Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs3;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs3;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem Bescheid vom 22. Mai 1991 hat der Bürgermeister der Marktgemeinde X der mitbeteiligten Partei gemäß § 70 a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 den Auftrag erteilt, die auf GSt.Nr. 10/32 der KG X konsenslos errichteten Bauwerke - Wohnhaus und Stützmauern - binnen acht Wochen ab Rechtskraft des Beseitigungsauftrages zu beseitigen. Dieser Bescheid wurde nach dem im Akt befindlichen Zustellnachweis der mitbeteiligten Partei direkt zugestellt und von ihr am 3. Juni 1991 übernommen.
2. Gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 22. Mai 1991 erhob die mitbeteiligte Partei Berufung, und zwar vertreten durch die Firma S., diese wiederum vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S. Ihre Berufung wies der Gemeinderat der Marktgemeinde X mit Bescheid vom 21. August 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 8 und § 10 leg.cit. als unzulässig zurück. Der Gemeinderat der Marktgemeinde X begründete seinen Bescheid damit, daß sich jede Partei durch eine eigenberechtigte Person (§ 10 Abs. 1 AVG) vertreten lassen könne. Eine Vertretung durch juristische Personen werde vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung abgelehnt. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richte sich nach den Bestimmungen der schriftlichen Vollmacht (§ 10 Abs. 2 AVG). Im Baubewilligungsverfahren habe die mitbeteiligte Partei eine Vollmacht mit folgendem Inhalt vorgelegt: "Ich bevollmächtige die Firma S., ... meine Interessen in der Angelegenheit Ansuchen um Baubewilligung in der Gemeinde X wahrzunehmen." Die Baubehörde habe ursprünglich verkannt, daß die Vollmacht sowohl in personeller Hinsicht nicht entspreche (der Bevollmächtigte sei - bestenfalls - eine juristische Person, was aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - wie dargestellt - unzulässig sei) als auch vom Umfang der Vollmacht her "ANGELEGENHEIT ANSUCHEN UM BAUBEWILLIGUNG" ein baupolizeiliches Verfahren nicht einschließe, doch habe die Baubehörde jeweils auch direkt richtigerweise die Vollmachtgeberin persönlich geladen (zu einer der Verhandlungen sei die Vollmachtgeberin auch persönlich erschienen) und ihr den Bescheid zugestellt. Das Recht auf Bescheidzustellung, das nach den Bestimmungen des AVG überdies nur einmal zustünde und keinesfalls die Zustellung an einen nicht ordnungsgemäß Legitimierten einschließe, sei damit verbraucht. Der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid sei unmittelbar an die mitbeteiligte Partei als Liegenschafts- und Objektseigentümerin zugestellt worden. Eine Zwischenschaltung der ehedem und für andere Angelegenheiten Bevollmächtigten sei nicht erfolgt. Die Firma S., als deren Vertreter nunmehr ein Rechtsanwalt die Berufung eingebracht habe, sei nicht Bescheidadressat gewesen; dies müsse die Zurückweisung des Rechtsmittels zur Folge haben, ohne daß in die Sache eingegangen hätte werden können. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei das Berufungsrecht untrennbar mit der Rechtsstellung als Partei in einem Verfahren verbunden. Personen, die keine Stellung als Partei hätten, käme demgemäß kein Berufungsrecht zu. Die auf das Baubewilligungsverfahren eingeschränkte Vollmacht, die verfehlte Bestellung einer juristischen Person als Vollmachtnehmer und die Tatsache, daß der bekämpfte Bescheid richtigerweise an den ursprünglichen Vollmachtnehmer auch nicht zugestellt worden sei, setze die Berufungsbehörde außerstande, in eine meritorische Behandlung der Berufung einzutreten; diese hätte vielmehr aus den dargestellten Gründen als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.
3. Gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde X vom 21. August 1991 erhob die mitbeteiligte Partei, vertreten durch die Firma S., diese wiederum vertreten durch einen Rechtsanwalt, Vorstellung. Die Vorstellung wurde - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Belang ist - im wesentlichen damit begründet, daß der in der Berufung angegebenen Berufungswerberin sehr wohl Parteistellung zukomme und daß diese durch ihren ausgewiesenen Vertreter bzw. durch dessen Vertreter das Rechtsmittel eingebracht habe. Es könne im übrigen der Rechtsauffassung der Berufungsbehörde nicht gefolgt werden, wonach grundsätzlich eine Vertretung durch eine juristische Person ausgeschlossen sei. Vielmehr sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Vertretung durch eine natürliche Person geboten. "Dies habe zur Folge, daß, wenn eine natürliche Person als vertretungsbefugtes Organ bekanntgegeben werde, jedenfalls eine Vertretung durch die GesmbH. bzw. durch die natürliche Person (im konkreten Fall Dr. S.) zulässig sei."
4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Oktober 1991 hat die belangte Behörde auf Grund der Vorstellung der mitbeteiligten Partei den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde X vom 21. August 1991 wegen Verletzung von Rechten der mitbeteiligten Partei behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde X verwiesen. Ihren Bescheid begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, es sei grundsätzlich davon auszugehen, daß ein Verfahren gemäß § 70 a Steiermärkische Bauordnung 1968 ein vom Baubewilligungsverfahren unabhängiges, eigenständiges Verfahren sei; demzufolge würden die im ursprünglichen Bewilligungsverfahren erteilten und auf dieses eingeschränkten Vollmachten im folgenden Verfahren betreffend Beseitigung des nicht konsensgemäß errichteten Gebäudes nicht weiter gelten, sie müßten neu erteilt werden. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG könnten sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert werde, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen hätten. Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Jänner 1985, Slg. Nr. 11633/A, bedeute das Einschreiten einer juristischen Person nicht mehr die Unzulässigkeit des Verfahrensschrittes, vielmehr sei vom Vorliegen eines Formgebrechens auszugehen. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG sei die Behörde nicht ermächtigt, schriftliche Anbringen wegen Formgebrechen zurückzuweisen. Die Behörde habe vielmehr dem Einschreiter (im Beschwerdefall allerdings den Vertretenen) die Behebung von Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen werde. Werde das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gelte das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Daraus folge, daß der Gemeinderat anstelle der Zurückweisung der Berufung einen Verbesserungsauftrag zu erlassen gehabt hätte. Hingewiesen werde auf die Bestimmung des § 10 Abs. 1 AVG, wonach dann, wenn ein Rechtsanwalt einschreite, die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis ersetze.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf Selbstverwaltung und in ihrem Recht darauf, daß ein im eigenen Wirkungsbereich letztinstanzlich erlassener Bescheid nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, nämlich einer Rechtsverletzung des Vorstellungswerbers, durch die Aufsichtsbehörde behoben wird, sohin infolge Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes verletzt, dies insbesondere deshalb, weil die belangte Behörde über einen vollmachtsmäßig nicht ordnungsgemäß belegten Rechtsmittelantrag abgesprochen und solcherart deren Kompetenz zur Entscheidung überschritten habe. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat zu den Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei eine Replik erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin wendet sich - aufs wesentliche zusammengefaßt - dagegen, daß die belangte Behörde einerseits außer Streit stelle, daß die im Baubewilligungsverfahren erteilte Vollmacht an die Firma S. deren Verfahrensschritte im Verfahren nach § 70 a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 nicht decken könne sowie weiters, daß die Bevollmächtigung einer juristischen Person im Sinne des § 10 AVG nicht ausreichend sei und in einem solchen Fall ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG durchzuführen sei. Andererseits habe aber die belangte Behörde die von ihr vertretene und zur Begründung des aufsichtsbehördlichen Behebungsbescheides herangezogene Rechtsauffassung selbst nicht beachtet. Die mitbeteiligte Partei habe sich im Zusammenhang mit ihrer Vorstellung durch die Firma S., die ihrerseits durch den Rechtsanwalt Dr. S. vertreten worden sei, vertreten lassen. Die belangte Behörde hätte demnach diesen Formmangel aufgreifen und die mitbeteiligte Partei nach § 13 Abs. 3 AVG auffordern müssen, innerhalb einer bestimmten Frist dieses Formgebrechen zu beheben, und zwar durch Bestellung eines tauglichen Bevollmächtigten und durch Vorlage einer entsprechenden Vollmacht. Da die belangte Behörde dies nicht getan habe und ihrerseits ohne solche taugliche vollmachtsmäßige Deckung des Rechtsmittelantrages über die Vorstellung entschieden habe, belaste sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil solcherart die Kompetenz zur Entscheidung über das Rechtsmittel überschritten werde.
1.1. Mit diesem Vorbringen bekämpft die Beschwerdeführerin nicht die von der belangten Behörde angenommene Rechtswidrigkeit ihres Bescheides, sondern behauptet - davon unabhängig - die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Eine Beschwerdebefugnis käme der Marktgemeinde X nur dann zu, wenn sie auch dadurch in ihren Rechten verletzt werden könnte. Das ist der Fall, da dann, wenn - was insgesamt noch zu prüfen ist - die belangte Behörde (wie die Beschwerdeführerin) ein Verbesserungsverfahren gemäß § 13 Abs. 3 AVG durchzuführen gehabt hätte, statt der Behebung des Gemeindebescheides die Vorstellung von der belangten Behörde zurückzuweisen wäre, sofern die Behebung der Formgebrechen unterbleibt (vgl. dazu Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 72, wonach jede Rechtswidrigkeit des aufsichtsbehördlichen Bescheides das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht verletzt).
1.2. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter grundsätzlich durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Gemäß § 10 Abs. 2 zweiter Satz leg.cit. hat die Behörde die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 leg.cit. von Amts wegen zu veranlassen. In ständiger Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof dazu die Auffassung vertreten, daß ein solcher, der Verbesserung zugänglicher Formfehler anzunehmen ist, wenn eine Eingabe zwar auf ein Vollmachtsverhältnis hinweist, eine Vollmacht aber nicht vorgelegt wird oder wenn eine juristische Person bevollmächtigt worden ist (vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Aufl., Rz. 145, und die dort zitierte hg. Judikatur).
1.3. Die Beschwerdeführerin ist im Recht, wenn sie darauf hinweist, daß die belangte Behörde keinesfalls berechtigt war, vor Durchführung eines Verbesserungsverfahrens nach § 13 Abs. 3 AVG inhaltlich über die Vorstellung der mitbeteiligten Partei zu entscheiden. Ein Verfahren nach § 13 Abs. 3 AVG zur Behebung von Formgebrechen hätte von der belangte Behörde schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil sich die Beschwerdeführerin neuerlich durch eine juristische Person vertreten hatte lassen. Die Tatsache, daß diese juristische Person, nämlich die Firma S., ihrerseits von einem Rechtsanwalt vertreten worden ist, wäre nur dann von Bedeutung, wenn zwischen dem Rechtsanwalt und der mitbeteiligten Partei unmittelbar ein Vertretungsverhältnis begründet worden wäre. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Vollmacht an die Gesellschaft auch die Bestellung eines Prozeßbevollmächtigten FÜR die mitbeteiligte Partei umfassen würde, wofür in der derzeitigen Aktenlage kein Anhaltspunkt vorliegt. Wird aber eine Partei durch eine juristische Person vertreten, so ist dieser Mangel als Formgebrechen einzustufen und einem Verfahren nach § 13 Abs. 3 AVG zu unterziehen (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 10. Jänner 1985, Slg. Nr. 11633/A, und das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/05/0189). Es erübrigt sich demnach, auf die Frage, ob allenfalls die der Firma S. im Baubewilligungsverfahren erteilte Vollmacht auch im Verfahren nach § 70 a Steiermärkische Bauordnung 1968 wirksam war, einzugehen.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid ist demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1980, Zl. 1177-1180/79).
2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Gemeinden als Gebietskörperschaften im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereiches von der Pflicht zur Entrichtung von Stempelgebühren befreit sind.
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