertrauten Facharbeitern erhöht. Schließlich können die wirtschaftlichen Vorteile für den Unternehmer aber auch darin bestehen, daß durch die Ausbildung eines Überbestandes an Lehrlingen vergleichbar einer Werbekampagne das Image einer Unternehmung erhöht bzw. gesichert werden kann (vgl. BFH vom 3. Februar 1993, BStBl. 1993 II 441).

Schließt ein Unternehmer Lehrverträge unter üblichen Voraussetzungen ab, so kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß der Wert der Gegenleistung des Unternehmers nicht hinter den von ihm erwarteten wirtschaftlichen Vorteilen zurückbleibt (vgl. nochmals BStBl. 1984 II 334 ff). Eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Lehrverhältnissen wäre somit nur dann anzuerkennen, wenn sich im Einzelfall im Sachverhaltsbereich nachweisen läßt, daß die dem Unternehmen zufließenden wirtschaftlichen Vorteile hinter dessen aus den Vertrag erfließenden Verpflichtungen zurückbleibt. Diese ungewöhnlichen Verhältnisse bedürften aber der konkreten Feststellung.

Gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO kann in Ausübung des Aufsichtsrechtes ein Bescheid von der Oberbehörde aufgehoben werden, wenn Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Die Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können, erblickte die belangte Behörde in der Vernachlässigung der amtswegigen Ermittlungspflicht nach § 115 Abs. 1 BAO. Nach dieser Bestimmung haben die Abgabenbehörden die abgabenpflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. In welchen Fällen die Abgabenbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgabe, die Abgabenerklärungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, von Amts wegen Ermittlungen durchzuführen hat, läßt sich den §§ 138 und 161 BAO entnehmen. Es sind dies Fälle, in denen Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung zu Zweifeln Anlaß geben (vgl. hg. Erkenntnis vom 3. März 1992, 88/14/0224). Wann dies anzunehmen ist, muß im Einzelfall nach der sich der Abgabenbehörde zur Zeit ihrer Prüfung erkennbaren Situation beurteilt werden. Standen der Abgabenbehörde alle Erkenntnismittel zur Verfügung, die die Grundlage für ihren Bescheid bildeten, hat die Partei die wesentlichen Unterlagen vorgelegt oder deren Vorlage und Einsicht angeboten, ist sie somit ihrer Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht vollständig nachgekommen und sprechen die näheren Umstände (Parteienverhalten, Mitwirkungsbereitschaft, Behördenerfahrungen) für die berechtigte Annahme, die Behörde verfüge über alle entscheidungserheblichen Informationen, sodaß sie unter Bedachtnahme auf die Gegebenheiten des Verfahrensverlaufes zur begründeten Überzeugung gelangt, der erklärte und schließlich angenommene Sachverhalt entspreche der Wirklichkeit, dann kann sie ohne Zweifel auf weitere Erhebungen verzichten. Es liegt dann im Wesen der freien Beweiswürdigung, daß weitere Beweise nicht mehr aufgenommen werden; unter solchen Voraussetzungen müßte das Ermittlungsverfahren als ordnungsgemäß abgeführt gelten (vgl. Stoll, Aufsichtsbehördliche Bescheidbehebung im Abgabenverfahren, JBl. 1985, 1; hg. Erkenntnis vom 3. März 1992, 88/14/0224).

Im gegenständlichen Fall wurden Rückstellungen für drohende Verluste aus Lehrverhältnissen geltend gemacht. Wie oben ausgeführt, können nur ausnahmsweise eintretende Sachverhaltskonstellationen die Voraussetzungen für eine derartige Rückstellungsbildung erfüllen. Dem Finanzamt mußte bei Erlassung des Gewinnfeststellungsbescheides vom 15. November 1989 als Erfahrungstatsache bekannt sein, daß einem Unternehmer aus einem Lehrverhältnis neben der verwertbaren Arbeitsleistung des Lehrlings weitere wirtschaftliche Vorteile zukommen, die in der Regel zur Ausgeglichenheit des Leistungsverhältnisses führen und somit einer Rückstellungsbildung entgegenstehen. Dies hätte für das Finanzamt Anlaß geboten, Ermittlungen anzustellen, ob im gegenständlichen Fall derartige Ausnahmeverhältnisse, die aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich sind, gegeben seien.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Unterlassung entsprechender Erhebungen durch das Finanzamt sei nicht relevant gewesen. Bei Durchführung entsprechender Erhebungen wäre das Finanzamt nämlich zu keinem anderen Ergebnis gekommen, als die Betriebsprüfung. Den Berufungen gegen die im Anschluß an die Betriebsprüfung ergangenen Bescheide habe aber das Finanzamt nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage Folge geben müssen. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei, daß das Finanzamt der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid Folge gegeben hat und dadurch die Berufung gegen den Sachbescheid einer inhaltlichen Erledigung nicht zuführen konnte. Die belangte Behörde hat mit dem hier angefochtenen Bescheid den Gewinnfeststellungsbescheid vom 15. November 1989 aufgehoben. Es ist zu beurteilen, ob das Finanzamt bei Erlassung dieses Feststellungsbescheides der Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes ausreichend nachgekommen ist, wobei zu beachten ist, daß dem Finanzamt bei Bescheiderlassung der Inhalt der Berufung gegen den nach Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen Feststellungsbescheid nicht bekannt war. Zudem ist darauf zu verweisen, daß das Finanzamt im Betriebsprüfungsverfahren der Rückstellung für Lehrlingskosten die Anerkennung verweigerte, aber auch in diesem Verfahren nicht die der Beschwerdeführerin aufgrund der Lehrverhältnisse zukommenden wirtschaftlichen Vorteile erhoben hat, weil es zu Unrecht davon ausging, die Rückstellung sei u. a. für Lehrlingsfehlleistungen gebildet worden.

Auf die Beschwerdeausführungen zu § 293b BAO braucht nicht eingegangen zu werden, weil sich der angefochtene Bescheid auf dieses Gesetzesstelle nicht stützt. Es ist aber darauf zu verweisen, daß aus der Bestimmung des § 293b BAO keinesfalls abgeleitet werden kann, es würden keine Verfahrensvorschriften verletzt, wenn das Finanzamt ohne Prüfung der Tat- und Rechtsfrage Bescheide erläßt.

Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, daß die Ermessensübung der belangten Behörde nicht dem Gesetz entsprochen hätte. Da mit dem aufgehobenen Feststellungsbescheid die Einkünfte der Beschwerdeführerin mit S 653.231,-- festgestellt wurden und dabei die Rückstellung für Lehrlingskosten mit einem Betrag von S 344.000,-- gewinnmindernd berücksichtigt wurde, konnte die belangte Behörde in Anbetracht der Bedeutsamkeit des Betrages in Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Vermeidung ungerechtfertigter Steuervorteile zur Aufhebung des Bescheides gelangen. Aufhebungsbescheide durchbrechen stets die Rechtskraft und beeinträchtigen potentiell die Dispositionen der Bescheidempfänger. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben kann kein Recht auf Beibehaltung einer allenfalls unrichtigen Vorgangsweise abgeleitet werden, zudem ergibt sich aus der Berufung vom 3. April 1990 gegen den nach Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen Feststellungsbescheid, daß die Beschwerdeführerin auf die Anerkennung der Rückstellung für Lehrlingskosten nicht vertraute, zumal sie in diesem Schriftsatz ausführt, daß sich der Gesetz- bzw. Verordnungs- oder Erlaßgeber vielleicht dazu entschließen werde, eine derartige Rückstellung wie seinerzeit die Abfertigungsrückstellung entgegen der ursprünglichen Tendenz anzuerkennen. Mit diesem Vorbringen vermag daher die Beschwerdeführerin genausowenig einen Fehler in der Ermessensübung aufzuzeigen, wie mit dem Hinweis, daß zur Streitfrage bereits eine Betriebsprüfung und ein Rechtsmittelverfahren stattgefunden habe, zumal in der Betriebsprüfung die Rückstellung nicht anerkannt wurde und wegen Stattgabe der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid im Rechtsverfahren die materielle Frage der Zulässigkeit von Rückstellungen für Lehrlingskosten nicht zu beurteilen war. Im übrigen zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, warum die Berücksichtigung der Interessen der Vermeidung eines ungerechtfertigten Steuervorteiles als Zweckmäßigkeitsüberlegung im Sinne des § 20 BAO gerade in ihrem Fall nicht zur Bescheidbehebung hätte führen dürfen, weil sie BERECHTIGTE Interessen ("Billigkeit") am Unterbleiben einer Klärung der sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für Lehrlingskosten nicht darlegt (vgl. hg. Erkenntnis vom 5. August 1993, 91/14/0127, 0128).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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